Donnerstag, Januar 16

Die private Raumfahrt kann nur gedeihen, wenn Flüge ins Weltall billiger werden. Die New Glenn von Blue Origin könnte endlich für den nötigen Wettbewerb sorgen.

Besser hätte es kaum laufen können. Am Donnerstag hat die neu entwickelte Rakete des amerikanischen Raumfahrtunternehmens Blue Origin einen erfolgreichen Erstflug absolviert. Die New Glenn – mit einer Höhe von 98 und einem Durchmesser von 7 Metern eine der grössten Raketen, die je gebaut wurden – hob in den frühen Morgenstunden unserer Zeit vom Weltraumbahnhof in Cape Canaveral ab und erreichte beim ersten Anlauf den Weltraum.

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Im Kontrollzentrum von Blue Origin brach daraufhin Jubel aus. Grund zum Feiern hat allerdings nicht nur das von Jeff Bezos gegründete Unternehmen. Der erfolgreiche Start ist ein Hoffnungsschimmer für all jene, die die Vormachtstellung von SpaceX im Weltraum bedenklich finden. Denn die wiederverwendbare New Glenn ist die erste amerikanische Rakete, die den Raketen von SpaceX nicht nur technisch, sondern auch ökonomisch Paroli bieten könnte.

Das wäre vor allem für die private Raumfahrt ein Segen. Bei Raketenstarts im Dienste der nationalen Sicherheit sind die Kosten nicht der ausschlaggebende Faktor. Die private Raumfahrt kann aber nur gedeihen, wenn Flüge ins Weltall billiger werden. Und dafür braucht es echten Wettbewerb.

Davon ist man derzeit noch weit entfernt. SpaceX hat einen Vorsprung von mehreren Jahren auf alle Wettbewerber. Der wird schwer aufzuholen sein. Das Unternehmen hat für dieses Jahr mehr als 150 Raketenstarts angekündigt. Das bedeutet, dass fast jeden zweiten Tag eine Rakete von Elon Musk in den Himmel steigt. Möglich ist das, weil SpaceX inzwischen weniger als einen Monat braucht, um die untere Stufe ihrer Raketen wieder startklar zu machen. Manche dieser Stufen sind inzwischen mehr als 20-mal geflogen und zeigen immer noch keine Ermüdungserscheinungen.

In dieser Hinsicht steht Blue Origin noch ganz am Anfang. Aus bisher unbekannten Gründen scheiterte am Donnerstag die aufrechte Landung der Unterstufe der New Glenn auf einem Schiff im Atlantik. Das Unternehmen von Jeff Bezos kann sich aber damit trösten, dass auch SpaceX mehrere Anläufe brauchte, bis dieses schwierige Manöver zum ersten Mal klappte. Wer im Weltraum reüssieren will, braucht einen langen Atem und genug Geld, um auch Rückschläge wegstecken zu können.

An beidem fehlt es Jeff Bezos nicht. Der Gründer von Amazon hat in den letzten Jahren Milliardensummen in Blue Origin gesteckt und ist gewillt, das auch weiterhin zu tun. Seine oberste Priorität dürfte nun darin bestehen, die New Glenn für das «National Security Space Launch»-Programm zertifizieren zu lassen. Denn dann winken lukrative Aufträge der amerikanischen Regierung und des Militärs. Für diese Zertifizierung ist mindestens ein weiterer erfolgreicher Flug nötig. Der könnte bereits im Frühling stattfinden.

Der wichtigste Kunde von Jeff Bezos wird in den nächsten Jahren allerdings er selbst sein. Seine Firma Amazon plant den Bau einer Satellitenkonstellation für breitbandiges Internet und muss dafür bis 2029 mehr als 3000 Satelliten in den Weltraum bringen. Sonst verfällt die Lizenz. In der Not hat Amazon bei allen grossen Raketenanbietern Flüge gebucht, auch bei SpaceX. Dass Bezos ausgerechnet bei seinem ärgsten Konkurrenten Musk anklopfen musste, dürfte ihm schwergefallen sein.

Die Konkurrenz zwischen Bezos und Musk ist ein Thema, das von Journalisten gerne ausgeschlachtet wird. Bezos selbst sieht das ziemlich unverkrampft. In einem Interview mit Bloomberg sagte er kürzlich, die Weltraumindustrie habe genug Platz für mehrere Gewinner. Bezos geht davon aus, dass es in Zukunft neue Nutzungsmöglichkeiten für den Weltraum geben wird. Das werde die Nachfrage nach Raketenstarts in die Höhe treiben.

Das wird Elon Musk nicht davon abhalten, die Entwicklung seiner eigenen Raketen voranzutreiben. Nach dem erfolgreichen Jungfernflug der New Glenn hat er nun doppelten Grund, beim Wettlauf ins All einen Gang zuzulegen. Etwas Besseres kann der Weltraumindustrie nicht passieren.

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