Mittwoch, Januar 15

Der EHC Biel greift in der Krise zum erprobten Mittel: Der Sportchef soll das Team wieder auf Kurs bringen. Doch der Schatten des populären Antti Törmänen ist weiterhin präsent.

Das Ende von Petri Matikainen als Headcoach des EHC Biel kam nicht überraschend, es kam allenfalls überraschend spät. Praktisch vom ersten Bully der Saison weg hatte Biel Schwierigkeiten, wie der Klub sie zuletzt nicht mehr gekannt hatte. Eine fast schon unheimliche Verletzungsserie, die Zusatzbelastung für Spieler und Betreuer durch die Champions Hockey League und, wahrscheinlich wichtiger als all das, das neue Gesicht an der Bande, der neue Ton in der Garderobe: All das warf das eingespielte Team aus der Bahn.

Der 57-jährige Petri Matikainen ist gewissermassen das Gegenteil von dem, wofür sein populärer Vorgänger Antti Törmänen gestanden hat und noch immer steht. Die beiden teilen nur die gleiche Staatsangehörigkeit. Der Finne Matikainen ist laut, fordernd, manchmal fast schon aggressiv. In seiner Heimat trat er einmal mit einer Kettensäge in der Garderobe auf, um seinen Spielern den Ernst der Situation klarzumachen.

Matikainen fehlen die Empathie und das Fingerspitzengefühl

Matikainen ist ein ehemaliger Polizist. Ihm fehlen die Empathie und das Fingerspitzengefühl; Eigenschaften, die Törmänen in Biel zu einer Art Überfigur gemacht haben. Die Führung um den Geschäftsführer Daniel Villard und den Sportchef Martin Steinegger tat alles, um Matikainen und seinen Assistenten Juha Vuori zu stützen und die Aufgabe zu erleichtern. Man bat Törmänen im vergangenen Sommer sogar, sich von der Mannschaft fernzuhalten und sich nicht mehr in der Nähe der Kabine aufzuhalten.

Für den erneut an Krebs Erkrankten war es auch persönlich eine sehr schwierige Situation. Der NZZ sagte Törmänen im Sommer, sich von der Mannschaft zurückzuziehen und das Team, das er zusammen mit Steinegger aufgebaut und bis ins siebente Spiel des Play-off-Finals geführt hatte, an jemand anderen abzugeben, sei eine der schwierigsten Entscheidungen gewesen, die sich ihm in seiner Karriere bisher gestellt hätten.

Törmänen lebt mit seiner Frau und dem jüngeren Sohn weiterhin in der Region Biel. Doch eine Rückkehr an die Bande stand zumindest unmittelbar nicht zur Diskussion. Er erholt sich nach seiner zweiten Erkrankung an Gallenblasenkrebs weiterhin von der Chemotherapie. Die Blutwerte sind nicht so, wie sie sein sollten.

Deshalb übernimmt Martin Steinegger für den Saisonschlussspurt. Ihm assistiert der Schwede Anders Olsson, der von 2017 bis 2021 bereits als Assistant-Coach beim EHC Biel gewirkt hatte und zuletzt Headcoach von Martigny in der Swiss League war. Sein Erfolg im Wallis war überschaubar. Martigny verpasste unter Olsson die Play-offs.

Doch die Wahl fiel auch deshalb auf ihn, weil er die Mannschaft sowie Martin Steinegger bereits kennt. Der ehemalige Spitzenverteidiger springt nicht zum ersten Mal an der Bande ein. Zuletzt tat er das in den vergangenen Play-offs, als sich Törmänen erneut einer Chemotherapie unterziehen musste.

Der Entscheid, dass Steinegger erneut von der Tribüne an die Bande hinuntersteigt, fiel am Samstag auf der Heimreise vom Auswärtsspiel aus Rapperswil-Jona relativ schnell. 0:5 hatten die Bieler dort verloren. Auf der Klub-Website war von einem «beschämenden Auftritt» die Rede. Villard sagt: «Die Leistung gehört ganz bestimmt zu den Top 5 der schwächsten Auftritte, an die ich mich in meiner Zeit als Geschäftsführer erinnern kann.»

Zuvor hatten die Bieler bereits gegen den HC Ajoie 2:4 verloren und damit den eigenen Aufwärtstrend selber wieder gebrochen. In den verbleibenden drei Runden spielen die Bieler noch zu Hause gegen Davos (Donnerstag) und Lugano (Samstag) sowie am Montag zum Qualifikationsabschluss in Genf. Zuvor schien der Klub den Tritt wieder gefunden zu haben und hatte sich den ersten sechs Positionen genähert, die mit der direkten Play-off-Qualifikation belohnt werden. Mittlerweile sind die Bieler wieder auf Platz 11 zurückgefallen und drohen sogar die Pre-Play-offs zu verpassen, auch wenn der Vorsprung der SCL Tigers nur einen Punkt beträgt.

Die Klatsche in Rapperswil-Jona war zu viel für den Klub, der sich zuletzt so sehr in Geduld geübt hatte. Stéphanie Mérillat, die Co-Präsidentin des EHC Biel, lässt sich in der Medienmitteilung zitieren, dem Klub sei keine andere Wahl geblieben, als sich zu diesem Schritt zu entschliessen: «Insbesondere die Art und Weise der letzten Spiele liessen wenig Zuversicht zu, dass wir ohne Veränderung im Trainerstab das Minimalziel, die Qualifikation für die Play-in-Runde, erreichen können.»

Mérillat sagt, die Saison sei von Anfang an anspruchsvoll gewesen. Törmänens Schatten ist im Klub noch immer präsent. Dazu sorgten die vielen auslaufenden Verträge für Unruhe in Team und Umfeld. Bereits im Herbst wurde bekannt, dass mit dem Torhüter Joren van Pottelberghe (zu Lugano), dem Verteidiger Yannick Rathgeb (Fribourg-Gottéron) und den Stürmern Tino Kessler (Davos) und Mike Künzle (Zug) vier Spieler aus dem erweiterten Kreis der Nationalmannschaft den Klub am Saisonende verlassen werden. Beat Forster beendet seine Karriere und wird in der nächsten Saison Assistenzcoach in Biel. Dazu fehlten vorübergehend bis zu neun Stürmer verletzt.

«Das alles blieb nicht ohne Einfluss auf die Leistungen auf dem Eis», sagt Daniel Villard. In Biel stehen die Uhren deshalb auf fünf vor zwölf. Die Euphorie der vergangenen Saison ist verebbt. Wirtschaftlich bewegt sich der EHC Biel immer noch im sicheren Bereich. Doch selbst unter den treuen Anhängern nimmt der Unmut über Leistungen wie in Pruntrut oder zuletzt in Rapperswil-Jona zu. Nach schwierigen Jahren haben sich der Klub und sein Umfeld wieder an den Erfolg gewöhnt. Der erste Meistertitel seit 1983 schien in greifbarer Nähe. Stattdessen muss der EHC Biel momentan sogar um die Play-off-Qualifikation bangen.

Steinegger ist ein bewährter Krisenmanager – aber wann ist es das eine Mal zu viel?

Deshalb heisst es nun wieder: «Martin Steinegger, bitte übernehmen.» Der einst kantige Verteidiger hat sich in Biel bereits mehrmals als Krisenmanager bewährt. Als er im Herbst 2017 nach der Entlassung von Mike McNamara bis zur Verpflichtung Törmänens einsprang, gewann das Team drei von vier Partien unter ihm. Im vergangenen Frühjahr führte Steinegger den Klub zusammen mit Törmänen bis ins siebente Spiel des Play-off-Finals gegen Genf/Servette.

Doch wie oft lässt sich diese Geschichte wiederholen? Wann ist es möglicherweise das eine Mal zu viel? Villard sagt: «Wir haben das ebenfalls diskutiert. Niemand will, dass Martin Steineggers Image Schaden nimmt. Wir brauchen ihn weiterhin als Sportchef.» Doch Biel benötigte eine schnelle und pragmatische Lösung. Viel Zeit bleibt Martin Steinegger und seinem Team nicht.

Der Sportchef selber verschwendet nicht allzu viele Gedanken an das mögliche Scheitern. Nichts sei ohne Risiko, sagt er. «Ich mag solche Situationen. Ich hätte eher gezögert, wenn ich die Mannschaft mitten in der Saison hätte übernehmen sollen. Doch es gab keinen Grund, sich vorzeitig von unserem Trainerteam zu trennen. Wir waren lange auf Kurs. Der Einbruch in den letzten Spielen hat mich völlig unvorbereitet getroffen.» Damit war er wohl nicht allein.

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