Montag, Januar 13

Ob beim planlosen Töpfern, Backgammon-Spielen oder stundenlangen Schmoren – diese Beschäftigungen bringen uns aus dem Trott.

Freestyle-Töpfern

Da ich zynisch veranlagt bin, habe mich extralange geweigert, auch nur das Wort «töpfern» zu denken. An einem aufreibenden Tag vor einigen Jahren gab ich auf und kaufte einen Block Ton. Zu Hause schmierte ich damit den Holzküchentisch voll. Ohne gross zu überlegen, formte ich magere dreibeinige Hunde, Kerzenständer mit Brüsten und täuschend echt aussehende Mandarinen.

Manche dieser Kreationen haben gute Geburtstagsgeschenke abgegeben. Einige musste ich ausser Sichtweite versorgen. Seither habe ich immer wieder mal getöpfert und herausgefunden, dass ein kleines Abenteuer mit Ton durchaus hilfreich sein kann, wenn der durchgetaktete Alltag zu arg an einem knabbert: Die handwerkliche Arbeit, gepaart mit einer totalen gestalterischen Planlosigkeit, ist befreiend.

Tipp von Christina Duss

Backgammon

Ich liebe das Auftreffen der Würfel auf dem Spielfeld, den Rhythmus, die Geschwindigkeit der Bewegungen. Backgammon ist ein schnelles Spiel, bei dem Glück und Strategie gleichermassen zum Tragen kommen. Beim Spielen lässt sich Zeit vergessen, Verlieren lernen, vor allem aber erkennen, dass man nicht alles kontrollieren kann und es doch selbst bei einem Spiel Muster und Routinen gibt, die Struktur und Halt geben.

Ich spiele Backgammon meist mit meinem Liebsten oder sehr guten Freunden – an Wochenenden, in den Ferien, an Abenden, an denen man zu erschöpft ist, um sich zu unterhalten, oder wenn Filme- oder Serienschauen nur noch pures Glotzen wäre. Am Ende einer Runde, und die kann ewig dauern, ist man demütig entspannt – egal, ob man gewinnt oder verliert.

Tipp von Ulrike Hug

Packende Bücher

Eines meiner mühsameren Laster ist der ständige Drang zum Multitasking. Podcast-Hören geht nicht ohne zu kochen, zu spazieren oder mindestens die Wohnung aufzuräumen. Und schaue ich Serien, schaffe ich es keine Folge lang, nicht gleichzeitig noch auf meinem Smartphone herumzudrücken. Vielleicht schätze ich das gedruckte Buch gerade deswegen so sehr. Es erlaubt nur eine einzige Tätigkeit: das Lesen. Tauche ich in gedruckte Geschichten ab, gelingt es mir, für einmal abzuschalten – ich vergesse, was um mich herum geschieht, und Fomo (fear of missing out) kommt erst recht nicht auf.

Drei Bücher, die sich zum Abtauchen eignen:

Tipp von Lea Hagmann

Schmoren

Immer erreichbar, keine Restaurant-Eröffnung verpassen, dem Körper im Gym Bewegung gönnen, keinen im Januar so heiligen Sonnenstrahl verpassen: Ein fünfstündiger Brasato ist für mich die perfekte Entschuldigung, sich einfach mal den ganzen Samstag aus all dem rauszunehmen. Eigentlich beginnt die Flucht schon am Freitagabend: Das edle Stück Rindsschulterspitz vom Metzger taucht ab in ein nächtliches Rotwein-Gemüse-Bad.

Am nächsten Vormittag suche ich die Zutaten für die Beilagen zusammen: ein selbstgemachter Kartoffelstock mit viel Butter, dazu saisonales Gemüse – beides für mich nicht verhandelbar. Der passende Rotwein wird auch besorgt. Rotwein und Fleisch – das hilft schliesslich wunderbar durch den Winter.

Während der Braten stundenlang im Backofen schmort und das Bindegewebe sich langsam in saftig-zarte Gelatine verwandelt, entsteht nebenbei eine tröstende Sauce. Und Zeit. Viel Zeit – für alles, was sonst liegen bleibt. Oder fürs Garnichtstun. Das ist das Beste am Brasato: Man schenkt ihm Geduld, er revanchiert sich mit minimalem Arbeitsaufwand. Und das Schwierigste? Wer mit Schmoren dem Alltag entfliehen will, darf nicht hungrig starten. Sonst endet die Geduldsprobe mit einer Pizza vom Lieferdienst.

Tipp von Sonja Siegenthaler

Brockenstuben-Besuch

Ich lüfte meinen Kopf, indem ich mich ins Chaos stürze. Die vollgestopften Kleiderständer und überquellenden Regale in Brockenstuben sind der totale Überfluss und wohl deswegen so beruhigend für mich: Ich werde das nie alles bewältigen können. Muss ich auch nicht. Im Gegensatz zu meinen E-Mails.

Also fange ich irgendwo an. Lasse meine Augen wandern, entdecke Dinge und lasse sie wieder links liegen. Ich erfinde Geschichten zur Herkunft von Objekten und vergesse sie. Einzig bei den Kleidern bin ich gründlich, schiebe einen Bügel nach dem anderen zur Seite (falls sie sich überhaupt schieben lassen). Ich finde gewöhnliche Silhouetten und bizarre Modelabels, selbstgeschneiderte Sachen und manchmal etwas, das ich mit nach Hause nehme.

Wichtig ist dabei: Die Brocki darf nicht zu kuratiert sein. Ich mag etwa die Hiob- und die Hammerbrocki in meinem Heimatort Olten. Dort hat es mehr Platz als in Zürich, und die Mieten sind nicht so teuer. Und es waren nicht schon alle anderen gestressten Stadtmenschen in ihren Mittzwanzigern da und haben ihre Sorgen auf dem Tablar neben dem angestaubten Kristallglas deponiert.

Tipp von Jana Schibli

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