Donnerstag, November 7

Donald Trump verspricht, sein Wahlprogramm konsequent umzusetzen. Die Folgen könnten weit über die Landesgrenzen hinausreichen. Eine Übersicht in vier Kapiteln.

«Ich werde nach einem einfachen Motto regieren: Versprechen gemacht, Versprechen gehalten.» Mit diesen Worten hat Donald Trump in seiner Siegesrede angekündigt, das Wahlprogramm konsequent umzusetzen. Tut er es, hätte dies weitreichende Folgen weit über die USA hinaus.

Aus wirtschaftlicher Sicht stehen die folgenden Konsequenzen im Fokus:

1. Gefahr von Handelskriegen

«Zoll» sei das schönste Wort im Wörterbuch, meinte Trump im Wahlkampf. Konsequenterweise plant er eine protektionistische Handelspolitik. Für Einfuhren stellt er Zölle von 10 bis 20 Prozent in Aussicht, wobei Waren aus China sogar mit einem Zollschutz von mindestens 60 Prozent aus den USA ferngehalten werden sollen. Dass es ihm mit diesen Drohungen ernst ist, hat er in seiner ersten Amtszeit bewiesen.

Die angedrohten Handelsrestriktionen dürften weltwirtschaftlich die grössten Folgen haben. Sie hemmen den Welthandel, verringern das Wachstum von exportorientierten Staaten und belasten die Finanzen aller involvierten Akteure. Die Hoffnung auf eine Rückkehr zu einem regelbasierten Freihandel rückt in weite Ferne – wobei diese Perspektive auch bei einer Wahl von Kamala Harris verbaut gewesen wäre, da die Demokratin ebenfalls ein protektionistisches Wirtschaftsprogramm angekündigt hatte.

Die Abschottungspolitik der USA dürfte bei den betroffenen Ländern zu Gegenmassnahmen führen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Kosten entsprechender Handelskriege mit bis zu 7 Prozent des globalen Bruttoinlandprodukts (BIP) veranschlagt. Das entspreche der Wirtschaftsleistung von Deutschland und Japan, rechnete die IWF-Chefin Kristalina Georgiewa vor.

Für Trump sind Handelsbilanzdefizite ein Zeichen von Schwäche und Ungerechtigkeit. Diese Sicht teilen zwar nur wenige Ökonomen. Doch Trump wird sich von Kritikern wie der Welthandelsorganisation kaum umstimmen lassen. Dank grossem Binnenmarkt sind die USA auch weniger stark abhängig von Exporten. Deren Anteil am BIP beträgt nur 12 Prozent, in China jedoch 21 und in der Schweiz gar 77 Prozent.

2. Steigende Inflationsrisiken

Irgendjemand muss die Kosten höherer Zölle und der «Buy American»-Abschottung schultern. In aller Regel sind das die Konsumenten, und zwar in Form höherer Preise. Sie können Produkte und Dienstleistungen nicht länger von dort beziehen, wo sie am günstigsten verfügbar sind. Der amerikanische Einzelhandelsverband NRF schätzt, dass Trumps Zollpläne die Konsumenten rund 78 Milliarden Dollar pro Jahr kosten werden.

Die Überwälzung der Zölle auf die Konsumenten sorgt zusammen mit der kurzfristig stimulierenden Wirkung niedrigerer Steuern für einen Anstieg der Inflationsrisiken. Um nicht ein Wiederaufflackern der Teuerung zu riskieren, könnte sich die Notenbank Fed gezwungen sehen, ihre Lockerungspolitik zu verlangsamen und die Leitzinsen auf höherem Niveau zu belassen.

Höhere Zinsen lassen den Dollar erstarken, vor allem gegenüber Schwellenländern wie Mexiko, die besonders stark von den Handelsbeschränkungen der USA betroffen sind. Entsprechend leiden die Schwellenländer doppelt unter Trumps Wirtschaftsplänen: Erstens verteuert sich die Finanzierung in der Leitwährung Dollar, zweitens erschwert sich der Export in die USA.

Höhere Zinsen und ein stärkerer Dollar stehen quer zum Wunsch von Trump, die US-Wirtschaft mit billigem Geld und günstiger Währung anzukurbeln. Für das Fed, das diesen Donnerstag den Leitzins erneut senken dürfte, wird der politische Druck zunehmen. So hat Trump wiederholt angedeutet, dass er bei der Ausgestaltung der Geldpolitik ein Wort mitreden will.

3. Wachsende Verschuldung

Trump wird der Notenbank auch deshalb Kopfzerbrechen bereiten, weil er eine sehr expansive Fiskalpolitik verfolgen dürfte. Seine Pläne würden die heute schon bedeutende Verschuldung der USA bis 2035 netto um weitere 7,75 Billionen Dollar erhöhen. Das schätzt jedenfalls das Committee for a Responsible Federal Budget, eine Denkfabrik.

Trump hat zahlreichen Anspruchsgruppen – etwa den Rentnern, Autokäufern und Kellnern – tiefere Abgaben versprochen. Vor allem will er die Unternehmenssteuern von 21 auf 15 Prozent senken und umfangreiche Steuersenkungen aus seiner ersten Amtszeit, die 2025 ausgelaufen wären, beibehalten. Wenn die Republikaner die Mehrheit in beiden Parlamentskammern erobern, was wahrscheinlich ist, steht diesen Plänen kaum etwas entgegen.

Unklar ist, ob Trump das Staatsdefizit mit einem Sparprogramm eindämmen wird. Der Unternehmer Elon Musk soll eine neue «Effizienzkommission» leiten, die den Bundeshaushalt nach überflüssigen Ausgaben abklopfen wird. Trump hat aber bereits versprochen, wichtige und teure Sozialleistungen aufrechtzuerhalten, insbesondere die staatliche Altersvorsorge.

Republikaner argumentieren, Trumps wirtschaftsfreundliche Politik werde für Wachstum und höhere Steuereinnahmen sorgen und so das Budgetproblem lindern. Viele Ökonomen halten diese Argumentation aber für Wunschdenken. Der Anleihenmarkt preist jedenfalls jetzt schon eine höhere Verschuldung der USA ein: Der Zinssatz für langjährige Staatsanleihen ist nach Trumps Wahl markant angestiegen.

Bereits jetzt verschlingt der Schuldendienst über 2 Prozent des amerikanischen BIP. Eine baldige Schuldenkrise erwartet kaum ein Beobachter, weil die Zahlungsversprechen der USA durch eine starke Wirtschaft abgesichert sind. Aber die Trump-Regierung würde kommenden Generationen grosse Lasten aufbürden.

4. Deregulierung im Umweltbereich

Eine Kehrtwende steht bei der Umweltpolitik an. Trump hält wenig von Klimaschutz, wie er schon in der ersten Amtszeit deutlich gemacht hat, etwa mit dem Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen. Fossile Energieträger stehen bei Trump hoch im Kurs. «Drill, baby, drill», lautet die Losung. Trump hat angekündigt, die Erdöl- und Gasreserven beschleunigt abbauen zu wollen, um so den Benzinpreis zu senken.

Wenig Gefallen findet Trump an der 2022 von Joe Biden ins Leben gerufenen Inflation Reduction Act. Dieses Gesetz zielt – entgegen seinem Namen – nicht primär auf den Abbau der Inflation, sondern auf Fördermassnahmen im Klimabereich. Trump hat ursprünglich erklärt, diese Politik rückgängig zu machen und noch nicht ausgeschöpfte Mittel ersatzlos zu streichen. Einige republikanische Parlamentarier wollen aber Teile der IRA erhalten, weil ihr Wahlkreis davon profitiert.

Während Trump im Umweltbereich auf Deregulierung setzt, ist noch offen, was die amerikanischen Technologiekonzerne von ihm zu erwarten haben, etwa mit Blick auf die Wettbewerbspolitik oder die Regulierung künstlicher Intelligenz. Firmen wie Google oder Meta wurden von Trump im Wahlkampf scharf angegriffen, Elon Musk hingegen zeigte sich als spendabler Wahlhelfer und wird von Trump mit Lob überhäuft.

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