Dienstag, Oktober 8

Gleich zwei Marketingaktionen der Migros buhlen um die Aufmerksamkeit von Kindern – und das Portemonnaie von deren Eltern. Hat sich die Genossenschaft wieder einmal verzettelt?

Die Kinderaugen wissen gar nicht, wohin blicken: zum wuscheligen Fabelwesen Murpfi oder zu den staksigen Plastikfiguren von Playmobil. Filialen der Migros Zürich, der grössten der zehn Migros-Regionalgenossenschaften, erinnern derzeit an ein Spielwarengeschäft. Gleich zwei Marketingaktionen buhlen um die Aufmerksamkeit der Kinder – und zielen damit auf das Portemonnaie der Eltern.

Die Migros steckt mitten im wohl grössten Restrukturierungsprogramm ihrer Geschichte. Es hat bereits Tausende Jobs gekostet. Die Genossenschaft gibt offen zu, dass sie sich verzettelt hat und die vielen unterschiedlichen Geschäftsbereiche zu oft ein Eigenleben geführt haben. Die Doppelspurigkeiten führen zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber der schlanker aufgestellten Konkurrenz. Die Migros ist zwar immer noch die Nummer eins im Schweizer Detailhandel, verliert aber Marktanteile.

Das oberste Ziel lautet deshalb: Fokus. Traditionsreiche Töchter wie Hotelplan werden abgestossen. Die Zentrale in Zürich sowie die zehn Migros-Regionen, die wie eigene Unternehmen operieren, werden zur Zusammenarbeit angehalten.

2000 Franken für fünf Sets

Aber ganz offensichtlich funktioniert das noch nicht ganz reibungslos, wie der aktuelle Fall zeigt. Die Migros Zürich hat mit dem Murpfi, einer etwas sonderbaren Kreuzung aus Hund und Hase, im Alleingang ein eigenes Kindermaskottchen entwickelt und im Frühjahr lanciert.

Murpfi hat eine eigene Website, gibt regelmässig Heftchen heraus und ist Namensgeber für das Kindermenu in den Migros-Restaurants. In den Supermärkten ist es nicht zu übersehen. Das Murpfi ist jedoch eine rein zürcherische Angelegenheit. Andere Regionalgenossenschaften machen nicht mit.

Die Migros-Gruppe wiederum kooperiert mit dem kriselnden deutschen Spielzeughersteller Playmobil. Wer eine Sammelkarte mit 20 Playmobil-Klebern abgibt, kann sich ein spezielles Migros-Playmobil-Set aussuchen. Günstig ist das allerdings nicht: Pro 20 ausgegebenen Franken gibt es so einen Sticker. Das bedeutet: Um die fünf verfügbaren Playmobil-Sets zusammenzubekommen, muss man 2000 Franken liegen lassen.

Die Playmobil-Aktion läuft schweizweit und wird auf allen Kanälen beworben. Die beiden Kampagnen kommen sich nun in die Quere. Hätte man sich da nicht besser absprechen können? Und vor allem: Bläst man dadurch den Marketingaufwand nicht wieder künstlich auf?

Fanpost für Murpfi

Sowohl der zentrale Migros-Genossenschafts-Bund (MGB) wie auch die Regionalgenossenschaft Zürich verneinen. Es seien zwei «total unterschiedliche Konzepte», schreibt der MGB. «Während Murpfi zeitlich unbefristet das Kindermaskottchen der Migros-Genossenschaft Zürich ist, handelt es sich bei der Playmobil-Mania um eine auf sechs Wochen befristete, nationale Sammelpromotion.» Die beiden könnten ganz ohne Friktionen nebeneinander existieren.

Auf die Frage, ob es nicht heikel sei, gleich mit zwei Kinderkampagnen gleichzeitig auf Kundenfang zu gehen, antwortet der MGB ausweichend: «Aus vielen Jahren Erfahrung und entsprechenden Kundenumfragen wissen wir, dass sich Aktivitäten wie die Playmobil-Mania-Promotion mit Sammelelementen bei unseren Kundinnen und Kunden einer ungebrochen sehr hohen Beliebtheit erfreuen.»

Die Migros Zürich ergänzt, dass das Murpfi täglich viel Fanpost erhalte. Das Murpfi-Stofftier, das man für zehn Franken in den Läden kaufen kann, habe man «auf vielseitigen Wunsch» produziert.

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