Freitag, Februar 21

Europa weiss nicht, woher das Geld für die Aufrüstung kommen soll. Die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen macht einen Vorschlag, der aber Gefahren birgt. Es gibt nur einen Ausweg aus dem finanziellen Engpass.

Bei den Finanzen laufen die europäischen Länder und die EU gerade in einen Hammer. Sie müssen mehr für die Verteidigung ausgeben. Der Krieg in der Ukraine und der Widerwille der USA, weiterhin hohe finanzielle Lasten zu tragen, zwingen sie dazu.

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Aber woher das Geld für steigende Militärausgaben kommen soll, weiss niemand. Die finanzielle Lage vieler EU-Staaten ist angespannt. Das Maastricht-Kriterium, wonach das Budgetdefizit eines Landes nicht mehr als 3 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen soll, lässt kaum einen Spielraum, die Rüstungsausgaben zu erhöhen.

Bereits jetzt überschreiten viele Länder das Drei-Prozent-Ziel teilweise massiv, und das hat Folgen. Die EU hat gegen sie Defizitverfahren eingeleitet, die Mitgliedstaaten müssen in Brüssel nun Sparpläne einreichen.

Aber damit tun sie sich schwer. Kaum kündigt eine Regierung Sparmassnahmen an, regt sich im Inland der Protest. In Belgien etwa haben die Gewerkschaften für den 31. März einen Generalstreik angekündigt. Sie sind empört, weil die Belgier länger arbeiten sollen – sie gehen im Durchschnitt so früh in Pension wie nur wenige in Europa.

In anderen Ländern stellt der Streit ums Budgetdefizit eine ständige Bedrohung für das Überleben der Regierung dar, so in Frankreich. Und in weiteren Staaten schliesslich ist Sparen ein so gewichtiger Streitpunkt, dass eine Regierungskoalition schon gar nicht zustande kommt. Ein Beispiel dafür ist Österreich.

Die Ausnahme wird zur Regel

Selbstverständlich weiss auch die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen, wie schwierig die finanzielle Lage vieler Mitgliedsländer ist. Sie glaubt, dafür eine Lösung gefunden zu haben. Doch mit ihrer Idee, die sie am Freitag an der Münchner Sicherheitskonferenz präsentiert hat, eröffnet sie eine gefährliche Diskussion.

Von der Leyen schlug vor, die sogenannte Ausweichklausel für Verteidigungsausgaben zu aktivieren. Die Kosten fürs Militär würden dann nicht unter die Defizitregeln fallen. Details dazu nannte von der Leyen keine.

Vieles ist daher noch unklar: Will von der Leyen Verteidigungsausgaben in der EU generell ausnehmen, oder möchte sie bloss einzelnen Ländern diese Möglichkeit geben?

Aber unabhängig davon: Der Vorschlag gefährdet Europas Finanzstabilität. Was zum Beispiel fällt unter Militärausgaben? Bloss der Kauf von Waffen oder auch der Neubau einer altersschwachen Brücke, damit Panzer darüber fahren können? Es dürfte schwierig werden, die Mitgliedsländer auf Ersteres festzunageln.

Und was passiert, wenn ein stark verschuldetes Land wie Italien die Ausweichklausel anruft? Das Risiko ist gross, dass die Zinsen in diesem Fall stark steigen und die Unruhe an den Finanzmärkten auf weitere Länder der Euro-Zone übergreift.

Die Anleger dürften höhere Schulden für die Verteidigung ohnehin skeptisch sehen. Anders als eine Investition in die Infrastruktur machen höhere Militärausgaben die Volkswirtschaft eines Landes nicht effizienter. Sie stellen eine Last ohne unmittelbare Rendite dar. Zudem wird die Ausnahme in der EU langsam zur Regel: So sind die Budgetvorschriften bereits jetzt weniger streng, falls ein Land in die ökologische Wende investiert.

Eine Arbeitszeitreduktion liegt nicht mehr drin

Deshalb werden die Länder trotz allen Protesten nicht darum herumkommen, sämtliche Konsumausgaben zu hinterfragen, beispielsweise für die Bildung oder das Pensionssystem. Das Rentenalter wird steigen müssen, für einen Ausbau der Altersvorsorge, wie sich ihn die Schweizer mit der 13. Monatsrente gönnen, ist kein Geld mehr vorhanden.

Es fehlt auch für viele weitere Wünsche, von denen Politiker träumen. Beispielsweise für die Reduktion der Arbeitszeit in der Verwaltung und in der Privatwirtschaft. Die Wirtschaft wird in den kommenden Jahren vielmehr auf hohen Touren laufen müssen, um nur das Allernötigste zu finanzieren. Es sieht leider nach mehr und nicht nach weniger Arbeit aus.

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