Sonntag, Januar 5

Warum der Erfinder der Dividendenstrategie «Dogs of the Dow» sie selbst in ihrer Urform nicht mehr anwendet und mittlerweile auf andere Methoden setzt, erklärt er im Interview mit The Market.

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Anfang der Neunzigerjahre stellte Michael B. O’Higgins eine Dividendenstrategie vor, die von der US-Finanzzeitschrift «Barron’s» den Namen «Dogs of the Dow» erhielt und heute weltberühmt ist. Umgangssprachlich steht «Dogs» für etwas Minderwertiges. Der Gedanke dahinter: Die Kurse der Dogs sind oft stark gefallen, was im Folgejahr ein besonders hohes Kursplus verspricht – so die simple Idee des Erfolgsrezepts.

Bei dieser Methode des US-Börsenstars wählen Anleger jährlich die zehn Dow-Jones-Aktien mit der höchsten Dividendenrendite aus und passen ihre Auswahl jeweils zu Jahresbeginn an. Bei der Variante der «Small Dogs» wählen sie wiederum die fünf Aktien mit dem niedrigsten Kurs aus den zehn Dogs aus.

Im Interview mit The Market erläutert O’Higgins die Vorteile und Fallstricke dieser Strategie – und er erklärt, warum er derzeit Märkte ausserhalb der USA bevorzugt.

Herr O‘Higgins, Sie sind der Erfinder der Strategie «Dogs of the Dow». Ende 2023 waren dies die folgenden zehn Aktien: 3M, Amgen, Chevron, Cisco, Coca-Cola, Dow, IBM, Johnson & Johnson, Verizon und Walgreens. Davon sind zwei Aktien, Dow und Walgreens, heute gar nicht mehr im Dow-Jones-Index enthalten. Wenn Sie mal die Brille eines gewöhnlichen Anlegers aufsetzen und auf die Auswahl schauen, was ist von den einzelnen Titeln zu halten?

Der Dow Jones wählt seine Komponenten anhand historischer Kriterien aus. Alle im Dow-Jones-Index vertretenen Unternehmen repräsentieren wichtige Sektoren der US-Wirtschaft. Die Grundidee der Dogs-of-the-Dow-Strategie (DOTD) besteht darin, die Komplexität der Aktienauswahl zu reduzieren, indem Aktien nach ihrer Dividendenrendite geordnet und die zehn renditestärksten Titel gekauft werden.

Sie setzen mit der Strategie auf Verliereraktien, die oft im Folgejahr sehr gut abschneiden. Gebe es denn keinen anderen Ansatz, um die entsprechenden Aktien zu finden?

Die DOTD-Strategie ‹sucht nicht nach Verlustaktien, die im folgenden Jahr gut abschneiden›. Sie basiert einfach auf der Tatsache, dass die Aktien mit den höchsten Dividenden den Anlegern im Laufe der Zeit die höchsten Gesamtrenditen bei geringstem Risiko beschert haben. Es gibt andere Möglichkeiten, unterbewertete Aktien zu finden, aber die DOTD-Strategie ist wahrscheinlich die einfachste.

Die Strategie, sowohl die zehn Dogs als auch die fünf Small Dogs, ist weltbekannt. Kann sie überhaupt noch funktionieren, wenn viele Anleger sie verfolgen?

Jede einfache Strategie, die übermässig populär wird, dürfte so lange unterdurchschnittlich abschneiden, bis ihre Popularität nachlässt. Dies ist in der Vergangenheit mehrmals passiert, aber die beiden Strategien haben den Dow seit 1972 trotz allem geschlagen. Die Tatsache, dass sowohl die DOTD5- als auch die DOTD10-Strategie in sieben beziehungsweise sechs der vergangenen zehn Jahre schlechter abgeschnitten haben als der Dow-Jones-Index, macht es wahrscheinlicher, dass sie auch in Zukunft gut abschneiden werden.

Die Strategie wird mittlerweile oft bei anderen Indizes angewandt. Ist das überhaupt sinnvoll?

Die Tatsache, dass grosse, gut kapitalisierte Unternehmen, die überdurchschnittliche Dividenden zahlen, relativ gut abschneiden, ist nicht nur auf dem US-Aktienmarkt zu beobachten. Daher überrascht es mich nicht, dass die Strategie auch bei anderen entwickelten Märkten angewendet wird, für die es ähnliche Arten von Aktienindizes gibt.

In Deutschland gibt es neben dem Leitindex Dax den so genannten DivDax, der sich an Ihrer Strategie orientiert und die fünfzehn Aktien mit der höchsten Dividendenrendite umfasst. Besonders gut hat der DivDax zuletzt nicht abgeschnitten. Können Sie sich das erklären?

Der historische Erfolg der DOTD-Strategie ist grösstenteils darauf zurückzuführen, dass Dividenden historisch gesehen ein wichtiger Bestandteil der Gesamtrenditen von US-Aktien waren. Darüber hinaus waren die Dividendenzahlungen von US-Blue-Chip-Aktien sehr stabil, was sie zu einem guten Massstab macht, um die Höhe des Preises zu messen. Wenn das bei den deutschen Standardwerten der Fall ist, sollte auch der DivDAX gut abschneiden.

Das ist es leider nicht. Worauf ist denn genau zu achten? Ich denke etwa an die Neuausrichtung der Dogs zum Jahresbeginn. Muss das eigentlich sein oder wäre auch die Jahresmitte denkbar?

Ich habe die DOTD-Strategie ausschliesslich auf die Wertentwicklung innerhalb eines Kalenderjahres getestet. Denken Sie daran, dass sie Laien dabei helfen sollte, einen Anlageerfolg zu erzielen, indem sie weniger als fünfzehn Minuten pro Jahr damit verbringen, ihre Portfolios neu zu konfigurieren und den Rest ihrer Zeit ihrem Beruf widmen.

Müssen es exakt zehn beziehungsweise fünf Aktien wie in der Version der «Small Dogs» sein?

Interessanterweise hat die DOTD5-Strategie, also die Auswahl der fünf niedrigsten der zehn Dow-Jones-Index-Renditebringer, den DOTD10 historisch geschlagen. Wahrscheinlich aufgrund des Small-Cap-Effekts.

Ihr Buch «Beating the Dow» zur Strategie erschien im Jahr 1991, also vor mehreren Jahrzehnten: Ist sie denn noch zeitgemäss?

Ich denke, ja, denn der Dow-Jones-Index wird regelmässig neu konfiguriert, um Änderungen in der zugrunde liegenden Wirtschaft zu spiegeln. Die aktuellen Komponenten sollten also so relevant sein wie eh und je.

Sie haben ein zweites Buch mit dem Titel «Beating the Dow with Bonds» geschrieben. Darin geht es um Ihre Anleihen-Methode, nach der Anleger entweder in die Dogs investieren oder in Treasuries oder in Treasury Bills. Ist dies eine Alternative oder die bessere Wahl?

Es ist lustig, dass Sie unsere Strategie «Beating the Dow with Bonds» erwähnen. Sie ist unsere leistungsstärkste Strategie mit der höchsten kumulierten Gesamtrendite. In den vergangenen 52 Jahren verzeichnete sie nur sieben Verlustjahre – im Vergleich zu elf Verlustjahren beim Dow Jones, S&P 500 sowie den Strategien DOTD5 und DOTD10.

Danach haben Sie noch die «Dogs of the World» erfunden, bei denen sie auf fünf regionale Aktienindizes anstatt auf einzelne Aktien setzen. In der heutigen Zeit mit ETF scheint dies die am besten umsetzbare Strategie für den privaten Anleger. War das eine der Grundüberlegungen?

Nein. Die Hauptüberlegung war, dass es angesichts der weniger entwickelten Aktienmärkte und Volkswirtschaften weltweit im Vergleich zu den USA sinnvoll erschien, auf deren potenziell schnelleres Wachstum in der Zukunft zu setzen.

Es folgte noch Ihr MOAR-System – eine Kombination aus den «Dogs of the World» und der Bond-Methode. Ist das Ihr heutiges Erfolgsrezept?

Die MOAR-Strategie profitierte von der vorherigen Phase sinkender Zinsen und Inflation. Da sich Zinsen und Inflation wahrscheinlich in der frühen Phase eines mehrjährigen Aufwärtstrends befinden, ist es sinnvoller, in eine Kombination aus Edelmetallen und Substanzaktien zu investieren.

Wenden Sie die Dogs-Strategie in ihrer ursprünglichen Form selbst noch an?

Nein. Meine anderen Strategien haben meiner Meinung nach mehr Potenzial.

Was sind für Sie heute die entscheidenden Kriterien bei der Aktienauswahl?

Ich bevorzuge die Auswahl der am stärksten unterbewerteten Weltmärkte wie die Dogs of the World.

Sie wollten mal ein Buch zu Schwellenländern schreiben. Haben Sie den Plan aufgegeben?

Tatsache ist, vereinfacht gesagt, dass sich das Schreiben von Büchern nicht auszahlt. Also ja.

Eine persönliche Frage zum Schluss. Sie sind ein sehr erfahrener Investor. Ist der Ruhestand ein Thema für Sie?

Ich liebe, was ich tue. Solange ich also die Möglichkeit habe, werde ich damit weitermachen. Ich habe einen sehr fähigen Sohn, der jetzt mit mir zusammenarbeitet, und einen weiteren, ebenso fähigen, der in einer anderen Firma arbeitet. Falls ich mich entscheide, in den Ruhestand zu gehen, können sie übernehmen.

Michael B. O’Higgins

Foto: O’Higgins AM

Michael B. O’Higgins, der Erfinder der Dividendenstrategie «Dogs of the Dow», wurde 1947 in Venezuela geboren und wuchs dort auf, da sein Vater in der Erdölindustrie tätig war. Nach einem Bachelor of Science in Wirtschaftswissenschaften am Siena College arbeitete er für Procter & Gamble, Spencer Trask & Company sowie White, Weld & Company. 1978 gründete der US-Amerikaner seine eigene Vermögensverwaltung, O’Higgins Asset Management, in Miami Beach, Florida. Er ist Autor der Bestseller «Beating the Dow» und «Beating the Dow with Bonds»
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