Im Podcast «Die Deutschen» redete sich Mockridge um sein Fernseh-Comeback. Nun wächst auch die Kritik an Nizar Akremi und Shayan Garcia, die mit dem Comedian über die Paralympics witzelten.
Kristina Vogel war so sauer, dass sie gleich zwei Videos aufnahm. Deutschlands erfolgreichste Bahnradsportlerin, die seit einem Trainingsunfall querschnittgelähmt ist, postete am Sonntag Instagram-Storys zu einem Thema, das sie weiterhin empört: die Aufregung um den Comedian Luke Mockridge. Beziehungsweise zwei Männer, die sich laut Vogel hinter dieser Aufregung verstecken. Mockridge hat mit Aussagen über behinderte Sportler in einem Podcast für Aufregung gesorgt und damit seiner Karriere schwer geschadet.
Doch die Podcast-Hosts sind bislang unbehelligt geblieben. Und das regt Kristina Vogel besonders auf. «Wo ist euer Statement? Wo ist eure Entschuldigung?», fragte die zweifache Olympiasiegerin.
Sie adressierte damit ihre mehr als hunderttausend Follower, vor allem aber Nizar Akremi und Shayan Garcia, die beiden Macher des Podcasts «Die Deutschen», bei denen Luke Mockridge über die Paralympics witzelte. «Es gibt Menschen ohne Beine und Arme, die wirft man in ein Becken – und wer als Letzter ertrinkt, der hat halt gewonnen», sagte Mockridge.
Der Privatsender SAT 1 setzte daraufhin Mockridges neue Show ab. Diese sollte am 12. September starten, sie sollte Mockridges Comeback im Fernsehen sein, nach einer Auszeit aufgrund von Vorwürfen wegen übergriffigen Verhaltens gegenüber Frauen.
Mockridge soll Worten Taten folgen lassen
Der Comedian entschuldigte sich nun sofort, nahm eine Einladung des Deutschen Behindertensportverbandes an. SAT 1 teilte der «Süddeutschen Zeitung» mit, man wünsche sich, dass Mockridge einen Weg finde, «seiner Entschuldigung Taten folgen zu lassen und das Thema im Sinne aller Menschen mit Behinderung» weiter aufzuarbeiten.
Akremi und Garcia aber, die Mockridge souffliert hatten, haben sich bislang nicht geäussert. Sie nutzten die neu gewonnene Aufmerksamkeit am Wochenende nur, um ihre anstehende Tour mit mehreren Posts zu bewerben. «Null Reue, null Reflexion», unterstellte Kristina Vogel den beiden. Sie warte immer noch auf eine Entschuldigung.
Vogel wird vermutlich noch lange warten. Das zeigt ein genauerer Blick auf Akremi und Garcia und deren Podcast. In der Folge, die Mockridge nun zum Verhängnis geworden ist, leiten die beiden Hosts das Thema Behinderung ein. Garcia sagt, er wolle Akremi therapieren lassen. Er lache nur über dessen Witz, weil der Gag «so behindert» sei, sagt Garcia. Er suche einen Psychologen, «der das ausstellt», also, der Akremi davon heilt, geistig zurückgeblieben zu sein. Eine Heilung würde die Karriere der beiden ein bisschen sicherer machen. Mockridge antwortet darauf etwas ernster: «Aber dann würde sich keiner mehr dafür interessieren.»
Doch keiner der drei interessierte sich in der Folge dafür, diesen Gedanken weiterzudenken. Stattdessen denken sie an die Paralympics. Akremi sagt: «Ich mache in allen Sportarten mit und gewinne.» Denn da seien ja nur Leute, die «so Hände» haben – er imitiert dann Menschen mit Fehlbildungen, deren Hände direkt an den Schultern liegen. Mehr können Akremi und Garcia nicht sagen, sie krümmen sich vor Lachen.
Nizar Akremi und Shayan Garcia polarisieren mit ihren Sprüchen. Sie begannen mit Witzen über kulturelle Unterschiede zwischen Migranten und Deutschen. Die beiden haben bislang knapp 200 000 Youtube-Abonnenten gesammelt, hinzu kommen Hunderttausende auf Instagram und Tiktok. Laut eigenen Angaben zählt der Podcast «Die Deutschen» mit durchschnittlich mehr als 2,6 Millionen Zuhörern und Zuschauern zu den erfolgreichsten Podcasts Deutschlands. Und das, obwohl Akremi schon einmal die Grenzen des kontroversen Gags überschritten hat.
Der Sohn tunesischer Einwanderer, geboren 1984 in Bonn, fiel im Sommer 2022 erstmals einer breiten Masse auf: mit Witzen über Juden. Akremi trug antisemitische Klischees vor und wies danach stets darauf hin, das sei alles nicht ernst gemeint. Diverse Veranstalter und TV-Sender sagten trotzdem ihre Zusammenarbeit ab. Akremi war plötzlich Thema in bundesweiten Medien.
«Können Frauen noch kochen?»
Seit vier Jahren behandelt er mit seinem Show-Partner Shayan Garcia, der durch Interviews mit Passanten auf Youtube bekannt wurde, in mehr als 420 Podcast-Folgen Themen wie: «Können Frauen noch kochen?», «Die Wahrheit über Astrologie» oder «Mario Barth – grösster Star Deutschlands?». Sie gehen Fragen nach wie «Nehmen Männer Frauen nicht ernst?», «Welche Stars sind wirklich bekannt?» oder «Was ist toxische Maskulinität?». Nur der Kritik an ihrer Episode mit Luke Mockridge, der entgegnen die beiden bislang nichts.
Totschweigen ist eine Art, um mit negativen Reaktionen und Berichten umzugehen. Direkte Antworten oder öffentliche Statements können eine Krise verschärfen oder weitere Fragen aufwerfen. Luke Mockridge hat für seine Form der Entschuldigung auch Kritik auf sich gezogen. Vielleicht also befolgen Nizar Akremi und Shayan Garcia sogar eine kluge Strategie: Hat man zu einem Thema keine Expertise, schweigt man besser.
Luke Mockridge war heute im Podcast. Macht euch bereit Woke Bubble😂 Wie es sich für einen Kobold gehört, habe ich eine ganz ekelhafte Seite rausgekitzelt.
Ich freue mich auf das Rumgeheule❤️— NIZAR (@nizarcomedy) July 2, 2024
Im Voraus hatten sie das Gegenteil getan. Er habe «eine ganz ekelhafte Seite rausgekitzelt», schrieb Akremi auf der Plattform X, um die Podcast-Folge mit Luke Mockridge anzukündigen. Und weiter: «Ich freue mich auf das Rumgeheule.»
