Donnerstag, April 3

Sicherheitspolitiker aus dem Ständerat wollen das Kriegsmaterialgesetz ändern. Partnerländer sollen auch dann beliefert werden können, wenn sie sich in einem bewaffneten Konflikt befinden.

Die Schweiz darf Rüstungsgüter an Partner verkaufen – aber nur, solange diese nicht im Krieg sind. So schreibt es das Kriegsmaterialgesetz vor. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine wächst bei vielen Staaten – vor allem in der EU und der Nato – das Misstrauen gegenüber Swiss-made-Kriegsmaterial. Denn sollte Russland ein Nato-Land angreifen, greift Artikel 5 des Bündnisvertrags. Die Folge: Alle Nato-Staaten wären Kriegspartei – und die Schweiz dürfte kein Mitglied mehr beliefern.

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Mehrere Länder – etwa die Niederlande, Spanien oder Dänemark – verzichten aus diesen Überlegungen auf Schweizer Rüstungsgüter. Zu hoch schätzen sie das Risiko ein, dass im Ernstfall kein Verlass ist auf die Schweiz. Deutschland geht noch weiter: Nicht einmal mehr Tarnnetze will Berlin aus der Schweiz. Kürzlich stellte der deutsche Botschafter in Bern klar: Schweizer Firmen dürften nicht auf neue Aufträge hoffen. Und das, obwohl Europa massiv aufrüstet – 800 Milliarden Euro will die EU in den nächsten Jahren in die Verteidigung stecken. Für die Schweizer Rüstungsindustrie, die ohnehin unter einer Auftragsflaute leidet – die Exporte schrumpften 2024 um knapp 5 Prozent –, war das eine bittere Nachricht. Und eine mit Signalwirkung.

Seit über drei Jahren ringt das Parlament um eine Lockerung bei dem restriktiven Waffenexportgesetz. Bis jetzt mit magerem Erfolg: Der Bundesrat soll in Ausnahmefällen Exportverbote aufheben dürfen – «im Falle ausserordentlicher Umstände und zur Wahrung der Interessen der Schweiz», wie es im Vorschlag heisst. Doch kaum lag diese Botschaft am Dienstag auf dem Tisch der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats (SiK-S), wurde sie ersetzt – durch einen deutlich weitreichenderen Vorschlag.

Partnerländer, die im Anhang 2 des Kriegsmaterialgesetzes aufgelistet sind, sollen auch dann beliefert werden können, wenn sie in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt sind – ausser es liegen «ausserordentliche Umstände» vor, dann hat der Bundesrat ein Vetorecht. Den Vorstoss brachte die Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller ein. Sie will damit die Schweizer Rüstungsindustrie retten: «Die Schweiz kann über kurz oder lang keine Rüstungsgüter mehr selber herstellen – auch nicht für die eigene Armee, der Heimmarkt ist zu klein –, wenn sich nichts ändert.» Ihr Vorschlag wurde deutlich angenommen in der Kommission, mit 8 zu 3 Stimmen, bei 2 Enthaltungen. Die unterlegene Minderheit sprach sich «in Bezug auf die Wahrung der Neutralität» gegen den Vorstoss aus, wie es in der Medienmitteilung heisst.

Erleichtert reagiert der Arbeitskreis Sicherheit und Wirtschaft, die Lobbyorganisation der Rüstungsbranche. Der neue Vorschlag sei eine «zwingende Voraussetzung, um den drohenden Untergang der hiesigen Rüstungsindustrie zu verhindern», heisst es in einer Mitteilung. Würde der Nato-Bündnisfall ausgerufen mit der jetzigen Gesetzeslage, würde die Schweizer Rüstungsindustrie «auf einen Schlag fast die ganze Kundschaft» verlieren. Fast alle Exporte gingen in den letzten Jahren in Nato-Staaten: 2023 sind es 84 Prozent gewesen, 2024 sogar 92 Prozent.

Der Ständerat ist der erste Rat, der den Vorschlag behandeln wird, voraussichtlich in der Sommersession.

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