Der Rekordmeister rutscht nach dem 0:3 gegen den FC Zürich ans Tabellenende. Der neue GC-Sportchef Alain Sutter sieht einen bedenklichen Auftritt seines Teams. Kann es noch Rettung geben?

Da war nur noch Leere. Als die GC-Spieler nach dem 0:3-Bankrott im Derby zur Fankurve schlichen, empfing sie der letzte Rauch eines verlöschenden Feuers. Die Fans hatten ihre Choreo verbrannt und sich aus dem Staub gemacht. Ein paar von ihnen wollten die Tiefgarage stürmen, die Polizei hielt sie zurück. Nach dem dritten Gegentor war ein Böller als letzte Verlautbarung explodiert. Am vorletzten Samstag war es auf der Winterthurer Schützenwiese noch zu einer minutenlangen Aussprache gekommen. Darauf hatte am Samstag niemand Lust. Da war nur noch die stille Leere bodenloser Enttäuschung.

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«Die Mannschaft hatte Bleiwesten an, man spürte den Druck, der auf den Spielern lastet», sagte Alain Sutter nach dem Spiel im TV-Interview. Sutter ist seit einer Woche neuer GC-Sportchef, er habe versucht, der Mannschaft «eine gewisse Gelassenheit» zu vermitteln. Davon war nichts zu sehen. Die Grasshoppers wirkten steif und verschüchtert wie eine Schulklasse, die schon vor der Prüfung weiss, dass sie durchfallen wird. Immerhin hatte Sutter noch eine Empfehlung parat: «Jeder Spieler muss für sich einen Weg finden, sich vom Druck zu befreien.»

Der Captain ist «durch den Wind», der Trainer ratlos

Der GC-Captain Amir Abrashi machte nicht den Eindruck, dass er nach dem Match für sich diesen Weg bereits gefunden hat. Er sei «durch den Wind» und müsse jetzt gehen, entschuldigte sich der 35-Jährige, nachdem selbst ihm als GC-Leitwolf Worte und Energie ausgegangen waren. «Gegen Yverdon müssen wir am Mittwoch gewinnen, sonst hat ganz GC ein richtig grosses Problem», hatte er noch gesagt.

Nach dem Remis von Yverdon gegen Sitten ist GC zwei Punkte hinter Yverdon Tabellenletzter. Der FC Winterthur hat dank dem 4:1 in St. Gallen die Aufholjagd fortgesetzt und ist mit drei Zählern Vorsprung auf GC auf den 10. Rang geklettert. Wie soll sich der Rekordmeister aus der misslichen Lage befreien?

«Heute weiss ich es nicht», sagte der GC-Trainer Tomas Oral, «hoffentlich weiss ich es einen Tag später.» Oral sass gesperrt neben Sutter auf der Tribüne, für ihn coachten die GC-Assistenten das Team. Immerhin stand der Deutsche nach dem Match Red und Antwort. «Die Truppe hätte meinen Halt gebraucht», sagte Oral, «ich bin selber schuld, dass mein Fehler die Herangehensweise ans Spiel zusätzlich erschwert hat.» Oral hatte in Winterthur den Schiedsrichter bedrängt, als dieser vor dem Bildschirm seinen Penaltypfiff für GC überprüfte und prompt zurücknahm. Was gibt Oral den Glauben, dass sich seine Mannschaft noch aus dem Sumpf ziehen kann? «Die erste Halbzeit gegen Winterthur», sagt er. Das ist dünn, dünner als ein Strohhalm, dünn wie ein seidener Faden.

Dass der direkte Abstieg für GC nun am seidenen Faden hängt, hat viel mit dem deutschen Trainer zu tun. Mit Yannick Bettkober stellte er einen 20-jährigen Rechtsverteidiger auf den Platz, der beim zweiten Einsatz in der Super League völlig überfordert war. Mit Nikolas Muci und Adama Bojang blieben zwei Stürmer mit je sechs Torerfolgen bis kurz vor Schluss auf der Ersatzbank. Die 19-jährige Bayern-Leihgabe Nestory Irankunda ist seit Wochen völlig von der Rolle. Mathieu Choinière und Young Lee schafften es nicht einmal ins Kader, Sonny Kittel und der YB-Leihspieler Noah Persson hatten sich kurz vor dem Match verletzt abgemeldet.

Taktik, Einstellung und Gespür für die Spieler scheinen dem Trainer abhandengekommen zu sein. «Wir haben das Momentum weggeschenkt», klagte Oral. Vielleicht kippt das verschenkte Momentum gegen Yverdon, am Samstag in Sitten und am übernächsten Donnerstag gegen den FC St. Gallen oder danach in der Barrage wieder auf Orals Seite, bleibt er so lange GC-Trainer.

Sutter und die «Herkulesaufgabe»

«Mir ist bewusst, dass ich eine Herkulesaufgabe übernommen habe», sagte Sutter vor dem Match. Nach der Niederlage vom Samstag sieht es danach aus, dass die «Herkulesaufgabe» in der Challenge League anfangen könnte. GC hat Erfahrung damit. Nach dem Abstieg 2019 kehrte der Rekordmeister unter chinesischen Besitzern wieder zurück in die Super League. Jetzt sitzen die Eigentümer in Los Angeles. Wie sie mit dem drohenden Abstieg umgehen, ist nicht überliefert.

An einem Business-Treff in Hamburg sagte die GC-Präsidentin Stacy Johns Ende Februar, man sei «auf einem guten Weg in Zürich». Als Höhepunkt ihrer Präsidentschaft beschreibt Johns im Interview die Barrage gegen den FC Thun im Frühling 2024. «Ich habe den Super Bowl und den MLS-Cup gewonnen. Trotzdem war das 2:1 im Rückspiel gegen den FC Thun der unglaublichste Sieg, den ich je erleben durfte.» Vielleicht erlebt Johns Ende Mai wieder Ähnliches, gegen den FC Aarau oder Étoile Carouge. Noch ist alles möglich.

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