Mittwoch, Januar 15

Das Fürstentum liegt im jüngsten Avenir-Suisse-Ranking auf dem vierten Platz. Ein Postulat fordert nun die Rückkehr an die Spitze. Eine Rolle spielen soll dabei die kalte Progression.

Auf der ständigen Suche nach parlamentarischen Vorstössen, mit denen sich die Wählergunst steigern lässt, blicken die liechtensteinischen Parteien gerne in die Schweiz. Jüngstes Beispiel ist ein Postulat der Vaterländischen Union (VU) zum Ausgleich der kalten Progression, das im Vorwahljahr gute Chancen hat, umgesetzt zu werden. Das VU-Postulat fordert zwar nicht explizit einen Ausgleich, soll der Regierung aber die Möglichkeit geben, grundsätzlich die Folgen der kalten Progression für die Steuerzahler und den Staatshaushalt aufzuzeigen.

Zurzeit besteht für die Regierung nur die gesetzliche Verpflichtung, bei einer Teuerung von mindestens 8 Prozent aktiv zu werden und dem Parlament eine Vorlage zur ganzen oder teilweisen Anpassung der Steuerprogression zu unterbreiten. Dabei ist das Parlament frei, den Umfang des Ausgleichs selbst festzulegen.

Aus der Begründung des Postulates geht hervor, dass der Vorstoss in erster Linie auf eine steuerliche Entlastung der Bevölkerung abzielt. Es wird auf ähnliche Bestrebungen in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland hingewiesen, so dass es auch für Liechtenstein angezeigt wäre, sich mit dieser Steuerproblematik zu befassen.

Spitzenplatz als Ziel

Neben der Steuerentlastung bringen die Postulanten einen weiteren Aspekt in die Diskussion ein, nämlich die Platzierung Liechtensteins im Freiheitsindex von Avenir Suisse. Als Liechtenstein im Jahr 2020 erstmals in den Vergleich mit den Schweizer Kantonen einbezogen wurde, schaffte es das Fürstentum auf den ersten Platz. Im aktuellen Freiheitsindex liegt Liechtenstein nur noch auf dem vierten Platz, hinter den Kantonen Appenzell Ausserrhoden, Aargau und Schwyz. Im Sinne der wirtschaftlichen und bürgerlichen Freiheiten wäre es aber ein erstrebenswertes Ziel, im Freiheitsindex einen Spitzenplatz einzunehmen, fordert das VU-Postulat.

Die Situation in Liechtenstein habe sich nicht verschlechtert, erklärt die «Stiftung Zukunft.li», welche die Daten für Avenir Suisse erhoben hat. Die Verschlechterung sei vielmehr darauf zurückzuführen, dass einige Kantone zugelegt und das Fürstentum überholt hätten. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt dabei die Einführung des neuen Indikators «Kalte Progression» durch Avenir Suisse. Während die meisten Kantone über einen automatischen, jährlichen und umfassenden Ausgleich verfügten, kenne Liechtenstein nur einen fakultativen Ausgleichsmodus. Der weniger strenge Ausgleichsmechanismus ist somit der Grund für den Verlust des Spitzenplatzes im kantonalen Freiheitsindex.

Zustimmung des Parlaments «unnötig»

Aus Sicht der Zukunftsstiftung, so der Geschäftsführer Thomas Lorenz in einem Interview mit dem «Liechtensteiner Vaterland», sollte auch Liechtenstein einen Automatismus zum Ausgleich der kalten Progression einführen. Lorenz hält den politischen Prozess mit der Zustimmung des Parlaments für unnötig, weil die Höhe der steuerlichen Belastung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit schon auf demokratischem Weg im Steuergesetz festgelegt wurde. Ein automatischer Ausgleich der kalten Progression bewirke nichts anderes, als die Steuertarife wieder auf das beschlossene Niveau zu korrigieren.

Sobald das Postulat im März im Parlament diskutiert und voraussichtlich zur Stellungnahme an die Regierung überwiesen wird, dürfte klar sein, in welche Richtung die Parlamentarier zu gehen gedenken. Zudem dürfte die Frage nach weiteren Steuerentlastungen wieder aufgeworfen werden, nachdem die Regierung Ende 2022 einem Vorstoss der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP) zur Entlastung des Mittelstandes eine mehr oder weniger klare Absage erteilt hat.

Unter den möglichen Steuererleichterungen wurde auch der Ausgleich der kalten Progression erwähnt. Die Regierung rechnete damals vor, dass die Teuerung zwischen dem letzten Ausgleich 2011 und Ende 2022 um 2,8 Prozent gestiegen sei – also weit entfernt von den gesetzlich festgelegten 8 Prozent, die politisches Handeln auslösen müssten. Allerdings kündigte die Regierung an, dass im Rahmen einer Anpassung des Steuergesetzes diese Schwelle für den Ausgleich der kalten Progression gesenkt werden könnte, falls das Parlament eine Änderung als notwendig erachtet.

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