Samstag, November 23

Bisher überraschte Trump mit relativ «normalen» Ernennungen für sein Kabinett. Aber am Mittwoch erschütterte er Washington: Der rechte Heisssporn Matt Gaetz soll Justizminister werden, die Putin-Apologetin Tulsi Gabbard die Geheimdienste koordinieren.

Bis am Mittwoch schien Donald Trumps Regierungsbildung in einigermassen akzeptablen Bahnen zu verlaufen. Die Nominierung des konservativen Fernsehmoderators Pete Hegseth für das wichtige Amt des Verteidigungsministers sorgte in Washington zwar bereits am Dienstag für Stirnrunzeln. Gleichzeitig erhielt Trump aber selbst von Kritikern lobende Worte für seinen designierten Berater für nationale Sicherheit und seinen Aussenminister: Bei dem Kongressabgeordneten Mike Waltz und dem Senator Marco Rubio aus Florida handelt es sich um zwei Kandidaten, die offiziell zwar wie Trump eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg anstreben, aber Kiew dabei in einer Position der Stärke sehen wollen. Rubio hat 2023 erfolgreich ein Gesetz vorangetrieben, das es amerikanischen Präsidenten verbietet, ohne Zustimmung des Kongresses aus der Nato auszutreten.

Am späten Mittwochnachmittag schockierte Trump jedoch auch republikanische Politiker in Washington. Er gab bekannt, den Kongressabgeordneten Matt Gaetz zum Justizminister machen zu wollen. Auch der 42-Jährige stammt aus Florida und politisiert als einer der loyalsten und lautesten Trump-Heisssporne am rechten Rand der Republikanischen Partei.

Kritiker der Ukraine-Hilfe

Im Oktober 2023 führte Gaetz im Repräsentantenhaus die Revolte gegen den eigenen Speaker Kevin McCarthy an und zog damit auch die Wut seiner Parteikollegen auf sich. Unter anderem warf er McCarthy dabei vor, mit Präsident Joe Biden ein heimliches Abkommen für neue Milliardenhilfen an die Ukraine geschlossen zu haben. Gaetz gehörte im Kongress gemeinsam mit der russlandfreundlichen Abgeordneten Marjorie Taylor Greene zu den grössten Kritikern der Unterstützung für Kiew.

Gemeinsam mit Greene tourte Gaetz nach dem Sturm auf das Capitol am 6. Januar 2021 durch Amerika, um Trumps Lüge einer gestohlenen Wahl zu verteidigen. Trump sei der «unumstrittene Anführer» der Republikaner und seine «America First»-Bewegung werde nicht verschwinden, betonte Gaetz. Gleichzeitig warf er der Biden-Regierung vor, das Justizministerium gegen ihre politischen Gegner zu instrumentalisieren. Er rief dazu auf, das Ministerium und die von ihm beaufsichtigte Bundespolizei aufzulösen.

Verdacht auf Sexhandel und Justizbehinderung

Gaetz sei ein «talentierter Anwalt», so begründete Trump seine Nomination auf seinem Kurznachrichtendienst Truth Social. Er werde die «systematische Korruption» im Justizministerium ausmerzen, versprach der angehende Präsident. Im vergangenen Jahr beendete das Justizministerium ergebnislose Ermittlungen gegen Gaetz. Es bestand der Verdacht auf Sex mit einer Minderjährigen, Sexhandel und Justizbehinderung. Im Ethikausschuss des Repräsentantenhauses läuft deswegen immer noch eine Untersuchung. Gaetz beteuerte stets seine Unschuld.

Einer separaten Untersuchung des Ethikausschusses des Kongresses setzte Gaetz in der Nacht zum Donnerstag ein jähes Ende, als er sein Mandat im US-Repräsentantenhaus mit sofortiger Wirkung niedergelegte. Mit seinem «etwas überraschenden» Mandatsverzicht wolle Gaetz eine zügige Nachbesetzung seines Sitzes im Kongress ermöglichen, sagte der Speaker des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, auf einer Pressekonferenz. Kritiker vermuten hingegen andere Motive für den Rückzug: Laut Medienberichten stand die Veröffentlichung des Abschlussberichtes der Untersuchungen zu Gaetz unmittelbar bevor. «Politico» etwa zitierte republikanische Parteikollegen, die Gaetz’ Mandatsverzicht auf diesen erwarteten Abschlussbericht zurückführten.

Die Demokraten hatten befürchtet, dass Trump für das Justizministerium eine besonders loyale Person nominieren werde. Im Wahlkampf hatte er immer wieder durchblicken lassen, dass er die Justiz instrumentalisieren könnte, um sich an seinen politischen Gegnern zu rächen. Unter anderem sprach er davon, einen Sonderstaatsanwalt gegen Biden einzusetzen, den «korruptesten Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten».

Darling der russischen Propaganda

Praktisch gleichzeitig mit Gaetz nominierte Trump am Mittwoch Tulsi Gabbard als Direktorin der nationalen Geheimdienste. In dieser Funktion würde die ehemalige demokratische Präsidentschaftsbewerberin 17 amerikanische Nachrichtendienste koordinieren. Gabbard sorgte nicht nur durch ihre Wandlung zur Trump-Republikanerin für Schlagzeilen. Im Jahr 2017 traf sich die damals demokratische Abgeordnete während einer geheimen Reise nach Syrien mit dem Diktator Bashar al-Asad. Es müsse einen Dialog zwischen den USA und Syrien geben, sagte sie damals.

Bereits im Wahlkampf 2019 wurde Gabbard von Hillary Clinton verdächtigt, eine russische Agentin zu sein. Clinton fiel vor allem auf, dass Moskaus Internettrolle und Propagandakanäle auffallend oft über Gabbards Kampagne berichteten. Nach der russischen Invasion in der Ukraine machte sie die «provozierende» Nato-Osterweiterung für die russische Invasion verantwortlich. In einem Interview mit dem konservativen Fernsehmoderator Tucker Carlson behauptete Gabbard, dass die USA das Regime von Wladimir Putin stürzen wollten. Das russische Staatsfernsehen griff einen Ausschnitt des Interviews auf. Der Moderator bezeichnete Gabbard dabei als «unsere Freundin Tulsi».

Als Gabbard im Oktober 2022 die Demokratische Partei verliess, bezeichnete sie diese als «elitäre Clique von Kriegstreibern». Durch ihre woke Ideologie schürten die Demokraten einen Rassismus gegen Weisse und die Feindseligkeit gegenüber dem Glauben und der Spiritualität der Menschen, behauptete sie. Zudem instrumentalisierten die Linken den Sicherheitsapparat, um ihre politischen Gegner zu verfolgen, und zögen das Land immer stärker in einen Atomkrieg hinein.

Selbst Republikaner zeigten sich am Mittwoch alarmiert über Trumps Personalentscheide. «Wir begannen mit einer soliden Auswahl, machten mit einigen interessanten Wild Cards weiter und landeten bei mehr als kontroversen Personen», erklärte der konservative Politstratege Matthew Bartlett gegenüber «Politico». Die republikanische Senatorin Susan Collins sagte, sie sei «schockiert» über Gaetz’ Nominierung. Der Abgeordnete Max Miller sprach von einer «verantwortungslosen Wahl».

Der Senat ist die letzte Brandmauer

Trumps künftige Stabschefin Susie Wiles soll eine Bedingung gestellt haben, bevor sie ihre neue Position angenommen habe, berichtete CNN vergangene Woche. «Clowns» sollten nicht nach Belieben ins Weisse Haus gelassen werden. Nun allerdings scheint sich Trump nicht gross darum zu kümmern. Die einzige Institution, die Ernennungen wie die von Hegseth, Gaetz oder Gabbard noch verhindern kann, ist der von den Republikanern kontrollierte Senat.

Die drei Nominierungen würden nun offenbaren, «ob es noch einige republikanische Senatoren mit Prinzipien und roten Linien gibt», schrieb Mark Salter, ein früherer Mitarbeiter und Vertrauter des verstorbenen Senators John McCain, auf X. «Oder sind sie alles Feiglinge.»

Nach der Wahl des neuen Mehrheitsführers im Senat besteht zumindest noch Hoffnung. Am Mittwoch wählten die Senatoren den 63-jährigen John Thune zu ihrem Anführer. Der Senator aus South Dakota gilt als traditioneller Republikaner des Establishments. Vor vier Jahren kritisierte er Trumps Versuch, das Wahlresultat umzustürzen. Um die Wahl zum Mehrheitsführer zu gewinnen, versprach Thune jedoch, dass er «Hand in Hand» mit Trump arbeiten werde.

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