Dienstag, April 15

Die Künstlerin und Musikerin über die Cartier-Uhr, die sie als 18-Jährige von ihrer Mutter Jane Birkin geschenkt bekam, ihre Tintenzeichnungen und darüber, was sie gerade repariert.

Lou Doillon, wie würden Sie sich in wenigen Worten beschreiben?

Ich bin eine Macherin. Ich habe das Bedürfnis, zu kreieren, die Welt mit meinen Händen zu formen. Es ist meine Art, mit Dingen umzugehen und die Welt zu verstehen. Ich habe schon immer mit meinen Händen gearbeitet. Es ist eine extreme Freude in der Geduld, mit nichts etwas zu beginnen, aus dem dann irgendwann ein Resultat wird.

Ein Beispiel?

Bei Musik ist das besonders magisch, denn man arbeitet mit Frequenzen und sonst nichts. Und auf einmal ist es ein Song, der von irgendwo hergekommen ist – mit Melodie und Worten. Es ist ein bisschen wie Alchemie, man kann ein Gefühl in einen Song, eine Zeichnung oder in etwas Praktisches wie ein Haus verwandeln.

Dann kommt eventuell bald ein nächstes Album heraus?

Ja. Hoffentlich noch in diesem Jahr.

Musik, Schauspielern, Kunst, Dichten, Modeln – Sie sind so vielseitig. Was davon steht im Vordergrund?

Musik und Zeichnen. Das sind Dinge, die ich jederzeit machen kann, ohne auf andere angewiesen zu sein. Es ist ein riesiges Vergnügen, etwas zu erschaffen, zu zeigen und zu erleben, wie es wahrgenommen wird.

Wie würden Sie Ihre Kunst beschreiben?

Sie hat, so wie alles, was ich mache, mit Beobachtung zu tun. Und mit Deformation von Beobachtungen. Meine Tintenzeichnungen sind «Visionen von oben», betrachtet aus meinem Blickwinkel von oben auf meinen Körper herab. Es ist die intimste Version unseres Selbst, ohne das Gesicht oder den ganzen Körper zu offenbaren. Es geht darum, wie wir in unserem eigenen Körper feststecken und wie wir uns selbst sehen. Etwa bei der Verwandlung meines Körpers, wenn ich ein Baby in mir trage oder ein Baby stille, und danach, wenn der Körper wieder in seinen normalen Zustand zurückgeht.

Haben Sie eine bestimmte Technik?

Es sind Tintenzeichnungen, in keiner bestimmten Technik. Ich habe nie eine Kunstschule besucht. Übrigens auch keine Musikschule, denn ich habe mit 15 die Schule abgebrochen. Ich mache alles auf meine Weise.

Weshalb das Medium Tinte?

Ich bin eine «alte» Person. Ich habe eine Uhr, um die Zeit abzulesen, und einen Stift, um Tagebuch oder etwas in meine Agenda zu schreiben.

Seit 2023 sind Sie das Kampagnengesicht der «Cartier Baignoire»-Uhr – das kommt nicht von ungefähr.

Das stimmt, meine Mutter schenkte mir eine «Baignoire»-Uhr zu meinem 18. Geburtstag. Es war eine sehr symbolische Geste – sie schenkte mir für fortan meine eigene Zeit. Leider besitze ich dieses Modell nicht mehr.

Was ist passiert?

Ich war damals sehr burschikos unterwegs und mochte die «Tank Américaine» lieber. Meine Mutter nahm es sportlich und begleitete mich, um die Uhr umzutauschen. Ich wüsste nicht, ob ich es heute wieder tun würde. Ich denke, es ist grausam, ein Geschenk umzutauschen – aber mit 18 ist man halt ziemlich grausam.

Die «Tank Américaine» besitzen Sie aber noch?

Ja. Es ist die lange Version mit blauem Armband.

Wie stehen Sie heute zur «Baignoire»?

Als ich für die Kampagne der neuen Version der «Baignoire» angefragt wurde, lachte meine Mutter und fragte: «Jetzt magst du also die ‹Baignoire›?» Ja! Heute mag ich runde Formen und liebe Gelbgold mehr als Silber.

Welche der neuen Versionen besitzen Sie? Eine mit Lederarmband oder gar eine mit Diamanten?

Die Version ganz in Gold. So kann ich sie umdrehen und als simplen Armreif tragen.

Gibt es Unterschiede zur Originalversion von einst?

Wenn ich mich nicht täusche, war die einstige Version etwas grösser und die ovale Lünette leicht anders geformt. Ich pflege eher einen «Oldie»-Geschmack und bevorzuge generell Originalversionen. Aber bei der neuen «Baignoire» hat Cartier einen phantastischen Job gemacht – sie ist sehr petite, wie ein Armreif, und passt mir besser als die Ursprungsversion.

Welche Stücke tragen Sie sonst noch von Cartier?

Ich liebe mein «Clash»-Collier, aber auch den «Clash»-Ring, den ich nur ablege, wenn ich gerade an der Gitarre übe. Und ich bin besessen vom «Trinity»-Ring, vor allem der neuen eckigen Version. Ich spiele immer mit meinen Händen, und die meisten Stücke von Cartier haben etwas, das sich auf besondere Weise mechanisch sanft bewegt und so ein weiches taktiles Erlebnis vermittelt.

Sie sind 42 – wo stehen Sie heute im Leben?

Hoffentlich auf halbem Weg. Noch immer bin ich am Entdecken. Und noch immer habe ich das Gefühl, nicht zu wissen, was ich sein werde, wenn ich einmal gross bin. Aber ich denke, das ist es – wenn alles gut geht –, was uns bis zum Ende antreibt. Ich fühle mich nicht erwachsener, sehe aber natürlich, wie meine Kinder heranwachsen. Mein Erstgeborener ist nun ein 22-jähriger Mann!

Das klingt nach einer optimistischen Lebenshaltung.

Ja, glücklicherweise ist die Kreativität dieselbe, und glücklicherweise ist auch die Aufregung geblieben. Die Welt scheint heute aber etwas komplizierter zu sein, was mit gewissen Ängsten verbunden ist, das ist hart. Aber generell bin ich ziemlich optimistisch und freue mich, zu sehen, was als Nächstes passiert.

Welche Werte Ihrer schillernden Familie sind Ihnen heute noch wichtig?

Die Vorstellung, dass Luxus eine persönliche Freude ist und immer mit der damit verbundenen Geschichte zu tun hat. Es geht aber auch um eine gewisse subtile Eleganz. Wenn meine Schmuckstücke, meine Uhr nicht als Erstes wahrgenommen werden, ist das für mich ein gutes Zeichen. Wäre es umgekehrt, fände ich es etwas bedenklich. Dieses Nichtprotzige mag ich.

Dann sind Sie eher der schnörkellose Typ?

Ich zeichne viel, bin aber auch ständig etwas am Bauen oder Reparieren, spiele Gitarre, reise viel, habe mit meinen Kindern und Bulldoggen zu tun – es gibt nichts Zartes in meinem Alltag.

Wirklich?

Ich bin keine zarte Person (lacht). Auf der Gefühlsebene schon, so hoffe ich doch. Im Alltag hantiere ich mit meinen Hämmern und Nägeln, baue und konstruiere Sachen und habe viel Geduld, komplizierte Sachen zu machen. Ich habe Dreck unter den Fingernägeln.

Was bauen Sie denn so?

Mein Puppenhaus aus meiner Kindheit, das damals mein erster Sohn Marlowe zerstört hat, habe ich wieder repariert. Und nun hat es sein zweieinhalbjähriger Bruder Laszlo eben wieder zerstört. Dann flicke ich es halt wieder mit der Klebepistole.

Verraten Sie uns zum Schluss noch einige Lieblingsadressen? Ein Restaurant, eine Reisedestination, ein Hotel?

Das Restaurant Yen in Paris, die machen phantastische Soba-Gerichte. Reisedestinationen – es gibt so viele! Letztes Jahr in Mexiko war so schön. Wir cruisten mit dem Baby im Süden herum, waren am Strand und machten einen Roadtrip von Dorf zu Dorf. Ich liebe auch Kalifornien. Mein absoluter Lieblingsort ist das «Post Ranch Inn» in Big Sur.

Exit mobile version