Die Uno hat ihre Untersuchung zur Beteiligung von Mitarbeitern des Palästinenserhilfswerks am Massaker vom 7. Oktober abgeschlossen. Israel kritisiert die Organisation scharf, doch es hält belastende Beweise weiterhin zurück.
Das Uno-Hilfswerk für die Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) hat am Montag nach schweren Vorwürfen Israels die Zusammenarbeit mit neun Mitarbeitern aufgekündigt. Eine seit Monaten laufende interne Untersuchung der Uno sah klare Indizien dafür, dass diese Angestellten der UNRWA am Hamas-Massaker vom 7. Oktober beteiligt waren. Insgesamt wurden 19 UNRWA-Mitarbeiter überprüft, denen vorgeworfen worden war, sich an dem Terrorangriff auf Israel beteiligt zu haben.
Der Uno-Sprecher Farhan Haq sagte, die Uno könne mit grosser oder sehr grosser Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass UNRWA-Mitarbeiter an den Terrorakten beteiligt waren. Welche Verbrechen sie genau begingen, konnte Haq nicht sagen. In zehn weiteren Fällen habe die Beweislage dagegen nicht ausgereicht, um die Arbeitsverhältnisse zu beenden. Die Uno betonte dabei, dass nicht untersucht wurde, ob die UNRWA-Mitarbeiter Mitglieder der Hamas sind. Der Uno ist ausserdem nicht bekannt, wo sich die gekündigten Mitarbeiter derzeit aufhalten.
Haq gab zudem an, dass die Vorwürfe Israels gegen die Mitarbeiter der UNRWA nicht mit letzter Sicherheit bestätigt werden konnten, «da Informationen, die von israelischen Beamten zur Untermauerung der Anschuldigungen herangezogen wurden, in israelischer Obhut verblieben». Die Beweislage rechtfertige die Kündigungen aber aus Sicht der Organisation.
Bereits die zweite UNRWA-Untersuchung
Israel hatte im Januar schwere Terrorvorwürfe gegen das Uno-Hilfswerk erhoben. Die israelische Regierung behauptete, sie habe Beweise dafür, dass zwölf UNRWA-Mitarbeiter aus dem Gazastreifen am Hamas-Massaker beteiligt gewesen seien. 16 Geberländer stellten daraufhin die Zahlungen an das Palästinenserhilfswerk ein. Die chronisch unterfinanzierte Organisation stand kurz vor dem Kollaps. Allerdings machte Israel die Beweise in der Folge nicht öffentlich.
Im April erklärte eine unabhängige Expertenkommission unter Leitung der ehemaligen französischen Aussenministerin Catherine Colonna, dass die israelische Regierung zusätzliche Beweise vorlegen müsse, um die Terrorverbindungen der UNRWA-Mitarbeiter zweifelsfrei zu belegen. Die Kommission befand, dass das Palästinenserhilfswerk robuste Mechanismen habe, um seinen Neutralitätsvorgaben gerecht zu werden. Diese könnten an einzelnen Stellen allerdings auch verbessert werden.
Die Kommission empfahl der UNRWA zusätzliche Massnahmen zur Überprüfung seiner Mitarbeiter, um mögliche Terrorverbindungen früher zu bemerken. Der UNRWA-Chef Philippe Lazzarini sagte am Montag, seine Organisation habe bereits damit begonnen, die Empfehlungen der Colonna-Kommission umzusetzen. Ein Grossteil der Geberländer, die ihre Unterstützung ausgesetzt hatten, hat inzwischen ihre Zahlungen an die UNRWA wieder aufgenommen.
Israel fordert die Auflösung der UNRWA
Im Gazastreifen beschäftigt die UNRWA laut eigenen Angaben 13 000 Mitarbeiter, im ganzen Nahen Osten sind es 30 000. Eine halbe Million Kinder werden an den Schulen des Uno-Hilfswerks unterrichtet, es betreibt Gesundheitszentren und unterstützt Frauen, Senioren und Behinderte. Im Gaza-Krieg spielt es zudem eine Schlüsselrolle bei der Organisation der Nothilfe für zwei Millionen Palästinenser.
Ursprünglich war das Hilfswerk für die Palästinenser geschaffen worden, die nach dem israelischen Unabhängigkeitskrieg 1949 ihre alte Heimat verlassen mussten. Doch auch Kinder und Enkelkinder von einst vertriebenen Palästinensern haben Anspruch auf Leistungen der UNRWA. Die israelische Regierung und andere Kritiker bemängeln daher, dass so der Konflikt perpetuiert werde.
Vor allem nach dem 7. Oktober forderte Israel immer wieder die Auflösung der UNRWA – so auch nach der Veröffentlichung der internen Uno-Untersuchung. Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gilad Erdan, sagte, die Untersuchung sei «eine Schande». Erdan forderte den Rücktritt Lazzarinis und die Abschaffung der UNRWA, da Tausende Mitarbeiter des Hilfswerks an Terroraktivitäten der Hamas beteiligt gewesen seien. Belege lieferte Erdan nicht.

