Samstag, Januar 11

Trotz dem offensichtlichen Wahlbetrug hat sich Nicolás Maduro für eine weitere Amtszeit bis 2031 vereidigen lassen. Das Regime hat ein grosses Sicherheitsaufgebot gestellt und den Luftraum gesperrt, um Störungen zu vermeiden. Was macht die Opposition nun?

«Listo» (fertig), sagte Nicolás Maduro, nachdem er sich vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses für weitere sechs Jahre im Amt hatte bestätigen lassen. Weder Faschismus noch Imperialismus könnten ihn daran hindern, in Frieden mit dem Volk zu regieren, erklärte der ehemalige Buschauffeur, der Venezuela seit zwölf Jahren mit harter Hand führt.

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Dabei hat er das einst reiche Ölland und sein demokratisches System in die grösste politische und wirtschaftliche Krise seiner Geschichte geführt. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) des Landes ist seit 2013 um rund 75 Prozent geschrumpft. Es handelt sich um eine der schwersten wirtschaftlichen Depressionen in Friedenszeiten in der modernen Geschichte. 80 Prozent der Venezolanerinnen und Venezolaner leben heute in Armut. Laut Schätzungen haben mehr als 7,5 Millionen Menschen das Land verlassen. Damit wurde Venezuela zu einem der grössten Auswanderungsländer der Welt.

Kein Wunder, dass Maduro die Wahlen im Juli 2024 trotz zahlreichen Manipulationen im Vorfeld haushoch verloren hat. Nach Angaben der Opposition konnte der bis dahin weitgehend unbekannte Ex-Diplomat Edmundo González wohl etwa 67 Prozent der Stimmen auf sich vereinen.

Die Opposition kann den Wahlsieg belegen, das Regime nicht

Die Opposition konnte den Wahlsieg ihres Kandidaten mit ausgedruckten Stimmzetteln aus den Wahllokalen belegen. Das Regime hingegen konnte nie zeigen, dass es die Wahl gewonnen hatte. Nur wenige Tage nach der Wahl liess sich Maduro vom linientreuen Wahlgericht zum Sieger ausrufen.

Seither hat das Regime den Druck erhöht. Zeitweise wurden zweitausend Demonstranten, unter ihnen auch Kinder, monatelang inhaftiert. Auch 160 Ausländer sollen sich in Haft befinden. Weltweit haben nur autoritäre Staaten wie Russland, Iran oder China und die lateinamerikanischen Linksdiktaturen Kuba und Nicaragua den angeblichen Wahlsieg Maduros anerkannt.

Der Oppositionskandidat Edmundo González wurde von den USA und verschiedenen Staaten in Europa und Lateinamerika als Wahlsieger anerkannt. Allerdings gingen die meisten Regierungen nicht so weit, ihn zum legitimen Präsidenten zu erklären. Das Risiko, erneut einen Oppositionskandidaten – wie seinerzeit Juan Guaidó – als legitimen Präsidenten zu akzeptieren, der keine Chance hat, an die Macht zu kommen, schien ihnen zu gross.

Das Regime hatte sich mit grossem Aufwand darauf vorbereitet zu verhindern, dass die Opposition die Amtseinführung Maduros stören konnte. Die Hauptstadt war seit Tagen militarisiert und de facto im Ausnahmezustand. Der Luftraum über Venezuela war gesperrt. Auch die Landesgrenzen waren seit Tagen geschlossen. Zu Beginn der Vereidigung zeigte ein Luftwaffengeneral auf die in den Strassen positionierten Batterien von Flugabwehrraketen.

Die Sorge des Regimes schien gross, dass es González gelingen könnte, ins Land zu kommen, um sich in irgendeiner Form von der oppositionellen Mehrheit als rechtmässiger Präsident vereidigen zu lassen. Das hatte der 75-Jährige angekündigt, der am Vortag in der benachbarten Dominikanischen Republik eingetroffen war. Zuvor hatte er auf einer Rundreise Joe Biden in Washington und mehrere lateinamerikanische Präsidenten besucht.

Die US-Regierung hat das Kopfgeld auf Maduro erhöht

Die US-Regierung hat inzwischen das Kopfgeld auf Maduro auf 25 Millionen Dollar erhöht. Auch die Europäische Union hat Sanktionen gegen fünfzehn weitere Vertreter des Regimes verhängt. Gegen über hundert Venezolaner hat die EU Einreiseverbote verhängt und ihre Vermögen eingefroren. Neben Miami gilt vor allem Madrid als beliebter Ort für Regimevertreter, um ihr Vermögen ausser Landes zu schaffen.

In Caracas hatte sich die Lage am Vorabend der Amtseinführung zugespitzt. Erstmals seit Monaten war die Oppositionsführerin María Corina Machado wieder in der Öffentlichkeit aufgetreten. Bei einer Demonstration im Zentrum der Hauptstadt Caracas trat sie am Donnerstagnachmittag für einige Minuten auf. Wie schon so oft zuvor prophezeite sie das baldige Ende des Regimes. Sie deutete an, dass die Opposition noch ein Ass im Ärmel habe. Die Menschen sollten aufpassen, was in den nächsten Tagen passiere, sagte die 57-Jährige.

Kurz darauf soll sie von Sicherheitskräften des Regimes kurzzeitig festgenommen worden sein. Nach Angaben von Machados Team wurde auf die Eskorte geschossen, Machado vom Motorrad gestossen, von Sicherheitskräften festgenommen und kurzzeitig entführt. Regimevertreter hingegen erklärten, die Opposition habe die Festnahme inszeniert.

Völlig unklar ist nun, welche Strategie die Opposition weiter verfolgen wird. González hatte sich Anfang September nach Spanien abgesetzt und dort politisches Asyl beantragt. Machado hält sich weiterhin in Caracas versteckt. Angeblich geniesst sie diplomatischen Schutz in einer Botschaft. Der gewählte amerikanische Präsident Donald Trump hat das Regime davor gewarnt, González und Machado etwas anzutun. Die Freiheitskämpfer in Venezuela dürften nicht verletzt werden und müssten sicher und am Leben bleiben, forderte er.

Aufgrund des durch die Regierung geschlossenen Luftraums sei González’ angekündigte Rückkehr nach Venezuela nicht möglich gewesen, teilte Machado am Freitag in einem auf der Plattform X verbreiteten Video mit. Dies solle später geschehen, «wenn die Bedingungen stimmen». Der Maduro-Regierung warf sie einen Staatsstreich und Kuba und Nicaragua Komplizenschaft beim Bruch der Verfassung vor. «Sie treten unsere Verfassung mit Füssen.»

Auch González veröffentlichte am Freitag ein Video, in dem er das Militär aufforderte, die Maduro-Regierung nicht anzuerkennen. «Als Oberbefehlshaber befehle ich dem militärischen Oberkommando, illegale Befehle derjenigen zu missachten, die die Macht an sich gerissen haben, und meine Sicherheitsbedingungen für die Übernahme des Präsidentenamtes vorzubereiten», sagte González, der sich in dem Video selbst als Präsident bezeichnet.

Doch das Militär und die verschiedenen Sicherheitsorgane scheinen weiterhin auf der Seite Maduros zu stehen. Mit harter Repression konnte das Regime bisher die Reihen geschlossen halten. Führende Militärs sind zudem in krumme Geschäfte der Regierung verwickelt und stehen auf den Sanktionslisten der USA.

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