Mittwoch, März 26

Die Zürcher Kriminalstatistik zeigt eine markante Zunahme der Gewalttaten durch Asylsuchende aus Afghanistan. Sicherheitsdirektor Mario Fehr übt Kritik an Berns Asylpraxis.

Zürich ist der Schweizer Wirtschaftsmotor, die Bevölkerung im Kanton wächst jedes Jahr. Dieses Wachstum kann gewisse Schattenseiten bergen, wie sich in der am Montag publizierten Zürcher Kriminalitätsstatistik gezeigt hat.

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So ist die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr im Kanton Zürich um 5,9 Prozent auf 128 645 angestiegen. Zum Vergleich: Schweizweit nahmen die Straftaten sogar um 8 Prozent zu.

Die Zürcher Bilanz für das Jahr 2024 lautet: mehr Vermögensdelikte, mehr digitale Kriminalität, mehr Gewaltstraftaten. Wenig erbaulich ist dabei der Umstand, dass die Anzahl an Delikten gegen Leib und Leben um 2,5 Prozent gestiegen ist. Darunter versteht man Tötungen oder einfache, schwere und fahrlässige Körperverletzung sowie Tätlichkeiten.

«Wir sehen immer mehr Taten, aber immer weniger Täter. Was bedeutet: Es gibt immer mehr Intensivtäter», sagt der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr (parteilos).

Kriminalität im Asylbereich steigt

Eine andere Entwicklung, die Fehr am Montag hervorhob: Immer mehr Beschuldigte stammen aus dem Asylbereich oder sind nicht in der Schweiz wohnhaft. Hier stellt die Kantonspolizei einen Anstieg um 3,2 Prozent fest.

Diese Entwicklung ist auffällig, insbesondere verglichen mit der restlichen Bevölkerung. Denn bei Schweizern sowie Ausländern mit Schweizer Wohnsitz nimmt die Kriminalität ab. Bei Erstgenannten um rund 12 Prozent, bei der zweiten Gruppe sind es 1,5 Prozent weniger Tatverdächtige.

Die meisten Beschuldigten aus dem Asylbereich und dem der Ausländer ohne Wohnsitz stammen aus Rumänien, Algerien, der Ukraine, Marokko sowie aus Afghanistan.

Kriminaltouristen aus Rumänien sind in Zürich kein neues Phänomen. Vor allem bei Einbrüchen und anderen Vermögensdelikten fiel diese Gruppe in den vergangenen Jahren auf. Laut dem Sicherheitsdirektor Fehr ist es 2024 gelungen, mehrere Gruppen zu überführen.

Auch Kriminelle aus Algerien und Marokko, die oftmals im Bereich der Kleinkriminalität straffällig werden, hat der Kanton Zürich auf dem Radar. «Wir haben hier insgesamt einen Rückgang, weil wir mehr von ihnen zurückschaffen konnten», sagt Fehr.

Gerade was Diebstähle aus Fahrzeugen angeht, ein von Kriminaltouristen oft verübtes Delikt, stellt die Polizei eine Abnahme fest. Mit gezielten Kontrollen seien diese Delikte um 20 Prozent reduziert worden.

Fehr fordert: Rückführungen ohne Einschränkungen

Sorge bereitet Fehr eine andere Entwicklung: die Zahl der Tatverdächtigen aus Afghanistan. Denn diese sind bei gewissen Delikten proportional übervertreten. So etwa bei Delikten gegen Leib und Leben.

Mittlerweile sind sogar rund 4 Prozent aller Delikte, die im Kanton Zürich gegen Leib und Leben verübt werden, auf afghanische Straftäter zurückzuführen. Dazu kommt: Von allen Sexualdelikten, die im Kanton verübt wurden, gehen 3,5 Prozent zulasten dieser Gruppe.

Wenn man die Straftaten der Afghanen mit ihrem Bevölkerungsanteil vergleicht, trübt sich das Bild weiter. Man müsse «nüchtern sagen», so Fehr, dass Afghanen bei Delikten gegen Leib und Leben etwa zehnmal so häufig vorkämen wie die restliche Bevölkerung. Bei den Sexualdelikten sei dieser Wert rund neunmal so hoch.

Die überdurchschnittlich hohe Kriminalitätsrate unter den Afghanen im Kanton Zürich führt Fehr unter anderem auf den Hauptbahnhof als Hotspot zurück. Dort träfen sich Afghanen aus der ganzen Schweiz. Solche Treffen unter Landsleuten verlaufen nicht immer in Minne, sondern es kommt auch zu Handgreiflichkeiten. Afghanen sind laut Fehr nicht nur Täter, sondern werden oft auch selber Opfer, weil die Gruppe untereinander Straftaten verübt.

Zürichs Sicherheitsdirektor nutzte die neuste Kriminalstatistik für eine politische Volte Richtung Bern. «Wir wollen, dass Rückführungen nach Afghanistan für alle Männer möglich sind», sagt er.

Erst vergangene Woche teilte das Staatssekretariat für Migration (SEM) mit, die Asylpraxis bei Afghanen verschärfen zu wollen. So können alleinstehende Männer, deren Asylgesuch abgelehnt wurde, ab April unter bestimmten Umständen weggewiesen werden.

Betroffen von der Verschärfung sind nicht vulnerable Männer, die sich ohne Familie in der Schweiz aufhalten, volljährig und gesund sind. Zudem müssen sie über ein Beziehungsnetz in der Heimat verfügen.

Bei den Afghanen dürfe es vom Bund keine Einschränkungen mehr geben, sagt Fehr: «Wer kriminell wird, wer eine Gefahr für die Gesellschaft ist, muss rückgeführt werden.» Die Rückführung sei die einzige Handhabe, die diese Gruppe wirklich abschrecke.

Zudem fordert Fehr, dass die Altersangaben von unbegleiteten Minderjährigen kritisch geprüft würden. «Mittlerweile sagt sogar das SEM, dass da viele kamen, die falsche Angaben machten», sagt er. Fehr verweist auf SEM-Zahlen, wonach rund ein Viertel der Personen gar nicht mehr minderjährig gewesen sei.

Jugendliche stechen weniger zu

Bei einem anderen Thema, das bei Behörden zunehmend Besorgnis auslöste, zeichnet sich eine Besserung ab: Gewalttaten von Jugendlichen mit Messern.

So hat die Zahl der jugendlichen Straftäter mit Schneid- oder Stichwaffen im Vergleich zum Vorjahr merklich abgenommen. 2023 stachen 21 ausländische und 10 Schweizer Jugendliche zu. 2024 waren es noch 6 ausländische Messertäter sowie 2 Schweizer Jugendliche, die auf diese Art Gewalt ausübten.

Die Behörden führen diese Entwicklung auf Prävention wie auch auf vermehrte Kontrollen an neuralgischen Punkten wie dem Zürcher Seebecken oder dem Hauptbahnhof zurück. So hat die Polizei vergangenes Jahr 1300 Hieb- und Stichwaffen eingezogen.

«Der Umgang untereinander im öffentlichen Raum ist rauer geworden», sagt Jann Leutenegger, Chef der Kriminalpolizei. Nirgends zeigt sich diese Entwicklung so deutlich wie an der Zürcher Langstrasse. Dort geschehen kantonsweit am meisten Tätlichkeiten und Körperverletzungen.

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