Schweizer Rohstoffhändler hoffen, dass die Sanktionen bald enden und sie wieder mit russischem Öl handeln können. Sie träumen, wie auch Präsident Trumps jüngster Ausbruch gegen Wladimir Putin zeigt.
Es war einmal eine Welt, in der Russland frei mit dem Westen handelte. Durch die Ostsee strömte günstiges Pipeline-Gas, und auf den Weltmeeren verschifften riesige Tanker Millionen von Fässern mit günstigem russischem Rohöl. Vieles davon steuerten Rohstoffhändler aus Genf und Zug – sie sorgten mit dafür, dass die Russen mit ihren fossilen Vorkommen die Kasse des Kremls füllten.
Mit dem russischen Überfall auf die Ukraine ist diese heile Energiewelt untergegangen. Doch nun scheinen manche zu glauben, dass eine Rückkehr in die Vergangenheit möglich ist: Sachsens Ministerpräsident, der CDU-Politiker Michael Kretschmer, hält es für «völlig aus der Zeit gefallen», dass Deutschland an den Sanktionen gegen Russland festhält. An einer Branchenkonferenz der Rohstoffhändler sprachen einige CEO bereits von einem Ende der Erdöl-Sanktionen und kündeten an, dass sie in diesem Fall umgehend wieder Geschäfte mit Russland aufnehmen würden.
Das ist Träumerei. Angesichts der aggressiven Kriegspolitik Russlands wäre es fahrlässig, wieder normale Handelsbeziehungen zu dem Land aufzunehmen.
Trump kritisiert Putin, kann seine Meinung aber wieder ändern
Die Rohstoffhändler haben sich von den Schlagzeilen rund um einen möglichen Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland zu vorschnellen Schlüssen verleiten lassen. Selbst Donald Trump – der ursprünglich innerhalb von 24 Stunden einen Frieden aushandeln wollte – scheint einzusehen, dass die Russen nicht so rasch auf seine Forderung nach einem Friedensabkommen eingehen werden.
Am Sonntag sagte der amerikanische Präsident, er sei «stinksauer», weil Putin die Glaubwürdigkeit von Wolodimir Selenski hinterfrage und so die Verhandlungen verzögere. «Wenn keine Vereinbarung gelingt und ich glaube, dass Russland daran die Schuld trägt, werde ich weitere Sanktionen gegen Russland verhängen», kündete Trump an. Handelspartner, die dann noch russisches Öl importierten, werde er mit Zöllen bestrafen. Besonders stark würde das China und Indien treffen, die zusammen fast 90 Prozent aller russischen Rohölexporte erhalten.
Zum Nennwert sollte man die Äusserungen des amerikanischen Präsidenten jedoch nicht nehmen. Donald Trump hat schon mehrfach bewiesen, wie schnell er seine Meinung ändern kann. Momentan trägt für ihn Putin die Schuld, dass er sein Abkommen nicht bekommt. Wenn die Ukrainer aber beispielsweise das von den Amerikanern diktierte Rohstoffabkommen nicht unterzeichnen, könnte schon morgen Selenski wieder der Kriegstreiber sein und Putin der Friedensapostel.
Alles, was Trump über Putin oder Selenski sagt, ist Verhandlungstaktik. Es soll dazu beitragen, dass die beiden einen Waffenstillstand vereinbaren und ihm so zu einem politischen Erfolg verhelfen. Wie nachhaltig der Frieden dann wirklich ist, scheint für Trump eine untergeordnete Rolle zu spielen. Bekommen die Amerikaner ihr Abkommen, ist es gut möglich, dass sie die Sanktionen lockern und sich wirtschaftlich wieder Russland annähern.
Russland bleibt ein offensichtliches Risiko für Europa
Die Europäer hingegen werden erst wieder über Wirtschaftsbeziehungen mit Russland nachdenken, wenn ein Friedensabkommen mit ernstgemeinten Sicherheitsgarantien einhergeht – nicht nur für die Ukraine, sondern für ganz Osteuropa.
Doch davon könnte Russland im Moment kaum weiter weg sein.
Während Amerikaner und Russen in Saudiarabien über Frieden und Geschäft sprechen, warnen zahlreiche Militärexperten vor dem Sicherheitsrisiko, das Russland für Europa darstellt. Das Land führt einen hybriden Krieg; russische Schiffe beschädigen seit Monaten immer wieder Unterseekabel. Die russische Industrie hat auf Kriegswirtschaft umgestellt, sie baut beispielsweise mehr neue Kampfpanzer als die grössten Nato-Nationen zusammengerechnet. Im Vergleich zu Vorkriegszeiten habe Russland die Anzahl seiner Soldaten verdoppelt, sagt Carsten Breuer, der Generalinspekteur der Bundeswehr. Nachrichtendienste mahnen, dass Russland bis 2029 für einen Angriff auf ein europäisches Nato-Land gerüstet sein könnte.
Ein solches Russland wird auf absehbare Zeit kein vertrauenswürdiger Handelspartner werden. Die Schweizer Rohstoffhändler werden sich noch lange gedulden müssen, bis sie wieder mit russischem Erdgas und Erdöl handeln können – wie in den vermeintlich guten alten Zeiten.