Mittwoch, Februar 12

Das traditionsreiche Schweizer Reiseunternehmen kommt in neue Hände. Der neuen Besitzerin gehören hierzulande bereits die Marken Kuoni und Helvetic Tours.

Bei der Migros geht eine weitere Ära zu Ende. Nach einem Jahr der Veräusserungen verkauft der Detailhändler wie angekündigt nun auch noch seine traditionsreiche Reisetochter Hotelplan. Nachfolgend die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Was für eine Firma ist die Käuferin Dertour?

Dertour ist die Reisetochter des deutschen Detailhändlers Rewe. Mit einem Umsatz von rund 7,2 Milliarden Euro ist die Firma deutlich grösser als Hotelplan (1,7 Milliarden Franken).

In der Schweiz ist das Unternehmen nicht unbekannt. So hat Dertour unter anderem Kuoni übernommen. Es gehören aber auch Helvetic Tours und spezialisierte Marken wie Kontiki oder Frantour dazu. Die Hotelplan-Marken sollen aber unter der neuen Eigentümerschaft beibehalten werden.

Zudem betreibt Dertour seit 2006 den Reiseveranstalter ITS Coop Travel als Gemeinschaftsunternehmen mit dem Detailhändler Coop.

Wie viel bezahlt die Käuferin der Migros für Hotelplan?

Der Verkaufspreis wird nicht bekanntgegeben. Allzu viel dürfte die Migros aber nicht erhalten. Ein Branchenkenner nennt für den Reisebereich als Faustregel einen Wert des Sieben- bis Achtfachen des Betriebsgewinns. Das wären bei Hotelplan rund 200 Millionen Franken.

Was heisst der Verkauf für die Mitarbeitenden von Hotelplan?

Wie die Migros in der Mitteilung schreibt, sollen die Angestellten von Hotelplan im Rahmen der Transaktion übernommen werden. Um einen Nutzen aus der Übernahme ziehen zu können, wird Dertour aber dereinst wohl Kosten einsparen wollen. So ist anzunehmen, dass das Unternehmen neben seinen gut 70 Reisebüros langfristig nicht alle rund 80 Hotelplan-Filialen weiterführen wird.

Auch in der IT werde Dertour kaum sämtliche Kapazitäten brauchen, die heute bei Hotelplan noch vorhanden sind, schätzen Branchenkenner. Insgesamt hat die Hotelplan-Gruppe fast 2500 Angestellte, in der Schweiz sind es rund 1200.

Was passiert mit den gebuchten Reisen?

Für Kunden, die bereits bei einem Unternehmen der Hotelplan-Gruppe Ferien gebucht haben, ändert sich mit dem Verkauf nichts. Ein Käufer ist verpflichtet, verkaufte Leistungen zu erbringen oder auch Gutscheine zu akzeptieren.

Sollte es dennoch einmal aus irgendeinem Grund zu einer «wesentlichen Vertragsänderung» seitens des Veranstalters kommen, können Kunden kostenlos von einer Buchung zurücktreten, sagt Walter Kunz, Ombudsman der Reisebranche. Diese Regel hat immer ihre Gültigkeit und steht nicht in Zusammenhang mit einer Firmenübernahme.

Kunz ist aber zuversichtlich, was den Verkauf angeht. Er erinnert an die Übernahme von Kuoni durch Dertour 2015, die in dieser Hinsicht problemlos über die Bühne gegangen sei.

Warum verkauft die Migros Hotelplan?

Der Detailhändler hat Anfang Jahr angekündigt, sich stärker auf seine Supermärkte konzentrieren zu wollen, um besser mit der Konkurrenz durch Coop und die Discounter Aldi und Lidl mithalten zu können. Darum stösst das Unternehmen verschiedene Geschäftsbereiche ab, die nicht zum Kerngeschäft gehören.

Läuft das Reisegeschäft schlecht?

Die einzelnen Bereiche von Hotelplan rentieren sehr unterschiedlich. Das Pauschalreisegeschäft mit Badeferien etwa ist hart umkämpft und hat eher tiefere Margen. Es macht knapp die Hälfte des Umsatzes aus. Hingegen gilt der Ferienhausvermieter Interhome als attraktiv. Auch das Spezialreisegeschäft von Hotelplan in Grossbritannien, das Ski-, Wander- oder Veloreisen anbiete, ist laut Experten eine interessante Nische.

Werden die Behörden den Zusammenschluss bewilligen?

Tatsächlich schliessen sich mit Hotelplan und Dertour zwei der drei grössten Anbieter auf dem Schweizer Reisemarkt zusammen. Danach wären von den grossen Akteuren nur noch Dertour und die deutsche TUI präsent.

Allerdings hat sich in der Praxis gezeigt, dass Firmenübernahmen in der Schweiz höchst selten von der Wettbewerbskommission untersagt werden. Das belegen etwa die Zukäufe von Migros und Coop in den letzten Jahrzehnten.

Im Falle der Reisebranche kommt dazu, dass viele Kunden heute ihre Ferien selber online organisieren, was die Marktmacht der grossen Anbieter tendenziell beschränkt.

Was passiert mit dem Ferienwohnungsvermittler Interhome?

Der Ferienwohnungsvermittler Interhome, eine Hotelplan-Tochter, wird für 150 Millionen Euro an die deutsche Hometogo-Gruppe verkauft. Das Unternehmen soll auch unter dem neuen Besitzer als eigenständige Firma bestehen bleiben.

Wann ist Schluss mit Firmenverkäufen bei der Migros?

Von den angekündigten Verkäufen ist als grösster Brocken noch die Zukunft der Kosmetikherstellerin Mibelle offen. Hier hatte die Migros von Anfang an gesagt, dass die Käufersuche länger dauern könnte. Ob sich tatsächlich jemand findet, der sowohl die Kosmetikherstellung als auch die Putzmittelfabrikation sowie die Herstellung von Margarine übernimmt, ist zu bezweifeln.

Bei den Fachmärkten muss die Migros noch entscheiden, was sie mit der Möbelhändlerin Micasa und den Baumärkten von Do it + Garden machen will. Zwei Grossfilialen von Do it + Garden wird die deutsche Obi-Gruppe übernehmen, die zudem die bisher von der Migros als Franchise geführten Obi-Märkte in der Schweiz in Eigenregie führen wird.

Bereits klar ist, dass die Fachmärkte Melectronics und SportX verschwinden. Verkauft wurde auch die Veloladenkette Bike World.

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