Der argentinische Präsident liebt Auftritte und Selfies mit Fans in aller Welt. An internationalen Konferenzen wie jener des Mercosur fällt er dafür durch Abwesenheit auf.
Es war ein historischer Mercosur-Gipfel, der am Dienstag zu Ende ging. Nach mehreren Anläufen nahm die südamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft Bolivien als fünftes Mitgliedland auf. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva feierte den Beitritt als grossen strategischen Gewinn für den Staatenbund. Der Mercosur werde nun zu einem wichtigen Glied in der Produktionskette für die globale Energiewende.
Der erweiterte Mercosur könnte in der Tat ein bedeutender Akteur bei der Umstellung der Volkswirtschaften weltweit auf emissionsfreie Prozesse werden: Bolivien und Argentinien verfügen nicht nur über die weltweit grössten Vorkommen an Lithium, das in Batterien verwendet wird. Der Mercosur kann neben Kupfer auch eine breite Palette an seltenen Erden und kritischen Mineralien liefern, die angesichts der geopolitischen Spannungen zwischen China und den USA für den Westen immer wichtiger werden. Zudem wird in den Mitgliedländern Uruguay, Paraguay und Brasilien Strom überwiegend aus nachhaltigen Energiequellen gewonnen.
Mileis Abwesenheit warf einen Schatten auf Mercosur-Gipfel
Überschattet wurde die Feier des erweiterten Mercosur allerdings durch die Abwesenheit des argentinischen Präsidenten Javier Milei – dabei ist Argentinien nach Brasilien die zweitgrösste Volkswirtschaft des südamerikanischen Blocks. Zuvor hatte sich der libertäre Präsident auch noch einen Affront gegen Brasilien geleistet.
Am Sonntag war Milei auf Einladung von Ex-Präsident Jair Bolsonaro zu einem Treffen von Rechtspopulisten in den Süden Brasiliens gereist, seine einzige Reise ins Nachbarland seit dem Amtsantritt. Zwar hielt sich Milei mit persönlichen Angriffen auf Lula zurück. Doch zuvor hatte er ihn erneut als «korrupten Kommunisten» beschimpft.
Mit seinen häufigen Auftritten als weltweiter Pop-Star der neuen Rechten will Milei offenbar seine Popularität bei seinen Anhängern sichern. Gleichzeitig scheint der Präsident allerdings immer weniger daran interessiert zu sein, die aussenpolitischen Interessen seines Landes zu vertreten. Damit isoliert er Argentinien und schadet sich selbst.
Denn Milei nutzt seine Auftritte im Ausland weder, um für Argentinien zu werben, noch um Netzwerke unter den konservativen Regierungen der Welt zu knüpfen. Er hat bisher keinen der wichtigsten Handelspartner (Brasilien, China, USA, EU) offiziell besucht und keine konkreten Schritte angekündigt, wie er einen Beitritt zur Nato und zur OECD vorantreiben will.
Milei macht lieber ein Selfie, als zu verhandeln
Milei zieht es vor, professorale Reden bei Ordensverleihungen in aller Welt zu halten. Zuverlässig beschimpft er die Linke und tritt auf wie ein Rockstar. Selfies mit Fans bei Silicon-Valley-Unternehmern oder Politikern wie Donald Trump scheinen ihm wichtiger zu sein als das Aushandeln internationaler Abkommen. Gleichzeitig wird seine Aussenpolitik immer ideologischer.
Beim Treffen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in der paraguayischen Hauptstadt Asunción hatte Milei vergangene Woche angeordnet, alle Resolutionen abzulehnen, die sich positiv auf die Uno-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beziehen. Passagen zu den Themen Gender, geschlechtsspezifische Gewalt, Homosexuelle und Klimawandel sollten aus der Abschlusserklärung gestrichen werden.
Dieser ideologische Kurs Mileis könnte die Verhandlungen zwischen Mercosur und der EU wie der Efta erneut blockieren – so wie unter dem rechtspopulistischen Präsidenten Bolsonaro in Brasilien. Damals legten die Europäer die Verhandlungen wegen Bolsonaros Klimapolitik auf Eis.
Für die zahlreichen Gegner eines Abkommens mit dem Mercosur in Europa ist Mileis strammer Rechtskurs eine Steilvorlage. Er könnte zum Argument – oder zum Vorwand – werden, die Verhandlungen erneut abzubrechen.

