Die Verkehrsbetriebe Zürich konnten einige Probleme lösen – andere werden sie noch lange verfolgen.
Es muss den grössten städtischen Verkehrsbetrieb der Schweiz im Stolz treffen, wenn er seine Linien nicht mehr wie gewünscht bedienen kann. Genau dies ist den Verkehrsbetrieben Zürich (VBZ) im ablaufenden Jahr passiert: Der Takt musste zum Teil ausgedünnt werden, weil es an Personal fehlte.
Es war nicht die einzige Herausforderung. Im Sommer geriet das Prestigeobjekt Tram Affoltern ins Schlingern. Und schliesslich war das Jahr 2024 ein Betriebsjahr, in dem überdurchschnittlich viele Menschen von Trams tödlich verletzt wurden.
An der Jahreskonferenz der Verkehrsbetriebe vom Dienstag wurden diese Probleme freilich nicht überbetont. Das Fazit von Stadtrat Michael Baumer (FDP), dem Vorsteher der industriellen Betriebe, und dem interimistischen Co-Geschäftsführer, Thomas Hablützel, fiel positiv aus. Die Kunden sind gemäss Umfragen zufrieden, die Pünktlichkeit ist so gut wie im Vorjahr, und die Zahl der Fahrgäste ist mit 300 Millionen leicht höher als 2023.
Der Nena-Werbespot wirkte
Gute Nachrichten konnten die VBZ in Sachen Personalmangel verkünden. Mit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember verkehren alle Fahrzeuge wieder wie gewohnt. Prominentestes Opfer der Fahrplan-Ausdünnung vor einem Jahr war das Tram Nummer 15, das nur noch alle 15 Minuten verkehrte. Nun fährt der 15er je nach Tageszeit wieder im 7,5- oder 10-Minuten-Takt. Auch die Ausdünnung diverser Bus- und Tramlinien auf den 15-Minuten-Takt in den Abendstunden hat ein Ende.
Die VBZ hätten einiges in bessere Arbeitsbedingungen investiert, sagte Thomas Hablützel. Aber auch die Plakatkampagne, mit der die Verkehrsbetriebe gezielt ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angesprochen haben, dürfte ihren Teil dazu beigetragen haben. Für die Plakate mit Slogans wie «Wir suchen Trampilot*innen, die noch zu Nenas 99 Luftballons im Volkshaus abhoben» haben die VBZ sogar einen Branchenpreis für Plakatwerbung erhalten.
Weniger einfach gestaltet sich die Problemlösung beim Grossprojekt Tram Affoltern. Mit dieser neuen Tramlinie wollen die Verkehrsbetriebe dem erwarteten Bevölkerungswachstum in Zürich-Nord gerecht werden. Ein Flexity-Tram kann nahezu doppelt so viele Personen transportieren wie ein Doppelgelenkbus.
Doch im August geriet das Vorhaben ins Stocken. Zunächst wurde bekannt, dass der Verkehrsclub der Schweiz (VCS) das Projekt rechtlich bekämpft, weil das Projekt zu wenig velofreundlich sei. Kurz darauf teilte der Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP) mit, dass der Regierungsrat das Tram Affoltern als eines von vielen Projekten zurückgestellt habe, um die Neuverschuldung einzudämmen.
Die neue Tramlinie hätte eigentlich bis Ende 2029 fertiggestellt sein sollen. Bis dann sollte die Linie 11 bis nach Zürich-Affoltern fahren. Die vier Kilometer lange neue Tramlinie soll rund 450 Millionen Franken kosten. Der Kanton Zürich trägt 325 Millionen Franken, der Bund hat 100 Millionen Franken zugesichert, die Stadt selbst zahlt gut 22 Millionen Franken.
Michael Baumer betonte am Dienstag, der Kanton habe das Projekt nur aufgeschoben. Die Arbeiten gingen im Hintergrund weiter, auch die Behandlung der Einsprachen. «Es ist für alle klar, dass wir es nicht anders lösen können. Affoltern braucht diese Infrastruktur.»
Aber es ist auch klar, dass die Einsprache des VCS nicht zu unterschätzen ist. Die Gegenwehr des Verbands ist in der Stadt Zürich gefürchtet. Schon das Grossprojekt Rosengartentunnel mit dem geplanten Rosengartentram scheiterte unter anderem an dessen Widerstand.
Der Tram-Airbag kommt noch länger nicht
Das dritte grosse Problem des Jahres schliesslich waren für die VBZ die Unfälle mit Personen. Während die Zahl der tödlichen Unfälle in den letzten Jahren zwischen zwei und vier Fällen schwankte, sind es im laufenden Jahr bereits deren fünf. Schon 2023 kamen mehr Leute durch Tramunfälle ums Leben als durch Unfälle mit Personenwagen.
Tödliche Unfälle seien für alle sehr belastend, führten Baumer und Hablützel vor den Medien aus, insbesondere für das Fahrpersonal. Jeder einzelne Unfall werde genau analysiert. Schlüsse daraus zu ziehen, sei schwierig, sagt Baumer, denn jeder dieser fünf Unfälle habe seine eigene Entstehungsgeschichte.
Die Häufung mag Zufall sein. Doch die VBZ stellen fest, dass die Hektik und die Ablenkung im Alltag zugenommen hätten, weil die Leute mit Smartphones und Kopfhörer unterwegs seien. Darauf wollen die Verkehrsbetriebe mit einer Kampagne für mehr Aufmerksamkeit reagieren.
Es gibt auch technische Ansätze: In einem Pilotprojekt testen die VBZ zusammen mit dem Zug- und Tramhersteller Alstom Airbags für Trams. Doch bis diese im Alltag zum Einsatz kommen können, wird es noch dauern. Bis dahin müssen es die VBZ dabei belassen, an die Aufmerksamkeit der Passanten zu appellieren.