Bewohner und Gewerbe sollen «Quartiere entwickeln» und Begegnungsorte schaffen. Das erinnert an eine erfolglose Aktion.

Eben erst hat die Stadt Zürich «Brings uf d’Strass» beerdigt, jene Aktion, die Menschen im Quartier hätte hinauslocken und Strassen in «vielseitige Lebensräume» hätte verwandeln sollen. Es kam bekanntlich anders: Genutzt wurden die leeren Strassen, abgesehen von vereinzelten Happenings, kaum.

Dennoch zog die Stadt ein positives Fazit und erklärte, das Pilotprojekt habe «wertvolle Erkenntnisse geliefert, die für die Standardisierung von Prozessen und Produkten weiterentwickelt und genutzt werden können».

Durchgangsverkehr muss draussen bleiben

Viel Bedenkzeit brauchte die Stadt offenbar nicht. Denn sie zaubert wieder ein neues Projekt hervor, auf dass sich die Quartierstrassen staatlich verordnet mit Leben füllen mögen. Im Vordergrund steht, man kann es sich denken, die «Verringerung des Autoverkehrs» mit sogenannten Quartierblöcken, wie die Stadt am Mittwoch mitteilte.

Und das geht so: Innerhalb eines Perimeters mit mehreren Quartierstrassen sollen Bewohnerinnen und Bewohner, Gewerbler und Interessenvertreter ein Areal «situativ entwickeln». Sie bestimmen die «Absteckung» der Quartierblöcke mit Bänken, Pflanztrögen und Veloabstellbügeln, deren Erschliessung sowie die Wahl und die Gestaltung von Begegnungsorten. Der Durchgangsverkehr muss draussen bleiben. Zu- und wegfahren dürfen Anwohner, «Beschäftigte», der Lieferverkehr, Entsorgung und Notfalldienste. Auch die Versorgung des Quartiers soll jederzeit gewährleistet sein.

Auserkoren für dieses Experiment wurden die Quartiere Aussersihl, Unterstrass, Riesbach und Seebach. Es beginnt im Herbst mit Mitwirkungsveranstaltungen für das Gebiet Aussersihl rund um die Anwandstrasse und in Unterstrass rund um die Milchbuck-/Langmauerstrasse. Im Sommer 2025 folgen mit Riesbach, rund um die Dufour-/Hornbachstrasse, und Seebach, rund um die Grünhalde-/Bühlwiesenstrasse, zwei weitere Pilotgebiete. Zusätzliche sollen folgen.

Die Stadt betont, dass man Anwohner und Gewerbe bei der Konzeptentwicklung eng einbeziehe. Man habe die Pilotgebiete ausgewählt, weil dort «nachweisliches Interesse» vorhanden sei. Beim Start von «Brings uf d’Strass» war die Stadt noch anders vorgegangen: Die Quartierbevölkerung wurde nicht informiert. Entsprechend empört reagierten Quartiervereinspräsidenten und Ladenbesitzerinnen.

Die Quartierblöcke sind als Idee in den Richtplan eingeflossen, ihre Umsetzung geht auf einen Vorstoss der SP zurück. Severin Meier sprach im Stadtparlament von einem «Züri autofrei light», einem Projekt, das den «quartierfremden Autoverkehr» grundsätzlich verbiete. Als Vorbild nannte er Barcelona, wo das Konzept grosse Erfolge gefeiert habe.

Die Bürgerlichen reagieren skeptisch

Skeptisch reagierten hingegen die Bürgerlichen. Die Quartierblöcke funktionierten in Barcelona, deren Innenstadt schachbrettartig aufgebaut sei. Auf Zürich sei dies aber kaum anwendbar, monierte die FDP. Der damalige Gemeinderat Dominique Zygmont formulierte es so: «Es ist ein Vorschlag aus der Planungshölle.»

Die Stadt räumt ein, dass das Konzept passend für Zürich umgesetzt werden müsse. Doch sie ist zuversichtlich. Ab den achtziger Jahren habe man ähnliche Erfahrungen gesammelt, etwa mit dem Röntgenplatz, dem Hallwylplatz oder dem Brupbacherplatz. Durch die Verkehrsberuhigung und Umgestaltung seien diese Plätze heute beliebte Begegnungsorte.

Klar ist: Die Stadt sieht vor, die Quartierblöcke zu etablieren. Bei «flexiblen Elementen» wie Bänken und Pflanzentrögen, das macht sie in ihrer Mitteilung klar, wird es kaum bleiben. Sie sollen lediglich vorspuren für spätere Bauprojekte, mit denen Bäume gepflanzt, Flächen entsiegelt und dauerhaft «mehr Raum fürs Quartierleben» geschaffen werden soll. Alles auf Kosten des Autoverkehrs.

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