Sonntag, September 8

Die Grünliberalen brauchen ebenfalls neues Führungspersonal.

Nicht nur die Zürcher SP muss in diesem Frühjahr neue Köpfe für die Parteileitung suchen, auch die Grünen und die GLP richten sich neu aus. Der Co-Präsident Simon Meyer hat am Montag an einer Parteiversammlung seinen Rücktritt auf April angekündigt, vier Jahre nachdem er das Amt gemeinsam mit der Kantonsrätin Selma L’Orange Seigo übernommen hatte.

Diese will die Zürcher Grünen künftig alleine leiten und sieht sich daher nach einem Vizepräsidenten oder einer Vizepräsidentin um. Eine klare Hierarchie sei in dieser Situation die ehrlichere Lösung, sagt sie, da sie einen Erfahrungsvorsprung habe. Sonst würde jemand zwar pro forma ins Co-Präsidium gewählt, wäre dann aber doch nur Juniorpartner.

Die Stadtzürcherin, die den Kurs der Zürcher Grünen künftig also noch stärker prägen dürfte, gehört zum nüchternen, wissenschaftlichen Teil der grünen Wählerbasis. Sie ist keine Vertreterin des esoterischen Lagers oder jener Impfgegner, von denen es bei den Grünen insbesondere auf dem Land verhältnismässig viele gibt. Als Sozialwissenschafterin ist L’Orange Seigo aber auch nicht der Ingenieurtypus, der ohne Rücksicht auf Verluste Windräder aufstellen will. Sie bewegt sich irgendwo zwischen diesen Polen.

Simon Meyer, Anfang vierzig, Hipster-Dutt auf dem Kopf und Schalk in den Augen, ist ein Wirtschaftsjurist, der sich rühmt, mit seiner Firma einen Beitrag gegen Lohndumping zu leisten. Er repräsentierte eher den Bewegungscharakter der Grünen. Einer, der auch einmal auf einer Maximalforderung beharrt, während sich L’Orange Seigo eher am realpolitisch Machbaren orientiert, an parlamentarischen Mehrheiten und Kompromissen. «Das hat für mich nichts mit Fundis gegen Realos zu tun – es ist nur konsequent in Anbetracht der Klimakrise und des Aufstiegs der politischen Rechten.»

In den Wahlen von 2023 mussten die beiden gemeinsam die Korrektur der grünen Welle von 2019 verschmerzen. Parteistrategie lag Meyer weniger, er organisierte lieber auf der Strasse die Unterschriften für ökologische Anliegen, und darauf will er sich nun konzentrieren: Er soll der Solarinitiative der Grünen Schub verleihen.

Meyer, der im ländlichen Niederweningen einst der erste Gemeinderat der Jungen Grünen war, kam in Auftreten und Jargon linkslastiger rüber als seine Co-Präsidentin. Tatsächlich war er es aber, der in manchen Fragen die moderatere Haltung an den Tag legte. Er sprach sich etwa für eine Liberalisierung des Strommarktes aus, sie dagegen. Er würde den Umwelt- und Landschaftsschutz für den Ausbau von erneuerbaren Energien lockern, sie nicht.

Der abtretende Co-Präsident erklärt solche Abweichungen damit, dass er eine Gewerbler- und KMU-Perspektive eingebracht habe – ein Grünliberaler sei er aber auf keinen Fall. Er vertrete innerhalb der Partei konsequent linke Positionen und setze sich für Grundrechte und Geringverdienende ein. Er stosse sich immer wieder an Meinungen des bürgerlichen Flügels der Grünen.

Anders als in der Zürcher SP, in der es aufgrund der Breite der Wählerbasis entscheidend ist, die verschiedenen Strömungen in der Parteileitung abzubilden, suchen die Grünen bei der Besetzung des Präsidiums aber nicht gezielt nach einem Ausgleich der Profile.

Wie die Grünen müssen auch die Zürcher Grünliberalen Ersatz für die Parteispitze suchen. Am Dienstagabend wurde an einer Parteiversammlung Corina Gredig verabschiedet, die sich auf ihr Nationalratsmandat konzentrieren will. Sie war 2018 zusammen mit Nicola Forster angetreten, um die Partei zu verjüngen.

Dieser Zyklus, der die Wahlerfolge von 2019, den Dämpfer von 2023 und die Eroberung eines Ständeratssitzes umfasste, kommt zu einem Abschluss. Ob Forster weitermacht, ist noch offen. Je nachdem müssen die Zürcher Grünliberalen ihre Parteispitze nur teilweise oder ganz neu besetzen.

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