Im Parlament hat die nötige Zweidrittelmehrheit für die Verfassungsänderung gestimmt – nun muss das Vorhaben noch den Bundesrat passieren. Doch es gibt gleich mehrere Wackelkandidaten.
Friedrich Merz kann vorerst aufatmen. Der CDU-Vorsitzende und designierte Kanzler hat am Dienstag im Deutschen Bundestag die erforderliche Zweidrittelmehrheit für seine Schuldenpläne erhalten. Fast alle der Abgeordneten von CDU, CSU, SPD und Grünen stimmten dem milliardenschweren Vorhaben zu. Allerdings steht die Entscheidung des deutschen Bundesrates noch aus, wo ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Die Abstimmung dort ist für Freitag angesetzt.
Der deutsche Bundesrat ist das «Parlament der Länderregierungen» und setzt sich aus Mitgliedern der Landesregierungen zusammen, wobei jedes Bundesland je nach Bevölkerungsgrösse drei bis sechs Stimmen hat. Im Bundesrat sind mindestens 46 der 69 Stimmen notwendig, um die geplanten Grundgesetzänderungen zu beschliessen. Landesregierungen, an denen CDU, CSU, SPD und Grüne beteiligt sind, kommen aber nur auf 41 Stimmen. Mit Bayern, wo CSU und Freie Wähler im Bündnis regieren, käme man auf 47 stimmen – eine Zweidrittelmehrheit.
Zunächst schien es ungewiss, ob die Stimmen aus Bayern sicher sind. Der Freie-Wähler-Chef und bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hatte angedeutet, der Aufweichung der Schuldenbremse nicht zustimmen zu wollen. Mittlerweile hat Aiwanger jedoch bekanntgegeben, widerwillig sein Ja zu geben. Geht das Paket damit also durch?
BSW-Chefin Wagenknecht droht mit Enthaltung
Trotz der Zustimmung Bayerns ist die Entscheidung nicht garantiert. Denn drei Bundesländer drohen mit einer abweichenden Haltung: die CDU-geführten Länder Thüringen und Sachsen-Anhalt sowie das SPD-regierte Brandenburg. Auch Mecklenburg-Vorpommern, wo SPD und Linke gemeinsam regieren, ist noch nicht festgelegt. Damit gibt es vier potenzielle Wackelkandidaten. Bereits wenn Thüringen und Sachsen-Anhalt, die jeweils vier Stimmen im Bundesrat besitzen, sich enthalten, wäre die erforderliche Zweidrittelmehrheit gefährdet.
In Thüringen regiert Ministerpräsident Mario Voigt gemeinsam mit der SPD und dem Bündnis-Sahra-Wagenknecht (BSW). Voigt hat angekündigt, sich bei der Abstimmung über das Kreditpaket zu enthalten, falls dieses nicht in Teilen, sondern als Ganzes zur Abstimmung gestellt wird. Eine Enthaltung käme einer Nein-Stimme gleich.
Das BSW kritisiert insbesondere die Ausgaben, die für Bundeswehr und Aufrüstung vorgesehen sind, da sich die Wagenknecht-Partei als Anti-Aufrüstungs-Partei positioniert. Auch in Brandenburg, wo die SPD mit dem BSW als Juniorpartner in einer Zweierkoalition regiert, könnte es zu einer Enthaltung kommen – auch wenn SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke die Einigung auf die Milliardenkredite begrüsst hatte. Doch die einflussreiche BSW-Chefin Sahra Wagenknecht sagte dem Wochenmagazin «Stern» Anfang März, dass sich Brandenburg und Thüringen «mindestens enthalten» werden.
Viele Länder wollen Aufweichung der Schuldenbremse
Auch in Sachsen-Anhalt knirscht es. Dort regiert eine Dreierkoalition aus CDU, SPD und FDP. Der Fraktionschef der FDP, Andreas Silbersack, begründete seine Skepsis mit der Verteidigung der Schuldenbremse des ehemaligen FDP-Finanzministers: «Christian Lindner hat ja als Bundesfinanzminister über Jahre standgehalten. Und das Thema der Schuldenbremse war ihm ja deshalb wichtig, weil wir eben auch einen Blick für die zukünftigen Generationen haben müssen.»
Doch diese Ankündigen dürfte sind nicht in Stein gemeisselt. Da die Grundgesetzänderung auch eine Lockerung der Schuldenbremse für die Bundesländer vorsieht – diese können künftig Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen – zeigen sich viele Länder geneigt, dem Vorhaben zuzustimmen. So hat die SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, bereits für das Paket geworben und hofft nun auf die Zustimmung ihres Koalitionspartners, der im Parlament gegen die Grundgesetzänderung gestimmt hatte: der Linkspartei.
Allerdings war auch ein paar Tage vor der Schulden-Abstimmung im Bundestag immer mal wieder zu hören, es könne bei CDU, CSU, SPD und Grünen womöglich Dutzende Abweichler geben – am Ende war es gerade einmal drei.