Mittwoch, Oktober 2

Erneut ist der ehemalige Präsident und Kandidat für die kommenden Wahlen nur knapp einem Anschlag entkommen. Unter Beschuss kommt auch wiederum der Secret Service, der den Schützen zwar noch rechtzeitig entdeckte, aber nur mit viel Glück.

Am Sonntag hat ein 58-jähriger Amerikaner versucht, Donald Trump zu erschiessen. Es handelt sich um den zweiten Attentatsversuch innerhalb von zwei Monaten. Der Zwischenfall ereignete sich auf Trumps Golfklub in West Palm Beach. Ein Mitglied des Secret Service entdeckte die Spitze des Gewehrlaufs in einer Hecke und schoss sofort mehrmals, aber der mutmassliche Täter entkam. Da jemand das davonfahrende Auto fotografierte, konnte er schon 45 Minuten später gefasst werden.

Bei einer ersten Anhörung vor Bundesgericht wurde der Mann am Montag in zwei Punkten angeklagt: Besitz einer Waffe trotz Vorstrafen und Besitz einer Waffe, deren Seriennummer unkenntlich gemacht wurde. Erste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Routh wohl allein handelte. Nach seiner Festnahme berief er sich auf sein Recht auf einen Anwalt und schweigt seither, wie Ric Bradshaw als zuständiger Sheriff von Palm Beach County erklärte.

Zum Zeitpunkt seiner Entdeckung befand sich der Schütze nur etwa 400 Meter von Trump entfernt. Er liess zwei Rucksäcke, ein halbautomatisches Gewehr mit Zielfernrohr und eine Go-Pro-Kamera am Tatort zurück. Offenbar hatte er vorgehabt, seinen Anschlag auf den ehemaligen Präsidenten zu filmen. Mobilfunkdaten legen nahe, dass er sich davor rund zwölf Stunden in Tatortnähe aufgehalten hatte. Routh gab nach Polizeiangaben keinen Schuss ab.

Der Täter wollte für die Ukraine in den Krieg ziehen

Beim Täter handelt es sich um einen Bauunternehmer namens Ryan Wesley Routh aus North Carolina, der zuletzt in Hawaii lebte. Er war schon mehrmals mit dem Gesetz in Konflikt geraten, unter anderem wegen unerlaubten Waffenbesitzes. Nach der russischen Invasion in die Ukraine hatte er sich nach Kiew begeben und sich als freiwilliger Soldat gemeldet. Er wurde abgelehnt und versuchte dann, Kämpfer aus Afghanistan für die Verteidigung der Ukraine anzuwerben. Offenbar hatte er 2016 noch für Trump gestimmt, war dann jedoch zunehmend enttäuscht von ihm und äusserte sich in den sozialen Netzwerken immer aggressiver über den ehemaligen Präsidenten. Routh hatte auch ein Buch über seine vergeblichen Versuche, Kämpfer für die Ukraine zu rekrutieren, publiziert, in dem er Trump als «Idioten» und «Clown» bezeichnete.

Schon am Sonntagnachmittag meldete sich Trump mit einer Textnachricht bei seinen Unterstützern: «Meine Entschlossenheit ist stärker denn je nach einem neuerlichen Anschlag auf mein Leben!» Auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social postete er: «Das war ein interessanter Tag!» Am Montag machte er in einem Interview die «hetzerische Rhetorik» von Biden und Kamala Harris für den Attentatsversuch verantwortlich und sagte, er wolle das Land retten, während es die Demokraten zerstören würden. Die zahlreichen Wahlkampfauftritte der kommenden Tage sollen wie geplant stattfinden.

Trump hatte am Sonntag mit einem befreundeten Immobilieninvestor Golf gespielt. Die Agenten des Secret Service gingen den Spielern voraus und inspizierten jeweils die Umgebung des nächsten Lochs. Bei dieser Gelegenheit entdeckten sie den potenziellen Attentäter. Offenbar hatte er sich, seit zwölf Stunden im Gebüsch versteckt, ausserhalb der Umzäunung aufgehalten, aber den Gewehrlauf durch den Maschendrahtzaun geschoben.

Trump wird weniger stark beschützt als Biden

Schon nach dem ersten Attentatsversuch am 13. Juli bei einer Wahlkampfveranstaltung in Butler, Pennsylvania, war Kritik am Secret Service laut geworden. Damals hatte der Täter von einem Dach aus mehrere Schüsse Richtung Trump abgegeben und ihn am Ohr getroffen, bevor er von den Sicherheitskräften erschossen wurde. Ein Zuschauer kam ums Leben, zwei wurden verletzt. Kimberly Cheatle, die Direktorin des Secret Service, der für den Schutz des amtierenden und auch der ehemaligen Präsidenten zuständig ist, trat in der Folge zurück. Offenbar wurde das Personal zum Schutze Trumps in der Zwischenzeit aufgestockt, aber auch dieses Mal war viel Glück dabei, dass der Gewehrlauf überhaupt entdeckt wurde.

Präsident Biden sagte nach dem Vorfall, er habe sein Team angewiesen, sicherzustellen, dass der Secret Service alle notwendigen Ressourcen erhalte, um Trumps Sicherheit zu garantieren. Der Secret Service brauche mehr Hilfe, sagte er in einem Interview am Montagvormittag noch einmal.

Auf kritische Nachfragen, wie sich so ein Vorfall überhaupt habe ereignen können, sagte der zuständige Sheriff von Palm Beach County, Ric Bradshaw, an einer Pressekonferenz, man dürfe nicht vergessen, dass Trump nicht der amtierende Präsident sei. In dem Fall wäre das gesamte Aussenareal des Golfklubs überwacht oder abgesperrt worden. So habe der Secret Service jedoch genau nach den offiziellen Vorgaben gehandelt. Allerdings fügte er hinzu: «Ich stelle mir vor, dass sie wahrscheinlich ein bisschen mehr Leute im Umkreis postieren werden, wenn er das nächste Mal zum Golfspielen kommt.»

Golf ist für die Agenten ein Albtraum

Vivek Ramaswamy, der in den Vorwahlen gegen Trump angetreten war, forderte auf dem sozialen Netzwerk X, Trump müsse denselben Schutz erhalten wie Präsident Joe Biden.

Auch Michael Matranga, ein früherer Secret-Service-Agent im Dienste von Barack Obama, sagte, Trump brauche dieselben Sicherheitsgarantien wie der Amtsinhaber Biden und nannte die Ereignisse vom Sonntag «unerhört».

Der Secret Service hatte immer wieder davor gewarnt, dass die häufigen Golfspiele Trumps ein besonderes Risiko darstellen – wegen des weitläufigen, offenen Geländes, das sich nur schwer überwachen lässt, der Fortbewegung zu Fuss oder in einem Golf-Cart und der Voraussagbarkeit der Bewegungen, wenn der Spieler von einem Loch zum nächsten geht. Tatsächlich wartete der Täter am 7. Loch und konnte sicher sein, dass Trump genau dort auftauchen würde.

Vertreter der Polizei und der Geheimdienste warnten in letzter Zeit wiederholt davor, angesichts der verschärften Rhetorik in den sozialen Netzwerken sei es lediglich eine Frage der Zeit, bis die aufgeheizte Stimmung in reale Gewalt umschlage. Auch haben Drohungen gegen Politiker und Richter in den USA stark zugenommen. Seit dem Anschlag im Jahr 2022 auf den Ehemann der damaligen Speakerin des Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi, wurde der Schutz der Kongressabgeordneten ebenfalls ausgebaut. Dass es irgendwann auch zu Gewalt gegen Trump – immerhin einer der umstrittensten Politiker der Welt – kommen würde, war eigentlich vorhersehbar. Aber der Secret Service mit seinen mehr als 7000 Mitarbeitern leidet unter Personal- und Geldmangel und gilt seit Jahren als überlastet.

Biden spricht nach Anschlagsversuch mit Trump

US-Präsident Joe Biden hat nach dem mutmasslich versuchten Anschlag auf Donald Trump mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten telefoniert. In dem «freundlichen Gespräch» habe Biden seine Erleichterung zum Ausdruck gebracht, dass Trump in Sicherheit sei, teilte das Weisse Haus mit. Trump habe sich für den Anruf bedankt. Der frühere Präsident gab zunächst keinen Kommentar zu dem Gespräch ab.

Trump hatte Biden und dessen Stellvertreterin Kamala Harris, die bei der Präsidentschaftswahl am 5. November gegen ihn antreten wird, für den Vorfall mitverantwortlich gemacht. Der Angreifer habe «die Rhetorik von Biden und Harris geglaubt und danach gehandelt», sagte Trump Fox News Digital. «Ihre Rhetorik führt dazu, dass auf mich geschossen wird», warf Trump dem Präsidenten und seiner Vizepräsidentin vor, ohne dies näher zu begründen. Beide Demokraten betonten, dass es in den USA keine politisch motivierte Gewalt geben dürfe.

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