Dienstag, November 26

Während der Wintermonate fühlen sich viele müde. In dieser Folge unserer mehrteiligen Serie verrät eine Schlafexpertin, welche Lebensmittel gegen Müdigkeit helfen – und welche sie begünstigen.

Statt nur auf den nächsten Kaffee zu setzen, lohnt sich beim nächsten Müdigkeitstief ein Blick auf die Ernährung – denn was wir essen, hat einen direkten Einfluss auf unsere Energie. PD Dr. med. Rositsa Neumann, Spezialistin für Schlafmedizin an der Klinik für Neurologie Hirslanden in Zürich, erklärt, wie eine gezielte Auswahl und Vermeidung von Lebensmitteln uns wacher und vitaler durch den Winter bringt.

Oft unterschätzt, wirkt sich das, was wir essen, auf das Befinden aus. So kann der Hauptgrund für Müdigkeit und Antriebslosigkeit ein Mangel an verschiedenen Stoffen, Vitaminen und Mineralien sein. Fehlen etwa B-Vitamine (vor allem B12), Folsäure, Vitamin D, Vitamin C sowie Magnesium, leidet der Körper schon nur auf zellulärer Ebene: «Diese Nährstoffe sind an vielfältigen Stoffwechselprozessen beteiligt, etwa am Sauerstofftransport oder an der Energieproduktion» erklärt Dr. Neumann. «Sie steuern zudem die neuronale und die Muskelfunktion und können sich damit direkt auf das psychische und das physische Wohlbefinden auswirken.»

Zur Person:

PD Dr. med. Rositsa Neumann

PD Dr. med. Rositsa Neumann ist Spezialistin für Schlafmedizin an der Klinik für Neurologie Hirslanden in Zürich. Zu ihren Kernkompetenzen gehören Schlaf-Wach-Untersuchungen sowie die Diagnostik und Behandlung von Schlaf-Wach-Störungen.

Hirslanden

Auch zu wenig Eisen – etwa bei Frauen oder Personen mit veganer oder vegetarischer Ernährung – kann die Tagesenergie spürbar vermindern. Für Veganerinnen und Vegetarier rät Dr. Neumann daher zu pflanzlichen Eisenquellen wie grünem Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen sowie angereichertem Getreide.

Verarbeitete Lebensmittel und deren Einfluss auf die Energie

Neben Nährstoffmängeln wirken auch bestimmte Lebensmittel im Alltag als Müdigkeitsfalle. Hochverarbeitete Produkte etwa, raffinierte Zucker und Lebensmittel mit hohem glykämischem Index wie Kartoffeln, Weissbrot und weisser Reis lassen den Blutzuckerspiegel schnell steigen und wieder sinken. Auch Alkohol und Präservierungsstoffe wie Nitrate in Fleischprodukten sowie Trans-Fettsäuren können müde machen. «Solche Lebensmittel können Entzündungen im Körper antreiben und sogar Schlafstörungen verursachen», so Dr. Neumann.

Der Zustand des Körpers kann zudem stark mit dem Gewicht zusammenhängen. Laut Dr. Neumann können Übergewicht und Adipositas zu exzessiver Tagesmüdigkeit führen. Einerseits erhöhten diese verschiedene Entzündungswerte im Körper, andererseits könnten Übergewicht und Adipositas auch ein primärer Grund für Schlafstörungen wie zum Beispiel Schlafapnoe sein. Davon spricht man, wenn es während des Schlafens zu Atempausen kommt. Aber auch Untergewicht und Unterernährung seien ein Grund für niedrige Energie und Müdigkeit.

Ausserdem spielt das Alter eine Rolle: Ältere Leute brauchen eine höhere Proteinzufuhr. Während für junge Menschen 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen werden, sind für ältere Menschen zwischen 1,0 und 1,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht ratsam, bei chronischen Krankheiten 1,5 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Wie die Darmgesundheit unser Befinden beeinflusst

Neueste Erkenntnisse zeigen, dass die Darmgesundheit eine wesentliche Rolle in Bezug auf die Tagesbefindlichkeit spielt. «Was wir essen, beeinflusst das Darmmikrobiom, also die Bakterien in unserem Darm. Diese können Entzündungen im Körper beeinflussen und damit zu Energie, Müdigkeit und Stimmung beitragen», so die Ärztin. Sie rät daher zu prä- und probiotischen Lebensmitteln, welche die Darmgesundheit unterstützen. Präbiotika sind Ballaststoffe, die den Dickdarm unverarbeitet erreichen. Probiotika, die lebensfähige Mikroorganismen enthalten, sind etwa in Lebensmitteln wie Joghurt, Sauerkraut und Kimchi enthalten.

Die Expertin rät auch zu Nahrungsmitteln, die dem Körper insbesondere in der kalten Jahreszeit Gutes tun: Dr. Neumann empfiehlt Lebensmittel, welche die Thermogenese – also die Wärmeproduktion – im Körper unterstützen, wie Hafer, Wurzelgemüse und Hülsenfrüchte. Ein Teller warme Suppe oder eine Tasse Ingwertee sind weitere Optionen, die den Körper von innen wärmen, ohne zu belasten. Obst, vor allem Zitrusfrüchte, sind reich an Vitamin C und fördern das Immunsystem – besonders wichtig in der Erkältungssaison.

Morgens wach und vital in den Tag starten

Für viele Menschen ist die Müdigkeit am Morgen besonders ausgeprägt. Doch mit der richtigen Auswahl an Lebensmitteln kann der Stoffwechsel angekurbelt werden. Dr. Neumann rät zu einem Frühstück mit Eiern, Haferflocken, Bananen, Beeren oder Avocado – also Lebensmitteln, die den Körper mit Energie versorgen und bis zum Mittag satt halten. Während koffeinhaltige Getränke wie Kaffee belebend wirken können, mahnt sie zur Vorsicht bei übermässigem Koffeinkonsum. Nervosität und Reizbarkeit könnten dadurch ausgelöst werden.

«Kakao und Grüntee können eine ähnlich aktivierende Wirkung haben, jedoch ohne die unangenehmen Nebenwirkungen», so Neumann. Die darin enthaltenen Antioxidantien förderten zudem das Immunsystem. Wer hingegen zu stark zuckerhaltige Nahrungsmittel und Weissbrot zu sich nimmt, wird bald das Nachsehen haben: «Nachdem der schnelle Anstieg der Blutzucker vorbei ist, fühlt man sich wieder müde und hungrig», so die Expertin.

Ein weiterer, oft unterschätzter Punkt ist die Flüssigkeitszufuhr. Dr. Neumann erinnert daran, dass mindestens 1,5 Liter Wasser am Tag nötig sind, um den Körper ausreichend zu versorgen. «Eine Dehydrierung wirkt sich auf die kognitive Leistung und Stimmung negativ aus», erklärt sie. Wasser oder Kräutertees sind daher gute Begleiter für den Tag.

Und abends? Folgende Nahrungsmittel lässt Dr. Neumann nicht unerwähnt: «Abends können melatoninreiche Nahrungsmittel wie Nüsse, vor allem Pistazien, Fisch, Sauerkirschen, Milch und Eier helfen, sich auf eine erholsame Nacht einzustimmen.»

Die Ernährung ist eine der Säulen des Wohlbefindens, die wir selbst beeinflussen können. Wer sich gesund und ausgewogen ernährt, wird spürbare Veränderungen in Energie und Lebensfreude erleben – und das macht auch die dunkle Jahreszeit ein Stück angenehmer.

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