Donnerstag, September 19

Kantinen sind längst keine grauen Verpflegungsanstalten mehr, sondern oft professionell geführte Betriebsrestaurants. Viele stehen auch der Öffentlichkeit zur Verfügung – und bieten Abwechslung zum kleinen Preis.

Ganz früher waren Kantinen noch Orte, in denen niemand gern länger als notwendig verweilte. Man schöpfte sein Essen, in den Fünfzigern und Sechzigern des letzten Jahrhunderts, gern noch aus grossen Schüsseln, und war froh, wenn man wieder zurück an den Arbeitsplatz konnte. Auch heute noch sparen manche Firmen an den Zuschüssen, die sie den Kantinenbetreibern zahlen und geben sich mit dem Billigsten zufrieden. Andere haben den hauseigenen Verpflegungsservice gleich ganz eingestellt und vertrauen darauf, dass sich die Mitarbeiter selbst um ihre Verpflegung kümmern.

Doch immer mehr Unternehmen merken, dass gutes Essen eine wichtige Motivation und gleichzeitig ein Argument sein kann, um neue Kräfte zu gewinnen. Die Veränderung geschah über die letzten Jahre hinweg und hatte auch mit den Gedanken der Nachhaltigkeit zu tun. Weil die Nachfrage nach vitaminreichem und hochwertigem Essen gestiegen war, genügt das Schnitzel-Pommes-frites-Angebot von einst nicht mehr.

Die Kantine als Ziel für anspruchsvolle Esser

Wie Kantinen aussehen können, zeigt beispielsweise die Vector GmbH in Stuttgart. Das Unternehmen will seinen Mitarbeitern was bieten und hat mit einem Tochterunternehmen der «Traube Tonbach» einen ebenbürtigen Partner gefunden. Schickes Ambiente, hochwertige Speisen, hausgemachte Delikatessen zum Mitnehmen – in der «CANtine» gibt es zwar kein Essen auf Drei-Sterne-Niveau, aber doch weitaus spannendere Speisen als in so manchem echten Restaurant.

In der Deutschschweiz betreiben die Schweizer Gastronomie- und Hotellerieunternehmen ZFV und die SV Group zahlreiche Kantinen – was mitnichten heisst, dass es überall das gleiche Angebot gäbe. Aber viele kann man sich merken. Die Kantine der UBS gilt als eines der besten Firmenlokale Zürichs, weil sie neben einem saisonalen Salatbuffet und regionalen Schweizer Klassikern internationale Abwechslung beschert. In der ZHAW-Mensa Grüntal stehen beispielsweise Gemüsepaella und Cipollata-Spiess mit Spätzli auf der Karte. Und ins Winterthurer Restaurant Pionier kehren Gäste oft der frisch gekochten Pasta wegen ein.

Zu den herausragenden Kantinen gehört auch das «Culinarium» von Julius Bär in Altstetten, wo man Klassisches ebenso bestellen kann wie Modernes wie eine Poké Bowl. Und warum nicht mal zu einem Burger de luxe (oder einem mit Paneer-Käse) ins «Food Lab» der ETH? Das Restaurant von PWC ist mir ebenfalls schon sehr positiv aufgefallen – ich sage nur: Wähenbuffet! Und zu den ungewöhnlichsten Kantinen gehört sicher die namens «Fliegertreff» im Flugplatzkommando Meiringen – die befindet sich direkt am Flughafen.

Museen, Spitäler und grosse Unternehmen

Einen ausgezeichneten Ruf für frisches, abwechslunsgreiches Essen besitzt auch die «F+F Kantine» der Schule für Kunst und Design. Und dann wären da ja noch die grossen Unternehmen, die Catering nicht an externe Firmen vergeben, sondern in Eigeninitiative anbieten – für Mitarbeiter wie für Externe. Das Basler Unternehmen Roche etwa hat mit Tavero eine eigene Tochterfirma ins Leben gerufen, welche etwa die Gastronomie im Tinguely-Museum bestückt – und das nicht nur am Mittag, sondern beispielsweise auch am Donnerstagabend.

Wer stattdessen lieber nach Bern fährt, kann im dortigen Inselspital herausfinden, wie sich Kantinenessen sowohl vielfältig als auch hochwertig kochen lässt – allein das Salatbuffet lohnt den Ausflug ins für Patienten wie Besucher zugängliche «Stella».

Auch andere Kantinen überzeugen mit Abwechslung, saisonalen Produkten, einer ausgewogenen Zusammenstellung der Speisen und Getränken, die nicht zu viel Zucker sondern viel Geschmack und Frische besitzen. Lohnt sich eine eigene Kantine nicht, tut es übrigens manchmal auch ein Zulieferer, der auf Bestellung Speisen liefert – oder ein cleverer Kühlschrank, wie etwa von Felfel, der mittlerweile über 800 Büros zur Verfügung steht. Renommierte Schweizer Küchenchefinnen und -chefs wie Dominik Hartmann oder Lauren Wildbolz haben bereits für das 2014 lancierte Schweizer Verpflegungsunternehmen Gerichte kreiert.

Ach ja, manche Kantinen heissen nur sind, sind aber de facto ein echtes Restaurant mit Fokus aufs Mittagsgeschäft – wie das Restaurant Kantine, aus dem die handgerollte Lasagne nicht wegzudenken ist.

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