Mittwoch, Januar 15

Mit Giorgio Contini erhält der Nationalcoach Yakin einen Vertrauten aus seinem Netzwerk. Das muss für das Nationalteam kein Nachteil sein – nach der EM möchte Contini wieder als Cheftrainer arbeiten.

Der letzte Auftritt des Nationalteams liegt bald drei Monate zurück. Am 21. November verlor die Schweiz in der EM-Qualifikation in Bukarest gegen Rumänien 0:1 und verspielte damit den Gruppensieg. Es war der triste Schlusspunkt eines komplizierten Länderspieljahres, das viele Fragen aufwarf. In seiner Analyse kam der Schweizerische Fussballverband (SFV) unter anderem überraschend zu dem Schluss, am stark kritisierten Cheftrainer Murat Yakin festzuhalten, ihm aber einen neuen Assistenten zur Seite zu stellen.

Die lange Suche ist beendet. Am Donnerstag gab der SFV bekannt, dass Giorgio Contini einen bis zum Ende der Euro 2024 in Deutschland gültigen Vertrag als Assistenztrainer des Nationalteams unterschrieben habe. Contini ist eine Wahl, die niemanden überraschen dürfte, weil er Yakin schon lange nahesteht. Bereits während der Spielerkarriere kreuzten sich ihre Wege immer wieder – und beim FC Luzern haben sie schon einmal in der gleichen Konstellation eine Mannschaft trainiert. Unter dem Chef Yakin und dem Assistenten Contini erreichte der FCL damals mit Rang 2 die zweitbeste Rangierung der Klubgeschichte und den Einzug in den Cup-Final.

Später hinterliess Giorgio Contini auch als Cheftrainer Spuren. Er stieg unter anderem mit Vaduz und Lausanne in die Super League auf und schaffte mit beiden Mannschaften den Ligaerhalt. Contini arbeitete auch respektabel in St. Gallen und zuletzt bei den Grasshoppers, die er nach schwierigen Umständen zum Ende der vergangenen Saison freiwillig verliess. Seither hat sich Contini weitergebildet, er möchte nach der EM wieder als Cheftrainer arbeiten. Yakin sagt, er kenne und schätze Contini seit langer Zeit: «Ich bin sicher, dass er uns mit seiner Trainererfahrung weiterhelfen wird.»

Die Konstellation wirkt wie ein perfektes Match – auf den ersten Blick

Die Zusammenarbeit zwischen Yakin und Contini, beide mit Jahrgang 1974, wirkt auf den ersten Blick wie ein perfektes Match. Yakin war Defensivspieler, Contini Stürmer; die beiden verbindet eine enge Beziehung, was garantieren dürfte, dass sich der neue Assistent jederzeit loyal verhalten wird. Murat Yakin hat sich im Laufe der Jahre ein weitverzweigtes Netzwerk aufgebaut, das hier und dort auch schon als «Clan» bezeichnet worden ist. Dass Contini zu den Vertrauten Yakins gehört, muss für das Nationalteam in den nächsten Monaten kein Nachteil sein.

Giorgio Contini hat in den letzten Jahren zudem bewiesen, dass er Spieler und eine Mannschaft führen kann. Er könnte eine passende Ergänzung sein zu Yakin, der sich womöglich eher auf seine Intuition verlässt. Contini hat in komplizierten Konstellationen stets einen Weg gefunden, seine Teams zu stabilisieren. Und er hat sich als guter Kommunikator bewiesen, nicht zuletzt auch deswegen, weil der gebürtige Italiener mehrere Sprachen perfekt beherrscht. Es ist davon auszugehen, dass er von den meisten Nationalspielern besser akzeptiert wird als sein Vorgänger Vincent Cavin, dem es unter anderem an Erfahrung als Trainer auf hohem Niveau fehlte. Cavin war dreizehn Jahre lang Teil der Schweizer Equipe gewesen und hat eine neue Herausforderung als Assistent des USA-Nationaltrainers Gregg Berhalter angenommen.

Im Ausland hat Contini nie gearbeitet. Die Erfahrung aus grossen Ligen hätte für den früheren deutschen Weltmeister Miroslav Klose gesprochen, mit dem sich der SFV intensiv befasst hat. Der jüngst ebenfalls als Assistent gehandelte Roberto Di Matteo, einst mit Chelsea Champions-League-Gewinner, war nie eine ernsthafte Option, zumal er seit über sieben Jahren nicht mehr als Coach gearbeitet hat. Und Davide Callà hätte vom FC Basel die Freigabe für eine Doppelfunktion als Assistent kaum erhalten.

Yakin und Xhaka müssen sich zusammenraufen

Die spannendste Frage wird sein, wie die Leader der Mannschaft sich mit Contini arrangieren werden. Granit Xhaka, der wichtigste Nationalspieler, hatte sich in einem Interview vor ein paar Wochen für Stephan Lichtsteiner, seinen Vorgänger als Captain, als Assistenten ausgesprochen. Mit Contini, der 2001 ein Länderspiel gegen Polen absolviert hat, hat der SFV nun einen erfahrenen Coach verpflichtet und zugleich die Position von Yakin weiter gestärkt.

Der Assistent Contini hin oder her: Entscheidend wird sein, dass sich Yakin und Xhaka nach einem Jahr 2023 voller Spannungen für das gemeinsame Ziel EM zusammenraufen. In den nächsten Monaten wird es für die Nationalmannschaft ohnehin darum gehen, nach schwachen Leistungen ein positives Gefühl für die Europameisterschaft zu entwickeln. Ende März stehen ein Trainingslager im spanischen La Manga sowie Begegnungen in Dänemark und Irland auf dem Programm, vor der EM folgen im Rahmen des Vorbereitungscamps in der Schweiz weitere Testspiele gegen Estland (in Luzern) sowie gegen Österreich (in St. Gallen).

An der Europameisterschaft im Sommer trifft die Schweiz in der Vorrunde auf Ungarn, Schottland sowie den Gastgeber Deutschland. Und im Herbst geht es in der Nations League bereits weiter gegen Spanien, Dänemark und Serbien. Ob Murat Yakin dann noch als Trainer dabei sein wird, dürfte stark vom Erfolg an der EM abhängen. Auch sein Vertrag endet nach der EM.

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