Dienstag, Februar 4

An der hauseigenen Uhrenmesse zeigte die französische Luxusgruppe LVMH die neuesten Kreationen aus dem wachsenden Portfolio. Was auffiel: Archiv-Designs wurden wiedererweckt, und ein innovatives Material kam zum Einsatz.

Die dieses Jahr in New York und Paris abgehaltene LVMH Watch Week verzeichnete gegenüber 2024 gleich zwei Neuzugänge: den Hersteller von Tischuhren L’Épée 1839 und den New Yorker Juwelier Tiffany & Co. Während die noch relativ kleine Marke L’Épée aus Delsberg eher als ein Nice-to-have angesehen werden kann, ist Tiffany & Co. ein gewichtiger Player, insbesondere auf dem amerikanischen Markt. Allerdings ist die Uhrensparte der Marke seit einiger Zeit beinahe unsichtbar, nachdem ein Joint Venture von 2007 mit der Swatch Group im Jahr 2011 ein unrühmliches Ende fand.

Mit dem Kauf der gesamten Marke für 15,8 Milliarden Dollar im Jahr 2020 setzte Bernard Arnault gegenüber Richemont, die mit Cartier und Van Cleef & Arpels zwei wichtige Marken der Haute Joaillerie im Portfolio hat, ein starkes Zeichen. Gemeinsam mit Bulgari repräsentiert Tiffany ein Gegengewicht zu den Schmuckmarken von Richemont. Der Swatch Group bleibt Harry Winston, ebenfalls ein amerikanischer Juwelier, um den es allerdings seit der Akquisition 2013 ziemlich still geworden ist.

Bei Tiffany ist die Handschrift von Jean Schlumberger erahnbar

Mit Nicolas Beau, bis vor kurzem noch für die Uhrensparte bei Chanel zuständig, setzte Arnault einen erfahrenen Manager ans Steuer der Neuerwerbung. Tiffany ist in den USA vor allem als Hersteller von Verlobungs- und Trauringen mit Diamant-Solitär bekannt. Insofern erstaunt es nicht, dass der Solitär mit Krappenfassung auch bei den Uhren eine zentrale Rolle spielt. Er findet sich bei vielen Modellen in der Funktion der Aufzugskrone wieder. Doch auch die Handschrift des Elsässer Designers Jean Schlumberger (1877–1968), der in den zwanziger Jahren den Jugendstil in die Schmuckstücke von Tiffany einfliessen liess und auch die berühmten Tiffany-Lampen mit farbigen Schirmen gestaltete, ist in vielen neuen Kreationen zu erahnen.

So kreist in der Modell-Linie «Jean Schlumberger by Tiffany» ein Vogel auf einem mit Edelsteinen im Baguette-Schliff besetzten Reif bei jeder Handbewegung ums Zifferblatt. Das Modell «Eternity by Tiffany Wisteria» wiederum erinnert mit einem bunten Email-Zifferblatt in Plique-à-jour-Technik an die berühmten Lampenschirme. Plique-à-jour ist eine Technik, bei der, ähnlich wie bei einem Kirchenfenster, durchbrochene Zellen in einer Metallstruktur mit transparentem Email gefüllt werden.

Die Linie «Hardwear» integriert eine kleine quadratische Uhr mit facettiertem Saphirglas in die bestehende gleichnamige Schmucklinie, indem sie an einem Kettchen mit von einer Ankerkette inspirierten Gliedern getragen wird.

Ein neues, schlankes Uhrwerk bei Bulgari

Bulgari, die zweite grosse Schmuckmarke der Gruppe, stellte wiederum ein neues Uhrwerk vor, das sich wegen seiner geringen Abmessungen (19 mm Durchmesser, 3,9 mm Höhe) ausgezeichnet für Schmuckuhren mittlerer Grösse eignet. Jean-Christophe Babin ist überzeugt, dass das neue «BVS100 Lady Solotempo» auch bei den übrigen Marken der Gruppe Anklang findet. Er selbst setzt es bereits in den Modellen «Serpenti Tubogas» und «Serpenti Seduttori» ein, die bisher mit Quarzwerken bestückt waren und durch das neue Werk nur geringfügig voluminöser werden.

Babin glaubt, dass es in Zukunft möglich sein wird, dass die Manufaktur Zenith mit ihrem Know-how in der industriellen Herstellung von Uhrwerken die Produktion des Kalibers für die Gruppe übernimmt.

Hublot präsentiert einen kleineren Klassiker und exotische Werkstoffe

Hublot, die Marke, die vor zwanzig Jahren unter dem Lead von Tausendsassa Jean-Claude Biver mit dem Modell «Big Bang» einen Hit landete, der zum Dauerbrenner wurde, bleibt der Optik dieses Modells treu. Die neuen Modelle der seit 2016 bestehenden Linie «Meca-10» sind nun in der reduzierten Grösse von 42 mm (vorher 45 mm) erhältlich, was immer noch gross genug ist. Ihren Namen tragen die Uhren in Anlehnung an die Meccano-Baukästen, mit deren gelochten Metallkomponenten die Boomer in ihrer Kindheit Kräne und sonstige Konstruktionen zusammenbauten.

Optisch ist die Inspiration an der linearen Konstruktion der skelettierten Uhrwerke zu erkennen, die dank Saphirglasboden und transparentem Zifferblatt von beiden Seiten zu bewundern ist. Besonders ins Auge sticht die Gangreserveanzeige, die von einer horizontalen beweglichen Zahnstange angetrieben wird.

Die Meisterschaft der Erforschung und Nutzbarmachung exotischer Werkstoffe beweist das neue Modell «Big Bang Tourbillon Automatic Green Saxem», dessen transparentes Gehäuse aus einem grünen Saphirglas gefertigt ist, das sonst in der Lasertechnologie verwendet wird.

Saxem steht für «Sapphire Aluminium Oxide and Rare Earth Mineral». Gemeinsam mit zwei Saphirgläsern schützt dieser kratzfeste und sehr harte Schrein ein äusserst filigranes Tourbillonwerk mit automatischem Aufzug, eine exklusive Kombination mit einem ebenso exklusiven Preisschild: rund 210 000 Franken.

Zenith wagt sich an edelsteinbesetzte Sportuhren

Bei Zenith, wo Benoit de Clerck den bisherigen CEO Julien Tornare (neu bei Hublot) abgelöst hat, fallen die News weniger spektakulär aus: Das Modell «Defy Skyline Chronograph» ist nun in einer Version mit durchbrochenem Zifferblatt und skelettiertem Werk erhältlich, bei dem um der Symmetrie willen die Datumsanzeige zwischen 4 und 5 Stunden wegfällt.

Mit der «Chronomaster Sport Rainbow» wagt sich Zenith erstmals auf das Terrain edelsteinbesetzter Sportuhren. Die Lünette dieses Chronographen aus Weissgold ist mit Baguette-Saphiren in den Farben des Regenbogens besetzt, die zehn Grüppchen zu je vier Steinen werden durch Diamanten im selben Schliff voneinander getrennt. Da der Sekundenzeiger des Chronographen die 360° in zehn Sekunden umkreist, entspricht jeder der hundert Steine einer Fünftelsekunde. Auf dem Zifferblatt wiederum markieren zwölf farblich abgestufte Saphire die Stunden.

Die überarbeitete «Formula 1» von Tag Heuer

Tag Heuer ist dieses Jahr erneut offizieller Zeitnehmer der Formel 1, was eine Rückkehr zu den glorreichen Zeiten in den siebziger Jahren unter Jack Heuer erhoffen lässt. Denn die Formel 1 steht nach wie vor für eine der populärsten Sportarten. Zu diesem Anlass hat die Marke das Modell «Formula 1» komplett überarbeitet und in ein neues Gehäuse aus Titan gekleidet, dessen Durchmesser von 44 mm sich dank geschickter Linienführung erstaunlich harmonisch ans Handgelenk schmiegt.

Im Inneren tickt das Caliber 16 von Tag Heuer, das auf der Konstruktion des Valjoux 7750 von ETA aufbaut. Die leichte Uhr im matten Gehäuse gibt es mit unterschiedlichen Farbakzenten auf Zifferblatt, Band und Teilen des Gehäuses.

Die durch ihr gewölbtes Boxglas aus Saphir und das dreidimensionale Zifferblatt charakterisierte «Carrera»-Linie wird durch neue Varianten mit violettem Farbverlauf auf dem Zifferblatt sowie in Partnerschaft mit Porsche entstandene Modelle erweitert. Manche enthalten die spielerische Komplikation eines Stoppsekundenzeigers, der die ersten neun Sekunden der gestoppten Zeit mit höherer Geschwindigkeit durchläuft, um die Beschleunigung von 0 auf 100 des ikonischen ersten Porsche 911 zu veranschaulichen.

Louis Vuitton verpasst der «Tambour 2023» ein Facelift

Seit Louis Vuitton im Jahr 2002 mit der Lancierung der «Tambour» seinen Einzug in den Markt der Luxusuhren begann, durchlief das Modell etliche Entwicklungen. Mit dem Kauf der Genfer Fabrique du Temps im Jahr 2011 machte der Pariser Hersteller von Luxusgütern klar, dass die «Tambour» keine blosse Randerscheinung ist.

Die Fabrique du Temps, gegründet von den Meisteruhrmachern Enrico Barbasini und Michel Navas (ehemals BNB Concept SA), war bekannt als Entwickler komplizierter Prototypen für andere Uhrenmarken und ermöglichte Louis Vuitton den Einstieg in die Haute Horlogerie. Seit Jean Arnault 2021 Marketing- und Entwicklungsdirektor von Louis Vuitton Uhren wurde, ist nicht zu verkennen, dass der junge Mann sich mit Zeitmessern auskennt.

Wiederentdeckung von Daniel Roth und Gérald Genta

Er liess nicht nur der «Tambour 2023» ein Facelift angedeihen, das die Uhr mit einem Mal viel eleganter wirken liess, er holte auch die Namen Daniel Roth und Gérald Genta aus der Versenkung, die jahrelang im Schoss der Gruppe geschlummert hatten. Sein persönlicher Besuch beim heute 78-jährigen Uhrmacher Daniel Roth im Vallée de Joux unterstrich seine Ernsthaftigkeit, diese beiden Marken im Sinne ihrer Gründer weiterzuführen.

Mit dem Modell «Extra Plat Souscription» präsentiert Daniel Roth bereits seine zweite Neuinterpretation eines Klassikers des Meisteruhrmachers. Wie schon zu Zeiten Breguets bestellt man sein Exemplar mit einer Anzahlung, auf französisch «à souscription».

Auch Gérald Genta überraschte mit einem Entwurf aus dem Archiv des 2011 verstorbenen Designers, dem «Oursin» (Seeigel). Die Uhr mit ihrer genoppten Oberfläche erinnert an die (dornlose) Schale eines Seeigels. Besonders bemerkenswert ist die Version in sandgestrahltem Gelbgold mit 137 aufgenieteten, durchbohrten Perlen aus Feueropal und einem roten Zifferblatt aus Karneol.

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