Nun droht ManU sogar der Abstieg aus der Premier League. Um den zu verhindern, krempelt Rúben Amorim das Team um – selbstgefällige Stars wie Marcus Rashford und Antony hat er fortgeschickt.
«The coach stays», der Trainer bleibt: Mit diesem Machtwort versuchte Rio Ferdinand unlängst die Debatte um den Fussballtrainer Rúben Amorim von Manchester United zu beruhigen. Der frühere Verteidiger, der mit den «Red Devils» sechs Meisterschaften gewonnen hat, gilt bei den ManU-Fans als respektierter Experte.
Die Anhänger sorgen sich zurzeit mehr denn je um die Zukunft ihres Klubs, nachdem dieser durch die Niederlage gegen Tottenham am Wochenende erstmals seit Menschengedenken auf Platz 15 zurückgefallen ist. Damit steht Manchester United in der Premier League sogar noch um einen Rang schlechter da als vor vier Monaten, als sich der Klub nach ewigem Zaudern von Amorims Vorgänger Erik ten Hag getrennt hatte. In den nächsten Partien gegen Everton und Ipswich geht es für ManU nun darum, das Horrorszenario zu verhindern: den Abstieg.
No – coach stays!
— Rio Ferdinand (@rioferdy5) February 17, 2025
Ohne Amorim stünden die «Red Devils» wohl noch schlechter da
Trotz der miserablen Platzierung wäre es «kindisch und idiotisch», den Trainer Amorim hinauszuwerfen, sagte Ferdinand. Mit dieser Auffassung steht er nicht allein da. Hinter vorgehaltener Hand sagen viele, ohne Amorim wäre die Situation wohl noch düsterer. Der Vorsprung auf die Abstiegsränge hat sich unter Amorim auf zwölf Punkte vergrössert – in der Europa League erreichte das Team dank vier Siegen den Achtelfinal. Die Equipe wirkt einigermassen stabil, wenngleich auf bescheidenem Leistungsniveau. Das zeigte sich in den meist ausgeglichenen Spielverläufen gegen ähnlich starke Gegner ebenso wie in den Duellen mit den Spitzenteams. Kürzlich bezwang ManU im FA-Cup den FC Arsenal.
Bei der Analyse fällt auf, dass Manchester United seit längerem in Partien ohne Druck besser spielt als gegen vermeintlich schwächere Klubs. Dieses Problem hat Amorim erkannt, er ist nun im Begriff, eine «Leistungskultur» zu etablieren. Der Zustand sei ihm «peinlich», sagte er unlängst unverblümt.
Statt die Schuld auf den Vorgänger abzuwälzen, der die Launen der Mannschaft duldete und letztlich jegliche Autorität verlor, griff der 40-Jährige durch. Er machte den Spielern eine unmissverständliche Ansage: Sie hätten unter ten Hag in einem System agiert, mit dem sie immer verloren hätten. Deshalb ergebe es keinen Sinn, so weiterzumachen. Amorim setzt nun auf seine 3-4-3-Formation, die sich bereits in anderen Klubs bewährte.
Amorims Prinzipien als Erster zu spüren bekam der hochbegabte Stürmer Marcus Rashford. Auf dessen selbstgefälliges Verhalten angesprochen, sagte der Coach, er würde lieber den Goalietrainer nominieren als einen Spieler, der nicht alles gebe. Im Winter wurde Rashford an Aston Villa verliehen. Um den Deal zu ermöglichen, war ManU angeblich bereit, weiterhin einen Teil seines Gehalts zu bezahlen. Das Gleiche wird über die Leihe des Flügelspielers Antony zu Real Betis berichtet, der einst für 95 Millionen Euro verpflichtet worden war. Die beiden Beispiele verdeutlichen die bisweilen katastrophale Personalpolitik des Klubs in der Vergangenheit.
Amorims Umdenken lässt sich auch an der Personalie Harry Maguire festmachen. Vor einigen Wochen gab der Trainer bekannt, den zum Saisonende auslaufenden Vertrag des englischen Nationalspielers um ein Jahr zu verlängern. «Wir brauchen ihn sehr», bekräftigte Amorim, denn nun brauche es Anführer auf dem Platz. Zuvor war der Abwehrhaudegen kaum mehr berücksichtigt worden.
Und auch die offensichtlichen Defizite des Kaders in puncto Fitness, die während der Saison kaum zu korrigieren sind, hat Amorim adressiert. Er teilte seinen Spielern mit, angesichts der schlechten Laufdaten müssten sie in erster Linie «bessere Athleten» werden.
Klubs in der Krise zu übernehmen – das ist Amorim bestens vertraut. In Portugal hatte er den SC Braga einst innert drei Monaten aus dem Mittelmass der Tabelle so furios in die Spitzengruppe dirigiert, dass er noch in der gleichen Saison zu Sporting Lissabon weiterzog. In der folgenden Spielzeit führte Amorim Sporting dann zur ersten portugiesischen Meisterschaft nach neunzehn Jahren.
In gewisser Weise hat Amorims Trainerlaufbahn einst bei Manchester United begonnen – hier hospitierte er einst eine Woche lang bei seinem Landsmann José Mourinho, der in Manchester von 2016 bis 2018 tätig war. Wie seinem Vorbild Mourinho wird auch Amorim nachgesagt, er sei ein geschickter Taktiker. In seiner Zeit als Sporting-Coach gelang es ihm zudem, die Spieler stets weiterzuentwickeln.
Die Spitzenspieler bleiben weg – ManU muss auf Talente setzen
Und doch stösst auch Amorim bei Manchester United an Grenzen. Bisher fand er keine Lösung für die eklatante Offensivschwäche seines Teams – in 25 Ligaspielen resultierten nur 28 Tore. Die Mittelstürmer Joshua Zirkzee und Rasmus Höjlund, die ManU für insgesamt 115 Millionen Euro von Bologna und Bergamo gekauft hat, kommen zusammen auf mickrige 5 Premier-League-Tore in dieser Saison. Wegen des fulminanten Niedergangs in den vergangenen Jahren gelingt es dem englischen Rekordmeister (20 Titel) nicht mehr, die Spitzenspieler von einem Transfer zu überzeugen. Deshalb müssen die «Red Devils» nun vermehrt auf Talente wie Höjlund, 22, und Zirkzee, 23, setzen. Sie scheinen dem Druck bei einem internationalen Spitzenklub allerdings noch nicht gewachsen zu sein.
Vielleicht sei dieses Team das schlechteste, das Manchester United in der Klubgeschichte je gehabt habe, kritisierte Amorim kürzlich. Zugleich mahnte er, dass sich der Klub nun «ziemlich unweigerlich» im Abstiegskampf befinde. Aus der Sicht von Rio Ferdinand sollte der Klub nun Ruhe bewahren und dem Trainer Zeit und Geduld entgegenbringen. Einzig im Fall eines Abstiegs wäre ein Neuanfang angebracht, sagte Ferdinand. Angesichts der angespannten Finanzlage des Klubs gibt es ohnehin kaum Alternativen zu Amorim.
I don’t think you can say “Rio Ferdinand turned on Ruben Amorim”
I stated on the pod Monday.
We need to show him patience and give him time. Any talk of sacking him is “Immature & Stupid” https://t.co/ogcZNArZDO pic.twitter.com/3byNoX23MK— Rio Ferdinand (@rioferdy5) February 18, 2025
Vor ein paar Tagen machte das Gerücht die Runde, der einstige Erfolgstrainer Alex Ferguson könnte noch einmal auf die Bank zurückkehren. Doch der sagte nur für ein Abschiedsspiel eines ehemaligen Spielers zu. Selbst Ferguson will sich Manchester United in diesem Zustand nicht antun.