Samstag, Dezember 21

Die Stadt verspricht 1000 neue Alterswohnungen und Strassen-Apéros mit Rentnerinnen und Rentnern. Dafür will sie an überraschender Stelle ihre Leistungen reduzieren.

Die Zürcher Alten sind rundum zufrieden – ausser wenn es um ein Thema geht.

Zufriedenheit mit dem Leben in der Stadt: 94 Prozent. Sauberkeit: 89 Prozent. Gesundheitsversorgung und Sicherheit: 93 Prozent. Nähe zum öV: unglaubliche 96 Prozent.

Nur eine Zahl weicht signifikant von diesen geradezu sowjetischen Zufriedenheitswerten ab. Wenn die Zürcher Alten nach dem Wohnangebot für ihre Altersgruppe gefragt werden, antwortet fast die Hälfte: «nicht altersfreundlich».

Gemäss dem städtischen Altersmonitoring findet jeder und jede Fünfte der 2500 befragten Über-65-Jährigen, er oder sie bezahle zu viel Miete. 6000 Personen stehen auf der Warteliste für die rund 2000 städtischen Alterswohnungen. Die Wartezeit: nicht selten zehn Jahre oder mehr.

Nun macht Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri (GLP), in der Zürcher Stadtregierung für Altersfragen zuständig, den zufriedenen Alten ein Versprechen: Er will sie noch zufriedener machen – besonders im heiklen Wohnthema.

Am Donnerstag präsentierte Hauri eine Zwischenbilanz der städtischen Altersstrategie und verkündete: Bis 2035 wolle die Stadt nicht weniger als 1000 zusätzliche Alterswohnungen bauen.

Die wachsende Bevölkerung, die Überalterung der Gesellschaft, die alternde Babyboomer-Generation: Die Bevölkerung über 65 werde in Zürich künftig wachsen, sagte Hauri. Von heute 82 000 Personen auf geschätzte 115 000 im Jahr 2045.

Das mache Investitionen in zusätzliche Wohnungen notwendig. Deren Volumen wird sich laut dem Stadtrat bis 2035 auf 600 Millionen Franken belaufen. Geld, das dereinst durch die tiefen, aber kostendeckenden Mietzinse von Alterswohnungen amortisiert werden soll.

2,3 Millionen für arme Rentner

Die Stadt will jedoch nicht nur mehr Wohnungen schaffen, sondern auch andere. «Die Leute werden nicht nur älter», sagte Hauri, «ihre Bedürfnisse verändern sich auch. Sie sind digitaler, wollen länger zu Hause bleiben – in ihrem Umfeld, ihrem Quartier.»

Die städtische Stiftung für Alterswohnungen beteiligt sich deshalb künftig auch an generationenübergreifenden Bauprojekten. Sogar die Partnerschaft mit einer privaten Immobilienverwaltung ist geplant.

Dazu kommen Massnahmen, die älteren Zürcherinnen und Zürchern dabei helfen sollen, den Umzug ins Heim möglichst lange hinauszuzögern. Die städtischen Gesundheitszentren seien daran, die ambulante Pflege zu Hause auszubauen, sagte deren Direktorin Renate Monego an der Medienkonferenz.

Dazu kommt finanzielle Unterstützung für Rentnerinnen und Rentner, die zu Hause Hilfe benötigen, sich diese aber nicht leisten können: Mit 2,3 Millionen will die Stadt ihre Pflege und die Anschaffung von Hilfsmitteln subventionieren. Das Geld wird in Form von Zusatzleistungen zur AHV ausbezahlt. Um Beiträge bewerben kann sich, wer auch Ergänzungsleistungen bezieht.

Bemerkenswert ist, dass die Stadt Zürich trotz wachsender Nachfrage nach Wohnraum für ältere Menschen an einer zentralen Stelle nicht aus-, sondern sogar leicht abbaut: bei den Plätzen in städtischen Gesundheitszentren – also Alters- und Pflegeheimen.

Dort versuche man, die Pflegeplätze möglichst nahe zum vorherigen Wohnort der Betroffenen zu legen, sagte Direktorin Monego. «Alle wollen möglichst lange in der eigenen Wohnung bleiben, aber das Leben ist nicht immer so planbar, wie man es sich vorstellt.»

Ein Sturz, eine Krankheit, der Wegfall einer Betreuungsperson: Es braucht wenig, und der Gang in eine spezialisierte Einrichtung ist unumgänglich. Den wolle man so angenehm wie möglich gestalten, indem etwa neue Pflegezentren mit Wohnsiedlungen kombiniert würden – so dass alle Generationen möglichst weiterhin zusammenleben statt in abgetrennten Silos.

Bänkli, Strassen-Apéros – und viel Papier

Neben diesen konkreten Massnahmen im Wohnbereich hat die Stadt zudem unzählige weitere Ideen, mit denen die wenigen Prozent unzufriedener Alter auch noch von Zürich überzeugt werden sollen.

Mehr Bänkli soll es geben. Auch der Zugang zu Recyclingstellen müsse dringend altersgerechter werden, findet die Stadt. Sie will ausserdem regelmässige Strassen-Apéros mit Rentnerinnen und Rentnern an Quartierecken organisieren. «Verbindung von soziokulturellem Know-how und gebündeltem Wissen zum Alter» heisst das dann im Verwaltungs-Slang.

Dazu kommen umfangreiche Berichte, Umfragen, Pilotprojekte und eine eigene Fachstelle namens «Zürich im Alter». Totale Mehrkosten: 4 Millionen Franken. «Wir wollen aber nicht nur schönes Papier produzieren!», sagte Stadtrat Hauri vor den Medien, um dann stolz die hübsch glänzende «Altersstrategie 2025» in die Luft zu halten.

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