Freitag, April 25

Der Softwareriese hinkt dem Gesamtmarkt dieses Jahr hinterher. Nachdem er bisher als Gewinner des KI-Booms gehandelt wurde, kommen angesichts der massiven Investitionen in Rechenkapazitäten zunehmend Bedenken auf. Was heisst das für den Investment Case?

Im amerikanischen Technologiesektor kommt gegen Ende Jahr Champagnerlaune auf. Der Nasdaq 100 hat gestern Dienstag zwar 0,4% leichter geschlossen. Dennoch konnte sich der Index mit den grössten Tech-Werten zuletzt deutlich absetzen. Das gilt speziell im Vergleich zum Dow Jones, der seit neun Tagen in Folge an Terrain eingebüsst hat – die längste Serie an Verlusten für das Blue-Chip-Barometer seit 1978.

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Die jüngste Avance hat der Nasdaq 100 dem steigenden Spekulationsfieber zu verdanken. Die Aktien von Tesla haben seit den US-Präsidentschaftswahlen von Anfang November mehr als 90% gewonnen. Neuen Auftrieb haben in den vergangenen Wochen ebenso der Google-Mutterkonzern Alphabet, Amazon und Apple verspürt. Einen eindrücklichen Kurssprung hat Broadcom hingelegt.

Das von Konzernchef Hock Tan zusammengezimmerte IT-Konglomerat, das sich auf Halbleiter und Software spezialisiert, hat am letzten Donnerstag mit den Quartalszahlen positiv überrascht. Sein Börsenwert ist seither um annähernd 280 Mrd. auf mehr als 1120 Mrd. $ gestiegen. Nach Nvidia und TSMC ist Broadcom nun das dritte Unternehmen aus der Halbleiterindustrie, das an der Börse mehr als 1 Bio. $ auf die Waage bringt.

Für Fantasie sorgen Broadcoms Design-Dienste, die von Tech-Riesen wie Alphabet, Amazon oder Microsoft für hauseigene Serverprozessoren genutzt werden. Gemäss CEO Tan soll sich der Umsatz im Bereich künstliche Intelligenz dadurch im laufenden Geschäftsjahr auf 12 Mrd. $ mehr als verdreifachen. Das nährt offenbar neue Befürchtungen, dass der Konkurrenzdruck für Nvidia wächst. Gemessen am Umsatz ist Broadcom jetzt sogar etwas höher bewertet als der KI-Superstar, dessen Kurs seit Sommer nicht vom Fleck kommt.

Mit den ausgeprägten Kursbewegungen der letzten Wochen hat sich die Konzentration an den US-Börsen abermals verstärkt. Das illustriert ein Blick auf die Performance der Unternehmen aus dem S&P 500. Gemäss Bank of America schlagen dieses Jahr lediglich 31% der Mitglieder den Index. Dies, nachdem es 2023 noch etwas weniger waren.

Die überraschende Ausnahme im Tech-Sektor ist Microsoft. Der Softwareriese aus dem Grossraum Seattle hat sich gegen Ende Jahr zwar ebenfalls hochgearbeitet und weist für 2024 eine durchaus ansprechende Performance von knapp 22% aus. Er bleibt damit aber hinter den 27% des S&P 500 zurück. Im Gegensatz zu den anderen grossen Tech-Konzernen hat es Microsoft bisher auch nicht geschafft, das Höchst vom Sommer zu egalisieren.

Das ist ein guter Grund, dass wir uns in der heutigen Ausgabe von «The Pulse» genauer mit Microsoft befassen. Wir gehen der Frage nach, was die Chancen und Risiken für den Investment Case sind.

Nadellas kolossale Wette

Der Hype um künstliche Intelligenz hält Investoren in Atem. Fortschritte auf Gebieten wie maschinelles Lernen und neuronale Netze sorgten schon früher für Faszination. Der gegenwärtige Boom stellt jedoch alles bisherige in den Schatten. Verantwortlich dafür ist der Durchbruch im Bereich generativer künstlicher Intelligenz; den riesigen Rechenmodellen, auf denen Anwendungen wie ChatGPT basieren.

Diese neuen KI-Modelle werden als Paradigmenwechsel betrachtet, vergleichbar mit dem Aufkommen des PCs oder des Internets. Microsoft-Gründer Bill Gates beschreibt es folgendermassen: «In meinem Leben habe ich zwei Demonstrationen von Technologien gesehen, die ich als revolutionär empfand: die grafische Benutzeroberfläche und ChatGPT.» Im ersteren Fall ist die von Apple 1984 mit den Mac-Rechnern eingeführte Benutzerschnittstelle mit grafischen Symbolen für Programme und Steuerelementen wie dem Mauszeiger gemeint.

Die grosse Begeisterung für generative künstliche Intelligenz wurde durch verschiedene Schlüsselmomente befeuert. Dazu zählen vorab die Lancierung von ChatGPT durch das Start-up OpenAI Ende November 2022 sowie der starke Ausblick von Nvidia zum Wachstum mit KI-Chips im folgenden Mai. Richtig gezündet hat den Boom Microsoft im Januar 2023, als CEO Satya Nadella mit einer 10 Mrd. $ teuren Beteiligung an OpenAI weit über den Tech-Sektor hinaus Schlagzeilen machte.

Nadellas kolossale Wette war de facto das Startsignal. Dass der weltgrösste Softwarekonzern in grossem Stil in ein zuvor eher obskures Jungunternehmen aus dem Silicon Valley investierte, verlieh der neuen KI-Technologie Legitimität. Aus Angst, ins Hintertreffen zu geraten, fuhren andere Tech-Titanen wie Alphabet, Amazon und Meta Platforms ihre Investitionen hoch. Seither läuft ein rasantes Wettrüsten zum Aufbau von Rechenkapazitäten, das mit den Investitionen in Glasfasernetze beim Aufkommen des Internets vergleichbar ist.

Die Zahlen sind ebenso gigantisch wie damals. Die vier grossen Plattformkonzerne werden dieses Jahr voraussichtlich mehr als 200 Mrd. $ für Kapitalinvestitionen aufwenden – fast doppelt so viel wie 2023. Auch nächstes Jahr werden ihre Ausgaben weiter signifikant zunehmen, zumindest gemäss den Prognosen. Microsoft allein wird 2024 schätzungsweise gut 55 Mrd. $ investieren, 2025 sollen es gemäss dem Finanzdatendienst Koyfin nahezu 65 Mrd. $ sein.

Das Geschäftsmodell von Microsoft und anderen Tech-Riesen verändert sich grundlegend. «Früher hatte uns der Konzern eine Software-CD, die für 1 $ produziert wurde, für 100 $ in einer Pappschachtel verkauft», meint dazu der Tech-Analyst Benedict Evans. «Nun hat er sich zu einem Unternehmen entwickelt, das eine bedeutende Infrastruktur aufbauen muss, um seine Produkte zu verkaufen.»

Die Konsequenzen von Microsofts KI-Investitionen illustriert folgender Vergleich: Im Telecomsektor wenden Branchengrössen wie Verizon typischerweise jedes Jahr rund 15% ihrer Einnahmen für Kapitalinvestitionen auf. Im Fall von Microsoft sind es dieses Jahr mehr als 25%, was auf relativer Basis selbst die Ausgaben von Meta übersteigt. Um den Energiebedarf für all die neuen Rechenzentren zu decken, schliesst Microsoft sogar Stromlieferverträge mit Betreibern von Kernkraftwerken ab.

KI und das Problem mit der Rendite

Bald zwei Jahre nach der Initialzündung durch Microsoft ist die entscheidende Frage hinsichtlich generativer künstlicher Intelligenz noch immer unbeantwortet: Werden sich diese massiven Investitionen in Zukunft wirklich auszahlen?

In Fachkreisen gehen die Meinungen dazu weit auseinander. ChatGPT ist inzwischen ein fester Begriff und KI ein Dauerthema in den Medien. Gemäss einer Erhebung von Reuters hat in den meisten Industrieländern mehr als die Hälfte der Bevölkerung ChatGPT ausprobiert oder zumindest davon gehört. Noch etwas weniger bekannt sind ähnliche KI-Anwendungen wie Gemini von Google oder Copilot, der hauseigene KI-Assistenzdienst von Microsoft zum offiziellen Preis von 30 $ pro Monat und Nutzer.

Keine andere Technologie ist bisher nur annähernd so schnell adaptiert worden. Entsprechend regt das die Fantasie von Investoren an. An den Privatmärkten wird OpenAI bereits zu 157 Mrd. $ bewertet. Inflationsbereinigt hat Microsoft zwanzig Jahre gebraucht, um einen Börsenwert von 150 Mrd. $ zu erreichen, hielt Branchenkenner Evans unlängst in einer Präsentation fest. Dennoch: Die meisten Leute sehen in KI-Diensten wie ChatGPT kaum einen Nutzen, nachdem sie ein- oder zweimal damit experimentiert haben.

Es bleibt damit unklar, wie sich die Technologie auf kommerziell breiter Basis am besten einsetzen lässt. Die meisten Grosskonzerne haben inzwischen zwar Testversuche mit KI-Modellen lanciert, marktreife Anwendungen zu einer nennenswerten Steigerung der Produktivität und Effizienz ergeben sich daraus aber nur vereinzelt.

«Nach all dem Hype um künstliche Intelligenz fällt es schwer, den Wert zu erkennen», befindet eine Umfrage des Beratungsdiensts BCG. Trotz beträchtlicher Investitionen in KI-Projekte können demnach bloss 22% der Unternehmen vorweisen, dass die Technologie auf konzeptioneller Basis immerhin einen gewissen Wert schafft. «Nur 4% der Unternehmen kreieren damit substanziellen Wert», resümiert BCG.

Hinzu kommt ein weiterer Problempunkt. Wesentliche Unterschiede in der Performance verschiedener KI-Modelle sind meist nur schwer zu erkennen. Für «gewöhnliche» Nutzer handelt es sich um Nuancen. Aufgrund der bisherigen Trends erscheint die Wahrscheinlichkeit daher gross, dass sie zu einer Art Massengut werden. Manche Unternehmen wie Meta bieten ihre KI-Basismodelle sogar gratis an. Aus ökonomischer Sicht lässt sich kein Burggraben erkennen.

Chance oder Risiko für Microsoft?

Für Tech-Aktien generell und für Microsoft im Speziellen zeichnet sich für 2025 damit ein Jahr der Entscheidung ab. Anleger werden zusehends ungeduldig, der Softwareriese muss beweisen oder zumindest stichhaltige Indizien vorlegen, dass sich seine enormen Investitionen in künstliche Intelligenz auszahlen werden.

Bisherige Anhaltspunkte lassen diesbezüglich keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu. Anfang 2023 hatte Konzernchef Nadella mit der grossspurigen Ankündigung für Aufsehen gesorgt, mit Hilfe von generativer KI die Dominanz von Google im Geschäft mit Internetsuchen attackieren zu wollen. Seither hat Microsofts Suchmaschine Bing jedoch höchstens marginal Marktanteile gewonnen.

Die grösste Herausforderung ist, dass sich der Effekt von neuen KI-Angeboten wie Copilot auf den Geschäftsgang nur schwer messen lässt. Bei den Präsentationen der Quartalszahlen gibt sich das Management zur Adaption des Assistenzdiensts zwar stets optimistisch. «Copilot ist jedoch ein Teil des Softwarepakets Office, was es schwierig macht, die verschiedenen Komponenten bei der operativen Entwicklung zu überschauen», relativiert Raimo Lenschow, Analyst bei der Grossbank Barclays.

Das Feedback von Kunden ist gemischt. Bill Braun beispielsweise, Chief Information Officer beim Energiekonzern Chevron, sagte gegenüber dem Tech-Magazin «The Information», dass rund 20’000 Mitarbeitende den Copilot-Dienst von Microsoft testen. Doch sein bisheriges Fazit war verhalten: «Es bleibt abzuwarten, ob Copilot für unsere Angestellten hilfreich genug ist, um die Kosten zu rechtfertigen», meinte der Chefinformatiker von Chevron.

Die Konkurrenz nutzt solche Aussagen für Angriffe. «Den Kunden wurden Dinge über KI für Unternehmen erzählt, vielleicht sogar über KI generell, die nicht wahr sind», sagte unlängst Marc Benioff, Konzernchef von Salesforce. Konkret äusserte er sich negativ zum Nutzen und zur Zuverlässigkeit von Copilot. «Microsoft hat nicht nur unserer Branche einen Bärendienst erwiesen, sondern auch der gesamten KI-Forschung», kritisierte er. Dabei verglich er Copilot mit «Clippy», Microsofts Büroklammer-Animation aus den Neunzigerjahren, die Nutzern von Word oder Excel als Assistent dienen sollte und sich als grosser Flop erwies.

Für Irritation an der Börse sorgt vor allem, dass sich der Cloud-Infrastrukturdienst Azure weniger dynamisch entwickelt als erwartet. Im Quartal per Ende September hat sich das Tempo von Microsofts kräftigstem Wachstumsmotor auf 34% gegenüber dem Vorjahr abgeschwächt, nach 35% im Juni-Quartal. Für die laufende Berichtsperiode warnte Finanzchefin Amy Hood vor einer erneuten Verlangsamung auf 31 bis 32%, womit Microsoft die Analystenschätzungen verfehlte. Die Aktien erlitten nach der Publikation der Resultate den grössten Tagesverlust seit zwei Jahren, wogegen die Hauptkonkurrenten Google und Amazon mit den Quartalszahlen zu ihrem Cloud-Geschäft positiv überraschten.

Azure bietet externen Kunden Rechenleistung übers Internet an. Der Dienst wird vermehrt für KI-Anwendungen genutzt, wobei zusätzlich eine Palette von Werkzeugen zum Bau von KI-Modellen offeriert wird. Gemäss dem Management hat die Nachfrage nach KI-Angeboten im letzten Quartal rund 12 Prozentpunkte zum Wachstum von Azure beigetragen. Für die konservative Prognose zum gegenwärtigen Berichtszeitraum werden Kapazitätsengpässe verantwortlich gemacht. Im Verlauf des ersten Halbjahres 2025 soll sich das Wachstum beschleunigen.

Ob das wirklich so eintrifft, dürfte sich erst ab dem Frühjahr zeigen. Vorerst bleibt daher schwierig abzuschätzen, in welchen Umfang Microsoft von der kostspieligen Offensive im Bereich künstliche Intelligenz profitiert. «Das bedeutet, dass Anleger darauf vertrauen müssen, dass die anhaltend hohen Investitionen in Zukunft zu bedeutenden Einnahmen führen werden», argumentiert Barclays-Analyst Lenschow «Wir sind davon überzeugt, können aber nachvollziehen, dass die Börse mehr handfeste Ergebnisse sehen will.»

KI wird für die Aktien zum Schlüsselfaktor

Angesichts dieser Ungewissheit ist es aus Investmentperspektive ratsam, das Gesamtbild nicht aus den Augen zu verlieren. CEO Nadellas Leistungsausweis ist seit seinem Start 2014 ausgezeichnet. In qualitativer Hinsicht zählt Microsoft zum Besten, was die Börse in den USA zu bieten hat.

Das Kerngeschäft mit Software ist im Vergleich zu anderen Segmenten des Tech-Sektors stabil, erwirtschaftet eine überdurchschnittlich attraktive Marge und einen robusten Cashflow. In den vergangenen zwölf Monaten hat Microsoft freie Mittel von 9.77 $ pro Aktie erzielt, was die Vergleichswerte anderer grosser Tech-Konzerne wie Apple und Alphabet deutlich übertrifft.

Der Konzern kann sich die Investitionen in KI gut leisten. Selbst wenn Nadellas Wette nicht aufgehen sollte, wird Microsoft nicht in eine existenzielle Krise stürzen. Andererseits ist aber auch klar, dass die Aktien nichts für Schnäppchenjäger sind und wie die meisten Valoren aus dem Tech-Sektor ihren Preis haben. Auf Basis der Analystenschätzungen für die nächsten zwölf Monate beträgt das Verhältnis von Unternehmenswert zu Umsatz fast 12, was historisch wie auch im Marktvergleich einer Prämie entspricht.

Bleiben die Infrastrukturinvestitionen auf dem gegenwärtigen Niveau oder nehmen zu, steigen die Amortisationskosten. Wie Amazon, Alphabet und Meta hat Microsoft die geschätzte Lebensdauer von Grossrechnern inzwischen zwar von vier auf sechs Jahre verlängert. Mit solchen Kniffen in der Rechnungslegung lässt sich der wachsende Druck auf den Gewinn jedoch nur teilweise abfedern.

Hinzu kommt, dass Microsoft einen erheblichen Teil des Wachstums während der letzten zwölf Monate der 69 Mrd. $ teuren Akquisition von Activision Blizzard verdankt. Gemäss Geschäftsbericht hat der Videospielhersteller in den vergangenen vier Quartalen jeweils rund 3 bis 4 Prozentpunkte zur Steigerung der Einnahmen beigetragen.

Dieser positive Effekt fällt fortan weg. Die weitere Kursentwicklung hängt damit noch stärker davon ab, ob der Konzern bald mit eindeutigen Fakten belegen kann, dass sich die Monsterwette auf künstliche Intelligenz auszuzahlen beginnt.


Deep Diving

An dieser Stelle präsentieren wir wie immer einige Links, die einen vertieften Einblick in ein aktuelles Thema geben:

  • Mustafa Suleyman zählt zu den klügsten Köpfen im Bereich künstliche Intelligenz. Er gehörte zu den Gründern des KI-Unternehmens DeepMind, das 2014 von Google übernommen wurde. 2022 lancierte er mit Inflection eine neue KI-Firma und wurde diesen Sommer von Microsoft angeheuert, wo er nun Chef für KI ist. Im Interview mit dem Tech-Magazin «The Verge» äussert sich Suleyman zu seiner Arbeit bei Microsoft, der Kooperation mit OpenAI und dazu, wann es künftig wirklich superintelligente Computer geben könnte.
  • Es ist die grösste Direktinvestition eines ausländischen Konzerns in den USA: In Arizona, unweit von Phoenix, baut der taiwanische Halbleiterkonzern TSMC ein Werk zur Herstellung hochleistungsfähiger Computerchips für 20 Mrd. $. Die Produktion ist nun in der Testphase und soll nächstes Jahr hochgefahren werden. Der Börsensender «CNBC» berichtet in dieser Reportage über das gigantische Projekt und die Herausforderungen bei seiner Umsetzung.
  • Nvidia ist der grösste Profiteur des Investitionsbooms im Bereich künstliche Intelligenz. Der Kurs des Designers von KI-Chips hat sich in den letzten zwei Jahren fast verachtfacht, der Börsenwert beträgt nun mehr als 3,2 Bio. $. Was ist das Erfolgsgeheimnis von Konzerngründer Jensen Huang? Dieser Frage geht der Finanzjournalist Tae Kim in seinem neuen Buch «The Nvidia Way» nach. Ein Interview mit Kim hat die Online-Publikation «Sherwood News» geführt.

Und zum Schluss noch dies: Ballmer’s Wall

Es ist eine Art Anomalie. 2024 hinkt Microsoft dem US-Leitindex S&P 500 hinterher. In den letzten zehn Jahren war das sonst nur einmal der Fall: 2022, als Tech-Aktien den kräftigen Wachstumsschub während der Pandemie verdauen mussten und Inflationssorgen den Sektor belasteten.

Wer gegen Microsoft wettet, hat es demnach bisher meist bereut. Gemessen an der Gesamtrendite, inklusive Dividenden, zählen die Titel in den letzten zehn Jahren zu den besten Anlagen an der US-Börse. Die Gesamtperformance beträgt phänomenale 1027%, der S&P 500 verbucht ein Plus von 263%.

Mit einer Kapitalisierung von fast 3,4 Bio. $ gehört «Mr. Softie» zusammen mit Apple und Nvidia gegenwärtig zu den drei wertvollsten Konzernen der Welt – nicht zum ersten Mal. Bereits auf dem Zenit der Internethausse zur Jahrtausendwende rangierte Microsoft an der Spitze von Corporate America. Keinem anderen Tech-Superstar von damals ist ein ähnliches Comeback gelungen.

Einer der grössten Profiteure dieser eindrücklichen Performance ist Steve Ballmer. Dies, obschon er es möglicherweise nicht unbedingt verdient hat. Als vormaliger Microsoft-CEO war er an der Börse unbeliebt. Als er am 23. August 2013 überraschend seinen Rücktritt ankündigte, machte der Kurs einen Freudensprung von über 7%.

Ballmer, dessen Vater angeblich aus der Solothurner Gemeinde Zuchwil stammen soll, hat aber etwas goldrichtig gemacht: Er hat die meisten seiner Microsoft-Aktien behalten. Gemäss dem Bloomberg Billionaires Index beläuft sich sein Anteil am weltgrössten Softwarekonzern noch immer auf rund 4%. Er ist damit der grösste Privatinvestor im Aktionariat – sogar noch vor Unternehmensgründer Bill Gates, der einen bedeutenden Teil seiner Aktien seiner Stiftung vermacht hat.

Ballmers Vermögen wird je nach Quelle auf rund 130 bis 160 Mrd. $ geschätzt. Das macht ihn zum neuntreichsten Menschen der Welt. Mehr als 90% seines Besitzes macht die Beteiligung an Microsoft aus. Zudem ist er stolzer Besitzer der Los Angeles Clippers. Dem Basketball-Team aus der Profiliga NBA, das Ballmer 2014 für 2 Mrd. $ gekauft hat, wird gegenwärtig ein Wert von 5,5 Mrd. $ zugemessen.

Clippers-Fans dürften Ballmer wesentlich mehr schätzen als seinerzeit die Microsoft-Aktionäre. Im bisherigen Saisonverlauf schlägt sich die Mannschaft mit dem Ausnahmekönner James Harden besser als die Lakers, der prestigeträchtige Stadtrivale. Vor allem aber hat Ballmer seinem Team für 2 Mrd. $ einen Sportpalast der Superlative gebaut, der an seinen Ambitionen auf den Meistertitel keinen Zweifel lässt.

Für den Intuit Dome, benannt nach der Finanzsoftwarefirma Intuit als Namenssponsor und am 23. Oktober offiziell als Heimstadion der Clippers eröffnet, hat Balmer weder Aufwand noch Kosten gescheut. Von der Anzahl der Toiletten über die Beinfreiheit bei jedem Sitz bis hin zur genauen Breite der Eingangstüren war ihm kein Detail zu unbedeutend.

Die grösste Besonderheit der Sportarena im Stadtteil Englewood, unweit des Flughafens LAX, ist «The Wall». Der Zuschauerbereich für eingefleischte Clippers-Anhänger direkt hinter einem der beiden Körbe umfasst 51 Reihen an Stehplätzen. Die Mauer aus Hardcore-Fans soll für besonders ausgelassene Stimmung im Stadion sorgen und den Gegner bei Freiwürfen irritieren. Offenbar funktioniert das Konzept, wie erste statistische Auswertungen zeigen.

Ballmer, schon zu Microsoft-Zeiten für seine emotionalen Ausbrüche bekannt, lässt es sich dabei auch im Alter von 68 Jahren nicht nehmen, sein Team an vorderster Front anzufeuern.

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