Sonntag, Oktober 6

Auf dem Nachrichtensender CNN stellen sich die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris und Vize Tim Walz erstmals den Fragen einer Journalistin. Harris zeigte sich dabei Präsident Joe Biden gegenüber überraschend loyal.

Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris hat in ihrem ersten TV-Interview die Wirtschaftspolitik von Präsident Joe Biden verteidigt. Seit Amtsantritt im Januar 2021, habe seine Regierung – der sie als Vizepräsidentin auch angehört – alles darangesetzt, «um Amerika zu retten», sagte Harris. Dies sei gelungen, auch wenn natürlich noch nicht alle Probleme gelöst seien. «Insbesondere die Preise für Lebensmittel sind immer noch zu hoch. Die amerikanische Bevölkerung weiss das. Ich weiss das.»

Das war eigentlich die überraschendste Aussage im Gespräch mit der CNN-Journalistin Dana Bash. Harris verzichtete darauf, sich von Joe Biden zu distanzieren, obwohl der Präsident persönlich und politisch unpopulär ist. Vielmehr lobte sie die Intelligenz des 81 Jahre alten Biden. Sie strich dessen Engagement und Urteilskraft hervor, die in einem starken Kontrast zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump stehe.

Weil Harris aber natürlich auch einen Neuanfang markieren will, wies sie umgehend darauf hin, dass Biden nicht mehr zur Wahl stehe. Stattdessen kandidiere sie nun an der Seite von Tim Walz, der neben ihr in einem Restaurant in Savannah (Georgia) Platz genommen hatte. Zusammen strebten die Demokraten einen «neuen Weg nach vorn» an.

Harris will Fracking nicht mehr verbieten

Etwas weniger prägnant war Harris, als sie diesen neuen Weg beschreiben musste. Zwar verzichtete sie darauf, die Schlagworte des demokratischen Parteitags («freedom» und «joy», Freiheit und Freude) zu wiederholen. Stattdessen sprach sie über Steuergutschriften für junge Familien und eine Offensive für bezahlbares Wohnen. Aber wie diese Ideen umgesetzt werden könnten, darüber schwieg sie sich aus.

Ähnlich vage war Harris, als sie von der Journalistin auf Vorwürfe angesprochen wurde, dass sie ihre politischen Positionen wie eine Wetterfahne anpasse. So wollte die damalige Präsidentschaftskandidatin Harris sich vor fünf Jahren noch für ein Verbot von Fracking einsetzen. Nun will sie diese umstrittene Fördertechnik für Erdöl oder Erdgas nicht mehr stoppen.

«Meine Werte haben sich nicht geändert», antworte Harris wiederholte Male auf die Frage von Dana Bash. Sie finde immer noch, dass der Klimawandel ein sehr wichtiges Problem sei. Aber ihre Amtszeit als Vizepräsidentin habe ihr gezeigt, dass Amerika die entsprechenden Ziele erreichen könne, ohne Fracking zu verbieten.

Harris nennt Attacken Trumps «alt und abgegriffen»

Über ihre Pionierrolle als erste dunkelhäutige Präsidentschaftskandidatin wollte Harris in diesem Interview nicht sprechen. Sie wies eine Bemerkung von Trump über ihre Identität als «alt und abgegriffen» zurück und sagte lachend: «Nächste Frage, bitte.»

Geschickt brachte Dana Bash das Thema aber später im Interview noch einmal auf. Die Journalistin erwähnte ein Foto vom Wahlparteitag der Demokraten, das ihre schwarze Grossnichte zeigte, die Harris gebannt zuhörte. Das Foto habe sie sehr gerührt, sagte die Präsidentschaftskandidatin. Und es mache sie sehr bescheiden. Harris sagte aber auch: «Ich kandidiere, weil ich glaube, dass ich in diesem Moment für alle Amerikaner die beste Person bin, um diesen Job zu machen, unabhängig von Hautfarbe und Geschlecht.»

Tim Walz war übrigens während des halbstündigen Interviews auch zugegen. Er hatte allerdings nicht viel zu sagen – auch, weil sich die meisten Fragen an Harris richteten und nicht an ihn. Immerhin erhielt Walz, Gouverneur von Minnesota, die Gelegenheit, sich zum Vorwurf zu äussern, er habe in seiner politischen Karriere falsche Angaben zu seiner Biografie gemacht. Seine Antwort: «Meine Frau, die Englischlehrerin, hat mir gesagt, dass meine Grammatik nicht immer korrekt ist.»

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