Freitag, Januar 3

Die Kunstpublizistin war die erste Kuratorin des Hauses Konstruktiv – Nachruf über ein Leben mit der Kunst.

Sie war die Doyenne der konkreten Kunst und eine der wenigen weiblichen Absolventen der legendären Hochschule für Gestaltung in Ulm. Als Kunstbegeisterte, Sammlerin und präzise Beobachterin des Kunstgeschehens war sie um keine Analyse verlegen. Ihre Texte sind geprägt von Scharfsinn, Humor, nüchterner Einordnung und vor allem von ihrer Liebe zur Kunst.

Mit dem Tod von Margit Weinberg Staber verliert die Kunstwelt eine der wichtigsten Verfechterinnen und Vermittlerinnen der konstruktiv-konkreten Kunst. Sie hat die Zürcher Konkreten nicht nur hautnah miterlebt, sondern auch ihre institutionelle Verankerung mitgestaltet und vorangetrieben.

Weg als Kuratorin vorgezeichnet

1931 geboren und aus einer Arztfamilie in Neu-Ulm in Bayern stammend, entschied sich Staber für ein Studium an der von Max Bill 1953 mitbegründeten, der Methodik des Bauhauses nahestehenden Hochschule für Gestaltung in Ulm. Mit einer Diplomarbeit in der Abteilung Information schloss sie das Studium 1958 bei dem Philosophen und Wissenschaftstheoretiker Max Bense ab. Es folgten Studien in Mailand, wo sie nebst Recherchen zur XI. Triennale Mailand für ihre Diplomarbeit auch in einer deutschsprachigen Buchhandlung tätig war.

Max Bill holte sie schliesslich nach Zürich, wo sie für ihn an zahlreichen Projekten und Ausstellungen mitarbeitete und die Redaktion von Katalogen und Vorträgen übernahm. Mit ihrer Mitarbeit an der Ausstellung «Konkrete Kunst – 50 Jahre Entwicklung» 1960 im Zürcher Helmhaus war Stabers Weg als Kuratorin und Kunstpublizistin vorgezeichnet. Von 1976 bis 1984 war sie Konservatorin am Kunstgewerbemuseum Zürich, dem heutigen Museum für Gestaltung, wo sie das Ausstellungsprogramm und die Publikationen verantwortete.

Mit der Gründung der Stiftung für konstruktive und konkrete Kunst, der Trägerschaft des heutigen Museums Haus Konstruktiv, wurde Weinberg Staber 1986 zu dessen erster Kuratorin. Sie baute die betrieblichen Strukturen auf, entwickelte ein vielbeachtetes Ausstellungsprogramm und initiierte den Aufbau der hauseigenen Kunstsammlung.

Von grosser Bedeutung war der unter ihrer Leitung erfolgte Erwerb des «Rockefeller Dining Room», den der Schweizer Künstler Fritz Glarner 1963/64 geschaffen hat. Zunächst ausgestellt in den Museumsräumen im Zürcher Seefeld, ist das Werk seit 2001 im EWZ-Unterwerk Selnau, dem derzeitigen Standort des Museums Haus Konstruktiv, als ein Herzstück der Sammlung präsent.

«Strenge Disziplin weiterdenken»

Bis 1991 wirkte Weinberg Staber als Direktorin und Kuratorin, anschliessend als langjährige Stiftungsrätin bei der inhaltlichen Ausrichtung des Museums mit. Sie setzte sich massgeblich für die programmatische Öffnung in Richtung Gegenwartskunst ein. In einem Interview für den Katalog «Um die Ecke denken» bestätigt sie 2016: «Ja, ich wollte diese strenge Disziplin, wie sie in Zürich damals betrieben wurde, weiterdenken.»

Zu ihren wichtigsten Ausstellungen und Publikation zählen «Mondrian auf der Tube» (1990), «Regel und Abweichung» (1997), «Konkrete Kunst. Manifeste und Künstlertexte» (2001), «Kunst-Stoffe» (2008) und «Dada anders» (2016). Margit Weinberg Staber schrieb für zahlreiche Tages- und Wochenzeitungen, Kunst- und Designzeitschriften und ist bis heute gerne gelesene Autorin zahlreicher Buchbeiträge.

Als Kunstkritikerin, Kuratorin und Sammlerin ist sie immer mit der Zeit gegangen und lehnte alles Dogmatische ab. Ihre gemeinsam mit ihrem Mann, Rolf Weinberg, aufgebaute Kunstsammlung enthält sowohl figurative wie auch konstruktiv-konkrete Werke. Sie war offen für die verschiedensten Sprachen der Kunst und hatte einen sehr präzisen Blick für Qualität. Ihr wunderbar trockener Humor, ihr kritisches Auge und ihr Enthusiasmus werden für immer unvergesslich bleiben.

Sabine Schaschl ist Kunsthistorikerin und seit 2013 Direktorin des Museums Haus Konstruktiv in Zürich.

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