Donnerstag, Januar 30

Mit Ritter hätten fünf von sieben Mitgliedern einen bäuerlichen Hintergrund. Er stellt seinen Führungswillen in den Mittelpunkt – das ist eine Chance für die anderen Kandidaten, sich als Alternative zu positionieren.

Als Markus Ritter schon nur mit einer Kandidatur liebäugelte, kursierte in links-grünen Kreisen eine Horrorvision. Im Jahr 2031, wenn der Mitte-Mann aus dem St. Galler Rheintal Bundespräsident sein wird, werden die Mitglieder der Landesregierung auf dem offiziellen Bundesratsfoto Edelweisshemden tragen. Und sie werden die inoffizielle Uniform der Bauern mit Stolz tragen.

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Albert Rösti als Ingenieur-Agronom, Elisabeth Baume-Schneider als Züchterin von Schwarznasenschafen, Beat Jans als gelernter Landwirt und Ritter dannzumal wohl als Ehrenpräsident des Schweizerischen Bauernverbandes. Der zurückgetretene Guy Parmelin würde das Foto als Winzer in Bursins mit einem Lächeln betrachten.

Als nun am Dienstag Ritter seine Kandidatur für die Nachfolge von Viola Amherd an einer Medienkonferenz bekanntgab, war die Macht, die er als «Bauerngeneral» in den letzten Jahren ausgeübt hat, kein Thema. Denn Ritter spielte einmal mehr Powerplay. Er vermittelte den Eindruck, mit dem Kapitel Bauernverband abgeschlossen zu haben. Der Rollenwechsel war total. Der Gefreite Ritter, der bisher nicht als Sicherheitspolitiker aufgefallen war, präsentierte sich als Mann, der antritt, um im Verteidigungsdepartement aufzuräumen.

Auf dem Weg zur «Agrokratie»

Von Bescheidenheit, wie sie Politikerinnen und Politiker in der Schweiz in solchen Situationen oft an den Tag legen, war bei Ritter nichts zu spüren. Kein «Ich werde das Departement übernehmen, das mir zugeteilt wird» oder «Nach meiner Wahl werde ich die Situation im VBS erst einmal gründlich analysieren». Stattdessen erklärte Ritter, dass er aufgrund seiner Führungserfahrung die Problemfelder im schwierigen Departement sofort angehen werde. Natürlich mit dem bestehenden Team, aber mit ihm als unangefochtenem Chef.

Die Botschaft des St. Galler Nationalrats an die Vereinigte Bundesversammlung ist unmissverständlich: Wer Ritter wählt, erhält einen Bundesrat, der es gewohnt ist, sich durchzusetzen und damit meist das gewünschte Resultat zu erzielen. Dies zeigte sich etwa im Wahlkampf 2024, als er mit dem Bauernverband eine Allianz mit dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse, dem Arbeitgeberverband und dem Gewerbeverband einging. Gewinner dieser «Geld-und-Gülle-Allianz» war die Landwirtschaft. Wer Ritter wählt, will oder muss in Kauf nehmen, dass die Schweiz noch mehr zur «Agrokratie» wird.

Die Positionierung Ritters im Hinblick auf die Wahl vom 12. März ist ein starkes Signal, birgt aber ein hohes Risiko. In der Vergangenheit hat sich das Parlament oft gescheut, starke Persönlichkeiten in den Bundesrat zu wählen und damit das Risiko einzugehen, von der Landesregierung dominiert zu werden. Ritters Positionierung öffnet das Feld für andere potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten, die ihre Karten bisher noch nicht auf den Tisch gelegt haben.

Korrektur bei Rücktritt Parmelins

Andrea Gmür-Schönenberger, Philipp Kutter, Christophe Darbellay und allfällige weitere Anwärter haben nun die Chance, andere Qualitäten in den Vordergrund zu stellen. Sie können sich als Brückenbauer, Teamplayer, Vertreter des urbanen Raumes oder Politiker mit einer Vision für das Land Schweiz präsentieren. Interessant wird sein, ob Ritters Konkurrenten die Übervertretung der Landwirtschaft im Bundesrat aktiv zum Thema machen und ob es Ritter gelingt, diese Schwäche seiner Kandidatur zu überspielen.

Wenn die Vereinigte Bundesversammlung zum Schluss kommt, dass Markus Ritter der beste Kandidat ist, darf ihm seine Verankerung im Bauerntum den Weg in die Landesregierung nicht verbauen. Gewählt werden soll die Kandidatin oder der Kandidat mit der besten Qualifikation. Doch bei der Wahl des Nachfolgers von Guy Parmelin müsste die starke Übervertretung des Agrarsektors korrigiert werden.

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