Im Krisenfall würde die Schweizerische Nationalbank die Banken des Fürstentums nicht retten. Die Regierung will deshalb dem Währungsfonds beitreten. Doch es gibt eine starke Gegnerschaft.

Alles war bereit für die Aufnahme des Fürstentums Liechtenstein als 191. Mitglied des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf Anfang 2025. Die Regierung hatte nach engen Konsultationen mit der Schweizerischen Nationalbank beschlossen, ein Aufnahmegesuch einzureichen. Experten des Währungsfonds prüften den Finanzplatz Liechtenstein vor Ort und gaben eine positive Empfehlung ab. Im Parlament stimmten schliesslich 19 von 25 Abgeordneten dem Beitritt zu.

Doch nun könnte es ganz anders kommen. Ein Ad-hoc-Komitee hat ein Referendum gegen den Parlamentsbeschluss angemeldet. In weniger als vier Wochen sammelte die Gruppierung 2743 Unterschriften; für ein Referendum nötig wären 1500. Damit kommt es im Herbst zu einer Premiere. Denn Liechtenstein dürfte weltweit das einzige Land sein, in dem das Volk über die IWF-Mitgliedschaft entscheidet.

Die Schweiz steht nicht zur Verfügung

Schon bei der Beratung des Regierungsantrags zum IWF-Beitritt im Mai kam die Frage auf, ob das Volk darüber abstimmen solle. Ein entsprechender Antrag fiel im Parlament aber mit 3 gegen 22 Stimmen deutlich durch. Nur wenige Abgeordnete äusserten sich während der Beratung skeptisch oder ablehnend. Die Diskussion konzentrierte sich eher auf die Möglichkeit, dass der IWF im Krisenfall als Kreditgeber einspringen könnte, wenn sonst niemand bereit wäre, dem Land Geld zu leihen. «Die Wahrscheinlichkeit einer grossen Krise in Liechtenstein ist derzeit zwar sehr klein», erklärte der Regierungschef Daniel Risch gegenüber dem Parlament, «sollte sie aber trotzdem einmal eintreten, wäre das Problem für uns sehr gross.»

Die Schweiz würde im Krisenfall als Geldgeber für Liechtenstein nicht zur Verfügung stehen, sagte Risch. Der Währungsvertrag sehe zwar eine Gleichbehandlung von Banken und Unternehmen in der Schweiz und Liechtenstein vor. Ausserordentliche Liquiditätshilfen der Schweizerischen Nationalbank seien aber an verschiedene Bedingungen geknüpft. So müsse eine Bank, die um einen Kredit nachsuche, aus Sicht des gesamten Währungsraums für die Stabilität des Finanzsystems von Bedeutung sein.

Die Nationalbank habe schon mehrfach klargestellt, dass sie vor diesem Hintergrund für liechtensteinische Banken nicht als Kreditgeber letzter Instanz zur Verfügung stehe, sagte Risch. Im Unterschied dazu übernehme der IWF eine solche Rolle, wie S&P Global jüngst im aktuellen Länder-Rating positiv hervorgehoben habe: Der IWF könnte im Bedarfsfall als Liquiditätspuffer für Liechtensteins Volkswirtschaft dienen.

Stärkung der bilateralen Beziehungen

Die Argumentation überzeugte das Referendumskomitee nicht. Es kritisierte, das Parlament habe sich unzureichend mit den Vor- und Nachteilen des IWF auseinandergesetzt. Das Komitee ist der Ansicht, dass nur im Rahmen eines Abstimmungskampfes die Bevölkerung ausführlich über die Konsequenzen der Teilnahme Liechtensteins an dieser internationalen Organisation informiert werden kann.

Die Regierung betont in ihren Berichten an das Parlament, dass der Beitritt zum Internationalen Währungsfonds (IWF) die Finanzstabilität Liechtensteins sichert und die Reputation sowie die Wettbewerbsfähigkeit des Landes international stärkt. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass der Beitritt zu einer Stärkung der bilateralen Beziehungen mit der Schweiz führen würde, da Liechtenstein als Mitglied der schweizerischen Stimmrechtsgruppe im IWF eng mit der Nationalbank und dem Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen (SIF) zusammenarbeiten würde.

Die Regierung bekräftigt zudem, dass es im Interesse der kleinen Volkswirtschaft Liechtensteins liege, die Ziele des Währungsfonds zu unterstützen, um die erfolgreiche Positionierung der Exportwirtschaft auf den internationalen Märkten trotz geopolitischen Spannungen zu gewährleisten.

Ob diese Zielsetzungen erreicht werden, steht mit dem Referendum auf der Kippe. Der IWF-Beitritt könnte ein zweites Mal scheitern. Einen ersten Versuch hatte die Regierung schon 2011 gestartet, doch der damals errechnete Mitgliederbeitrag von 50 Millionen Franken erschien dem Parlament zu hoch, einzelne Abgeordnete bezeichneten ihn gar als «grössenwahnsinnig».

Leuthards Wunsch an Liechtenstein

Die IWF-Diskussion ausgelöst hatte die damalige Bundesrätin Doris Leuthard, die bei einem Arbeitsbesuch in Vaduz den Wunsch der Schweiz deponiert hatte, Liechtenstein sollte möglichst bald dem Währungsfonds beitreten. Aus Regierungskreisen verlautete damals, die Schweiz habe grosses Interesse an einem IWF-Beitritt Liechtensteins, um ihre Position in diesem internationalen Gremium zu stärken.

Wie aus neuen Verlautbarungen des Referendumskomitees hervorgeht, dürfte im bevorstehenden Abstimmungskampf die Frage der Kosten wieder eine dominierende Rolle spielen. Laut Berechnungen der Regierung müssen nicht 50 Millionen, sondern nur 30 Millionen Franken beim Währungsfonds hinterlegt werden, die im Bedarfsfall jederzeit abgerufen werden können.

Die Regierung hält in ihrem Antrag an das Parlament fest, dass die Kosten des IWF-Beitritts überschaubar bleiben. Die Initianten des Referendums befürchten hingegen, dass gewisse Vertragsbestimmungen mit Auflagen verbunden sind. Das Referendumskomitee befürchtet hingegen, dass Liechtenstein gezwungen sein könnte, «weitere Gelder an den IWF zu überweisen». Es könne daher nicht von einer Absicherung des Landes, sondern von einem Knebelvertrag gesprochen werden.

Exit mobile version