Warum tauchen Einwanderer aus Syrien, Afghanistan und Nordafrika häufiger in Kriminalitätsstatistiken auf? In seinem Buch «Schattenseiten der Migration» gibt der Psychiater beunruhigende Antworten.
Über mangelnde Aufmerksamkeit kann sich Frank Urbaniok nicht beklagen. Er gibt Interviews, debattiert im Fernsehen mit dem grünen Nationalrat Balthasar Glättli und versucht dem Radiopionier Roger Schawinski zu erklären, warum er kein Populist sei. Die linke «Wochenzeitung» attackiert ihn als «profilneurotischsten Psychiater der Schweiz» – und wirft ihm Rassismus vor.
Schon als langjähriger Chefarzt des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes des Zürcher Justizvollzugs war Urbaniok ein gefragter Gast in den Medien, unter anderem als Experte für Gewalttäter, von denen er nach eigenen Angaben Hunderte kennengelernt hat. «Gutachter des Bösen» nannte man ihn, «Wegsperrer der Nation». Grund für die gegenwärtige Aufregung ist Urbanioks Buch «Schattenseiten der Migration», in dem er Zusammenhänge zwischen Migration und Kriminalität untersucht.
Radikale religiöse Überzeugungen, höhere Akzeptanz für Gewalt
Seine Befunde stützen sich auf Zahlen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie sind beunruhigend: Männer aus Ländern wie Algerien, Afghanistan, Syrien, Marokko, Tunesien, dem Irak, Somalia oder Rumänien begehen im Vergleich mit Inländern und anderen Migrantengruppen deutlich mehr Delikte wie Raub, Körperverletzung, Mord oder Sexualstraftaten.
Bei schweren Körperverletzungen waren Algerier laut Urbaniok 35 Mal so häufig tatverdächtig wie Deutsche; bei Sexualdelikten waren sie es 19 Mal so häufig. Auch in der Schweiz stellt der Psychiater eine massive Übervertretung der erwähnten Herkunftsländer fest.
Bei seinen Berechnungen stützt er sich nicht nur auf polizeiliche Statistiken über Tatverdächtige, sondern auch auf Zahlen über verurteilte Straftäter und Insassen von Gefängnissen. Da in allen drei deutschsprachigen Ländern dieselben Herkunftsregionen überrepräsentiert sind – vor allem Nordafrika sowie der Nahe und der Mittlere Osten –, kommt er zum Schluss, Gewalt habe viel mit «kulturspezifischen Prägungen» zu tun. Etwa mit einer höheren Akzeptanz, Konflikte mit Gewalt zu lösen, oder einer verbreiteten Affinität für radikale religiöse Überzeugungen.
Als Konsequenz fordert der Psychiater eine Abschaffung des individuellen Asylrechts für Migranten aus Herkunftsländern mit hoher Kriminalitätsquote. Stattdessen plädiert er für Kontingente. Urbaniok geht so weit, Einwanderungsländer wie die Schweiz mit einem Haus zu vergleichen, in das man auch nicht jede Familie einladen würde, wenn sie dauernd für Ärger sorgt. Dass er sich damit dem Vorwurf aussetzt, er wolle Kollektivstrafen aufgrund ethnischer Merkmale, ist nachvollziehbar.
Hitze ist schuld an Schlägereien im Schwimmbad
Trotzdem ist Urbanioks Analyse aufschlussreich. Dies auch, weil sie verbreitete Erklärungsmuster für hohe Kriminalitätsquoten hinterfragt. Medien, Experten und Politiker versuchen kulturelle Ursachen von Gewalt oft zu verdrängen, indem sie auf Umstände verweisen, für die die Täter nichts können. Als in Zürich ein Syrer Homosexuelle mit einem Messer attackierte, behauptete die grüne Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart reflexartig, diese Gewalt habe mit Armut zu tun, nicht mit Homophobie.
Die Wissenschaftssendung «Planet Wissen» der ARD erklärte die zunehmenden Schlägereien und sexuellen Übergriffe von jungen Männern in deutschen Schwimmbädern vor zwei Jahren mit dem Klimawandel. Denn dieser sorge für mehr Hitze und damit mehr Aggressionen. Dabei räumte selbst die damalige SPD-Innenministerin Nancy Faeser ein, man habe es mit offensichtlicher «Gewalt aus migrantischen Milieus» zu tun.
Die bequemste Erklärung: Wer als Fremder gilt, wird angezeigt
Frank Urbaniok spricht in diesem Zusammenhang etwas martialisch von einer «Propaganda-Truppe», die mit dem immer gleichen «Standard-Argumentarium» die Realität verschleiere. Zum Inhalt dieser «Beruhigungspillen» gehört laut Urbaniok der Hinweis, Kriminalität habe nichts mit kultureller Prägung zu tun, sondern mit sozialen Ursachen wie Armut und Diskriminierung. Beliebt sei auch die Behauptung, als fremd eingestufte Personen würden eben viel schneller bei der Polizei gemeldet, nach dem Motto: «Mohamed wird eher angezeigt als Moritz.»
Diese Argumente zerlegt Urbaniok anhand von vielen Zahlen. Tatsächlich ist Armut keine Erklärung dafür, dass Attacken auf Juden und Homosexuelle in Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden oder Frankreich oft von Männern aus muslimischen Ländern ausgehen, aber kaum von Vietnamesen, Chinesen oder Thailändern, die sozial nicht bessergestellt sein dürften.
Die Legende «Mohamed wird eher angezeigt als Moritz» entlarvt Frank Urbaniok mit einem einfachen Hinweis: Bei Gewalt- und Sexualdelikten braucht es oft keine Anzeige, weil die Staatsanwaltschaft in solchen Fällen von sich aus ermitteln muss. Auch Spitäler sind verpflichtet, bei Verdacht auf Gewalt die Ermittlungsbehörden einzuschalten.
Diese Mechanismen, so stellt Urbaniok fest, seien in den Medien offensichtlich nur wenigen bewusst. «So viel zum kritischen Reflexionspotenzial vieler Journalisten.» Wie unbeirrbar gewisse Medien an scheinbar beruhigenden Erklärungen festhalten, zeigen Beispiele aus den letzten Tagen. Die «WoZ», die Frank Urbaniok Rassismus unterstellt, erklärt den hohen Ausländeranteil in Gefängnissen ganz einfach damit, dass «die Ausländer:innen» eher beobachtet, kontrolliert und angezeigt würden – weshalb man sie auch eher verurteile und einsperre.
Jung, männlich, sozial benachteiligt?
In der ARD-Sendung «Monitor» versuchte der Moderator Georg Restle kürzlich, die Aussagekraft der deutschen Kriminalstatistik zu zerreden, indem er sich mit Wollmütze und Windjacke bekleidet an Bahnhöfe und andere Hotspots von Kriminellen begab. Sein Befund: Ausländer würden in der Statistik nur deshalb herausstechen, weil es unter ihnen mehr junge Männer und «sozial Benachteiligte» gebe. Auch wenn es um Sexualdelikte gehe, dominiere «das Bild vom gefährlichen Ausländer».
Zu Unrecht, wie Restle anhand der Statistik über Gruppenvergewaltigungen zu beweisen versucht: Da seien die Täter mehrheitlich Deutsche. Dem Publikum verschweigt er allerdings, dass der Ausländeranteil unter den Tatverdächtigen 2022 bei rund 50 Prozent lag. Bei 789 registrierten Fällen stammten 210 Verdächtige aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und der Türkei – womit all diese Länder deutlich übervertreten waren.
Wenn Frank Urbaniok fordert, «die Zahlen auf den Tisch zu legen» und eine faktenbasierte Diskussion zu führen, ist ihm beizupflichten. Sein Befund, wonach Probleme mit Migranten in den meisten westlichen Demokratien «weitgehend bagatellisiert und tabuisiert» werden, mag angesichts seiner Medienpräsenz überzogen sein. Aber dass offenbar kein bekannter Verlag sein Buch verlegen wollte, ist auch bezeichnend.
Frank Urbaniok: Schattenseiten der Migration. Zahlen, Fakten, Lösungen. Voima-Verlag, Horgen 2025. 282 S., Fr. 23.–.