Mittwoch, März 12

Michael Haefliger stellt nach 26 Jahren seine letzte Saison als Intendant am Lucerne Festival vor. Die Zeichen stehen auf Kontinuität, das Programm blickt zurück und voraus. Nebenbei enthält es einen kulturpolitischen Fingerzeig.

Wer gut ein Vierteljahrhundert lang an der Spitze einer Institution gestanden hat, kann sich nicht einfach sang- und klanglos aus dem Staube machen. Erst recht nicht, wenn es sich bei der Institution um ein Musikfestival handelt. Michael Haefliger, der 1999 die damaligen Internationalen Musikfestwochen Luzern übernahm, wird das heutige Lucerne Festival nach dem Ende der diesjährigen Saison verlassen und das führende Kulturfestival der Schweiz ab 2026 in die Hände des Deutschen Sebastian Nordmann geben. Es soll, entgegen dem vorherrschenden Zeitgeist, kein disruptiver Wechsel werden, sondern eine harmonische Übergabe.

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Dazu passt das Motto der letzten Haefliger-Saison, die diese Woche in Luzern vorgestellt wurde. Sie ist mit «Open End» überschrieben. Bevor Nordmann die bereits in weiten Teilen fertiggestellte Planung für seine erste Spielzeit im Januar vorstellen wird, will man also noch einmal Rückschau halten auf das in 26 Jahren Geleistete. Zugleich steht aber schon jetzt fest, dass prägende Projekte der Haefliger-Ära – früher hätte man vielleicht von «Errungenschaften» gesprochen – den Festivalbesuchern auch in Zukunft erhalten bleiben. Die Fortführung von Einrichtungen wie der Academy und des von Claudio Abbado aufgebauten Festivalorchesters waren nämlich zentrale Vorgaben in der Stellenbeschreibung des künftigen Intendanten.

Offene Enden

Der Posten des künstlerischen Leiters der Akademie ist seit dem Tod von Wolfgang Rihm im Juli verwaist. Nordmann will die Nachfolge noch in diesem Jahr bekanntgeben. Dennoch hat Rihm dem Programm für den Sommer 2025 noch seinen Stempel aufgedrückt, durchaus im Sinne von «Open End»: Es kreist um den Academy-Gründer Pierre Boulez, an dessen 100. Geburtstag die Musikwelt Ende März erinnert. Bei der Erinnerung will man allerdings nicht stehenbleiben, vielmehr sollen auch etliche der vielen unvollendeten oder zurückgezogenen Werke aus Boulez’ Nachlass für das Repertoire erschlossen werden.

Das Lucerne Festival Orchestra (LFO) wiederum wird in diesem Jahr, wie auch noch im kommenden, von Riccardo Chailly geleitet. Es kursieren zwar einige Namen für dessen mögliche Nachfolge, etwa Yannick Nézet-Séguin oder Joana Mallwitz; derzeit lässt Chailly aber keine Amtsmüdigkeit erkennen. Zumal im vergangenen Sommer wirkte seine Zusammenarbeit mit dem LFO, nach einer überwundenen gesundheitlichen Krise, besonders harmonisch. Chailly wird das Sommerfestival 2025 sogar mit einem seiner Herzensstücke eröffnen, der nachgelassenen 10. Sinfonie von Gustav Mahler in der Aufführungsfassung von Deryck Cooke. Er setzt damit zugleich den Ton für viele weitere Konzertprogramme, die um grosse Fragmente und andere Formen von offenen Enden in der Musikgeschichte kreisen.

Doch noch eine Salle Modulable

Und der Clou zum Schluss? Es ist wirklich einer – und überdies ein subtiler politischer Fingerzeig. Denn Michael Haefliger wird zum Abschied sein Projekt einer mobilen Konzerthalle nach Luzern verfrachten. Die sogenannte «Ark Nova», ein Entwurf des Pritzker-Preis-Trägers Arata Isozaki und des Künstlers Anish Kapoor, entstand ursprünglich für kulturelle Hilfsprojekte nach der Fukushima-Katastrophe in Japan 2011. Nun soll die aufblasbare, an eine riesige Aubergine erinnernde Zeltkonstruktion auf der Lidowiese vor dem Verkehrshaus wieder mit Luft und mit musikalischem Leben gefüllt werden.

Sie wird dort eine Ahnung davon vermitteln, was Luzern mit dem 2016 gescheiterten Plan einer Salle Modulable, einer variablen Konzert- und Musiktheaterbühne, entgangen sein könnte. Womöglich steht sie sogar länger am Vierwaldstättersee – schliesslich ringt die Stadt immer noch um den Neubau ihres Theaters.

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