Dienstag, November 26

Warum das zu einer Zerreissprobe führen könnte.

Die Suche nach Ersatz für Priska Seiler Graf und Andreas Daurù an der Spitze der Zürcher SP läuft gerade an, und sie könnte Züge eines Richtungsentscheids bekommen. Die Juso, die Jungpartei der SP, schaltet sich mit deutlichen Erwartungen in die Ausmarchung ein.

Aus ihrer Sicht braucht es im neuen Präsidium eine Person, die die junge Generation vertritt und sich dezidiert für jene Themen einsetzt, die der Juso wichtig sind: Klimakrise, Queer-Feminismus, Kapitalismuskritik, Kampf gegen Rechtsextremismus. Das sagt Pia Voss, die Co-Präsidentin der Zürcher Juso, auf Anfrage. Ob die Juso selbst eine entsprechende Kandidatur aufstelle oder eine unterstütze, sei noch offen. Das hänge davon ab, wer antrete.

In der SP hat die Juso mehr Gewicht als die Nachwuchsorganisationen von anderen Parteien. Sie ist in der Geschäftsleitung der Kantonalpartei vertreten, nimmt an Parteiversammlungen Einfluss und ist im Kantonsrat mit sechs Mitgliedern vertreten.

Zur Kantonsratsfraktion gehören Leandra Columberg, Hannah Pfalzgraf und Mandy Abou Shoak, die alle denkbare Kandidatinnen wären. Nicht zur Verfügung stehen die Fraktionsmitglieder Nicola Siegrist, der Präsident der nationalen Juso, Qëndresa Sadriu-Hoxha und Rafael Mörgeli. Nationalrat Fabian Molina wiederum, der sich eine Kandidatur überlegt und auch erst 33-jährig ist, ist fürs Juso-Empfinden wohl schon zu weit weg von der Basis.

Während das abtretende SP-Führungsduo in den Augen älterer Semester als ideale Lösung galt, weil es die Partei in ihrer ganzen Breite abgedeckt habe, ist die Juso kritischer. Pia Voss weist darauf hin, dass es während der Amtszeit von Seiler Graf und Daurù wiederholt Konflikte zwischen Teilen der SP und der Juso gegeben habe.

Mal wegen personeller Entscheide wie der Unterstützung der Bundesratskandidatur von Daniel Jositsch, der für die Juso ein rotes Tuch ist, mal wegen inhaltlicher Fragen, wie unlängst, als ein SP-Vertreter vom Land aus praktischen Gründen eine Aufweichung der Geschlechterquote auf Wahllisten anregte.

«Das gehört alles zusammen, und das sollte die SP sagen»

Auf die Frage, was der Juso im SP-Präsidium fehle, sagt Voss: «Wir wollen zum Beispiel, dass Finta-Personen stärker gefördert werden.» Gemeint sind damit Frauen sowie Inter-, nonbinäre, Trans- und Agender-Personen. «Damit stossen wir auf Widerstand bei der SP-Basis.»

Die Juso wünscht sich auch mehr Kapitalismuskritik von einem SP-Präsidium. Das sei zwar Teil des Parteiprogramms, aber in der gelebten Politik müsse mehr kommen. «Die Klimakrise und der Kapitalismus und die Unterdrückung von Finta-Personen – das gehört alles zusammen, und das sollte die SP auch so sagen», sagt Voss.

Die internen Diskussionen mit Seiler Graf und Daurù seien zwar stets konstruktiv gewesen. Und wenn die Basis einmal etwas beschlossen habe, seien dem Präsidium die Hände gebunden. «Aber natürlich sind die beiden keine Juso», sagt Voss. «Wir möchten, dass die SP auch gegen aussen klarer Stellung bezieht.»

Die Partei sei oft zu vorsichtig. Die Lösungen in der Klimapolitik, die sie mittrage, dauern laut der Juso Co-Präsidentin zu lange. «Wir wollen eine fordernde Politik. Eine, die klar formuliert, dass wir in einer akuten Klimakrise stecken und wir darum sofort etwas bewegen müssen.» Von einer Vertretung der Juso-Generation im Parteipräsidium verspricht sie sich mehr Verständnis für solche Forderungen.

Eine Juso-konforme Vertretung im SP-Präsidium könnte umgekehrt zu einer Zerreissprobe für die Partei werden, wenn sich der sozialliberale, ländlich geprägte Teil der Partei nicht mehr verstanden fühlt. Die anerkannte Leistung von Seiler Graf und Daurù bestand darin, dass sie solche inneren Spannungen geschickt moderiert haben. Voss hat aber keine Bedenken bei einer Juso-Vertretung im Präsidium. Sie glaubt, dass ein Konsens weiterhin möglich wäre.

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