In einem niederländischen Museum wurden wertvolle Goldschätze des Volks der Daker gestohlen. Die Kunstwerke sind Bestandteil des nationalen Kulturerbes Rumäniens. Die Sicherheitsvorkehrungen werfen Fragen auf.
Der Diebstahl erinnert an jene besonders brachialen Vorgehensweisen, bei welchen ganze Geldautomaten in die Luft gejagt werden. Dabei geht es in diesem Fall nicht um schnöden Mammon, sondern um Gold in Form von Kunst. Am vergangenen Samstag haben sich drei Männer mit Sprengstoff Zugang zum kulturhistorischen Drents Museum im niederländischen Assen verschafft und den berühmten Goldhelm von Cotofenesti gestohlen. Der Helm ist aus purem Gold gefertigt, wiegt rund ein Kilogramm und wird auf ein Alter von 2500 Jahren geschätzt.
Ein Kind hatte ihn 1928 in dem Dorf Cotofenesti entdeckt. Heute ist der goldene Kopfschutz in jedem Schulbuch abgebildet, in Rumänien kennt den Helm jedes Kind. Als eines der bekanntesten und populärsten Kulturgüter des Landes stellt der Helm, der einem König zu zeremoniellen Zwecken gedient haben dürfte, ein wichtiges Stück rumänische Identität dar. «Das wäre für die Niederländer so, als würde Rembrandts ‹Nachtwache› gestohlen», sagte die rumänische Kulturjournalistin Claudia Marcu gegenüber dem niederländischen Fernsehen.
Ein Volk des Goldes
Der kostbare Goldhelm war eine Leihgabe des Historischen Nationalmuseums in Bukarest. Zusammen mit den ebenfalls geraubten Armreifen aus Sarmizegetusa, der Hauptstadt des Daker-Reiches, stellte er das Highlight der Ausstellung «Dakien! Königreich des Goldes und des Silbers» dar. Mit rund 600 Exponaten galt die Schau den kulturellen Zeugnissen der Daker, eines Volks, das seit dem ersten Jahrtausend vor Christus in den Karpaten im Gebiet des heutigen Rumäniens lebte.
Die Daker waren berühmt für ihre Goldschmiedearbeiten. Bei Herodot wurden sie als ein «mit Gold bedecktes Volk» beschrieben. Während der Dakerkriege eroberte schliesslich der römische Kaiser Trajan 106 n. Chr. das Gebiet. 200 Jahre lang war Dakien römische Provinz, was den romanischen Einfluss in Sprache und Kultur des heutigen Rumänien erklärt.
Der Raub wird in Rumänien von höchster politischer Seite beklagt. Präsident Klaus Iohannis unterstrich die besondere kulturhistorische und symbolische Bedeutung, Ministerpräsident Marcel Ciolacu betonte den «unschätzbaren Wert» der Stücke. Den Verantwortlichen war die Ausstellung ein grosses Anliegen. Mit dem Goldhelm, der schon mehrmals als Leihgabe seine Heimat verlassen hatte, wollte man nicht nur die «alte und reiche Kultur Rumäniens» vermitteln, die in Westeuropa nur wenig bekannt ist. Auch sollte die Schau zeigen, «dass wir kein Land von Dieben, Bettlern und Erdbeerpflückern sind», wie sich der Direktor des Historischen Nationalmuseums in Bukarest Ernest Oberländer-Tarnoveanu in niederländischen Medien zitieren liess.
Fragwürdige Sicherheitsvorkehrungen
Jetzt fahnden die niederländische Polizei und Interpol nach den Tätern. Bisher wurde nur ein ausgebranntes Fluchtfahrzeug gefunden. Der dreiste Diebstahl wirft die Frage auf, wie sicher das Museum überhaupt war. Wachpersonal rund um die Uhr fehlte. Elektronische Sicherungssysteme und Videoüberwachung allein reichen aber längst nicht mehr aus in Zeiten, in denen selbst Juweliergeschäfte bewaffnete Sicherheitsleute anstellen.
Noch gut in Erinnerung ist der Dresdner Juwelendiebstahl von 2019. Damals wurden aus dem Grünen Gewölbe des Residenzschlosses Schmuckstücke mit 4300 Diamanten im Versicherungswert von über hundert Millionen Euro gestohlen. Ein Grossteil des Schatzes aus der Zeit Augusts des Starken konnte allerdings gerettet werden. Für den Rest muss befürchtet werden, dass die Schmuckstücke zerlegt wurden. Verantwortlich zeichnete der Remmo-Clan, eine arabischstämmige Grossfamilie in Deutschland, auf deren Konto auch der Diebstahl einer hundert Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Bode-Museum ging.
Ob er auch hinter dem Fall des Daker Goldhelms steckt? Jedenfalls geht es nun um einen Wettlauf mit der Zeit. Die Gefahr ist gross, dass die bedeutenden Goldobjekte eingeschmolzen werden, sind sie doch auf dem Markt kaum absetzbar. Das käme einer Katastrophe für die kulturelle Identität Rumäniens gleich.