Mittwoch, Januar 8

Der Patron des Chemieunternehmens Dottikon ES steht unter Druck, grosse Investitionsvorhaben termingerecht zu realisieren. Dabei kann er keine Ingenieure aus der Schweiz gebrauchen, deren Leistung er als «ungenügend» geisselt.

Markus Blocher, der Verwaltungsratspräsident, Chef und Mehrheitsaktionär des Chemieunternehmens Dottikon ES, hat Grosses vor. Er lässt die Produktionskapazitäten am Stammsitz im aargauischen Dottikon, dem einzigen Standort der Firma, für 700 Millionen Franken beinahe verdoppeln.

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«Nichterfüllung der vereinbarten Verpflichtungen»

Die Hälfte der Investitionen fliesst in eine neue Mehrzweckanlage, die wie der Grossteil der bisherigen Fabrik von Dottikon der Herstellung von Pharmawirkstoffen dienen wird. Sie soll mit vier Produktionslinien ab 2026 vollständig im Betrieb stehen.

Doch ausgerechnet mit diesem Schlüsselprojekt hat Blocher Ärger. Die Ingenieurfirma, die er mit der Oberbauleitung und der Planung der Prozesstechnik beauftragte, erfüllte bei weitem nicht seine Erwartungen. Man habe den Werkvertrag «aufgrund von ungenügender Leistung und Nichterfüllung der vereinbarten Verpflichtungen» gekündigt, schrieb Dottikon am Dienstag in einer Medienmitteilung.

Nun verkomplizieren sich Blochers Wachstumspläne erheblich. Im Gespräch mit der NZZ machte er seinem Ärger Luft und sagte, dass das Ingenieurunternehmen unter anderem zu wenig Leute auf die Baustelle entsandt habe. Die Mitarbeiter, die erschienen seien, hätten teilweise zu wenig Erfahrung gehabt. Auch habe es viele Wechsel gegeben.

In die Ferien ohne Stellvertretung

Ein verbreitetes Problem waren zudem offenbar Absenzen an Sitzungen. Manche Mitarbeiter des Ingenieurunternehmens hätten es, moniert Blocher, nicht für nötig gehalten, sich von Sitzungen abzumelden beziehungsweise sich durch Arbeitskollegen vertreten zu lassen, wenn sie in die Ferien gegangen seien.

Blocher, der für einen strikten Führungsstil bekannt ist, ortet die Versäumnisse vor allem bei einer ungenügenden Personalführung. Es sei Chefsache, sicherzustellen, dass eine Firma Mitarbeiter in genügender Zahl und mit ausreichenden Kompetenzen zu Kunden schicke und dass Besprechungstermine eingehalten würden.

Wie aus Branchenkreisen zu vernehmen ist, kündigte Dottikon den Vertrag mit dem Baselbieter Ingenieurunternehmen Chemgineering. Das Unternehmen, das 1996 aus einem Joint Venture der beiden Firmen Bertrams und Fluor Daniel hervorging, behauptet von sich, als Berater und Planer das volle Leistungsspektrum in den Branchen Pharma, Biotechnologie, Feinchemie, Medizintechnik, Kosmetik, Diagnostika und Lebensmittel anzubieten. «Wir realisieren Projekte mit einem gesunden Schuss an Kreativität, einer ausgeprägten Eigenverantwortung und einem hohen Qualitätsbewusstsein», heisst es auf seiner Website. Der Personalbestand wird mit mehr als 300 Mitarbeitern angegeben.

Projektabschluss mit eigener Organisation

Allerdings musste, wie als jüngstes Eckdatum in der Firmengeschichte erwähnt ist, 2024 die Tätigkeit der österreichischen Tochtergesellschaft eingestellt werden. Auf die Bitte, zu den Vorwürfen von Dottikon Stellung zu nehmen, reagierte die Geschäftsleitung von Chemgineering am Dienstag nicht.

Laut Blocher zog Dottikon «ein Ende mit Schrecken Schrecken ohne Ende» vor. Das Unternehmen will das Grossprojekt nun mit einer eigenen Organisation zu Ende führen. Diese hat bereits Gestalt angenommen, indem Mitarbeiter aus anderen Bereichen abgezogen wurden. Zudem leisten einzelne externe Spezialisten sowie Vertreter bestehender Lieferanten Unterstützung bei der Umsetzung.

Auf der Baustelle für die neue Mehrzweckanlage arbeiteten zeitweise bis zu 200 Personen. Den grössten Aufwand verursachte die Installation von Rohrleitungen mit einer Länge von insgesamt 50 Kilometern. Weiterhin muss Dottikon jeden Arbeitsschritt festhalten, «bis zum letzten Schräubchen», wie Blocher betont. Die umfangreiche Dokumentation bildet die Voraussetzung dafür, dass die Anlage dereinst von den Aufsichtsbehörden der Pharmaindustrie die Betriebsbewilligung erhalten wird.

Keine bedeutenden Mehrkosten erwartet

Blocher glaubt, dass der ursprüngliche Zeitplan für die Fertigstellung der Mehrzweckanlage und das Hochfahren der Produktion weiterhin eingehalten werden kann. Er rechnet auch nicht mit grösseren negativen finanziellen Auswirkungen. «Ich gehe nicht davon aus, dass es massiv teurer werden wird.»

An der Prognose, wonach im laufenden Geschäftsjahr (per Ende März 2025) «eine Wiederaufnahme des Wachstums» erfolgen und damit ein höherer Umsatz als im Vorjahr resultieren soll, hält der Patron ebenso fest. Allerdings äusserte sich Blocher bereits bei der Vorlage der Halbjahreszahlen Ende November 2024 nicht zur erwarteten Profitabilität. Im ersten Geschäftshalbjahr musste Dottikon einen Rückgang des Betriebsergebnisses (Ebit) von 12 Prozent hinnehmen. Die Ebit-Marge fiel dadurch um 4 Prozentpunkte auf knapp 24 Prozent.

Eine weitere Herausforderung für das Unternehmen wird sein, genügend Aufträge zu akquirieren, um die umfangreichen zusätzlichen Produktionskapazitäten auszulasten. Dottikon hat wie andere Lohnhersteller in der Pharmaindustrie keine eigenen Medikamente im Angebot, sondern stellt solche im Auftrag seiner Kunden her.

Laut Blocher spürt auch Dottikon die gesunkene Nachfrage aufseiten kleinerer Biotechunternehmen, die unter erschwerten Finanzierungsbedingungen leiden. Doch ist der Firmenchef überzeugt, dies durch wachsende Geschäfte mit etablierten Pharmagesellschaften mehr als wettmachen zu können.

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