Freitag, Februar 7

Der frühere Radprofi Pirmin Lang gründete ein Mountainbike-Team. Der vermeintliche Hauptsponsor Spar war jedoch nie an Bord. Ein Geschäftspartner nimmt die Schuld auf sich. Mehrere Fahrer bangen um ihre Karrieren.

Monatelang arbeitete Pirmin Lang still und leise an seiner Rückkehr. Und bis vor wenigen Tagen war er guten Mutes.

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Im Februar 2020 hatte Lang gestanden, dass er während seiner Karriere als Radprofi bis 2017 zum Doping-Netzwerk des deutschen Arztes Mark Schmidt gehörte, das bei der «Operation Aderlass» aufgeflogen war. Lang trat als Teamchef seiner Swiss Racing Academy zurück. Mittlerweile ist seine Sperre abgelaufen.

Manche Protagonisten des Radsports vertreten die Auffassung, ein früherer Doper habe lebenslang nichts mehr in dem Sport zu suchen, weil ihm nicht mehr zu trauen sei. Ein grösserer Teil ist der Meinung, dass jemand, der Fehltritte eingeräumt hat, sogar glaubwürdiger einen Neuanfang vorantreiben könne. So oder so ist klar: Wer nach einer Sperre zurückkehrt, steht unter besonderer Beobachtung.

Swiss Cycling reagierte unterstützend

Lang tat sich mit dem Geschäftsmann Saki Tzikas zusammen, um ein Mountainbike-Team zu gründen. Im Herbst 2024 verpflichtete Lang vier Schweizer Profis sowie einen Südafrikaner für die anstehende Saison. Mehrere von ihnen erhielten auf Anhieb Zweijahresverträge. Lang sagt dazu: «Ich wollte Stabilität.» Man versicherte den Athleten, das Team habe einen Hauptsponsor: die Supermarktkette Spar.

Einer der Profis erkundigte sich beim Mountainbike-Nationaltrainer Beat Müller, ob die Zusammenarbeit mit Lang in Ordnung sei. Müller hatte keine Bedenken. Seine Einschätzung, sagt er heute, sei unverändert: «Pirmin hat seine Strafe verbüsst, und er befindet sich regulär im Arbeitsmarkt. Es steht uns nicht zu, ihn härter zu bestrafen, als es das Gesetz vorsieht.»

Die Team-Idee stiess bei Swiss Cycling auf grosses Wohlwollen. «Es tönte vielversprechend», sagt Müller. Man habe sich über das Interesse eines Geldgebers gefreut, der nicht aus der Branche komme. Lang freute sich umgekehrt über die Unterstützung durch den Verband, bei der Registrierung habe dieser ihm schnell und unbürokratisch geholfen. Für ihn war das eine gute Nachricht: Das Verhältnis zu Personen, welche er enttäuscht hatte, normalisierte sich.

Es gab jedoch ein Problem: Das Ganze war ein Luftschloss. Spar hatte als Sponsor zu keinem Zeitpunkt zugesagt. Auf eine Anfrage im September 2024 habe man von Anfang an abschlägig reagiert, sagt ein Firmensprecher. Im Oktober sei man erneut kontaktiert worden und habe seine Haltung in einem Meeting «dezidiert und explizit» wiederholt. Es folgten weitere Anrufe, in denen Spar an der Absage festhielt. Im Januar wurden die immer verzweifelter wirkenden Umgarnungen in einer finalen Stellungnahme abgeschmettert: Das Engagement wurde «weder je ins Auge gefasst noch konkret beschlossen».

Erst jetzt, Ende Januar, gab Lang die unerfreuliche Information an die fünf Fahrer weiter. Man habe «mit grossem Erstaunen» erfahren, dass Spar sein Sponsoring-Budget verfehle, heisst es in der Nachricht, die der NZZ vorliegt. Nun sei man gezwungen, das Team aufzulösen, denn es fehlten fast 80 Prozent des Budgets. Wie konnte es zu dem Debakel kommen?

Lang sagt, es habe eine klare Aufteilung gegeben: Er sei fürs Sportliche zuständig gewesen, Tzikas für die Finanzen – und somit auch für den Kontakt zu Spar. Er habe seinen Geschäftspartner immer wieder gefragt, ob die Finanzierung über die Supermarktkette zustande komme, so Lang. «Saki sagte stets: ‹Es klappt auf jeden Fall.› Ich habe ihm zu sehr vertraut und wurde eines Besseren belehrt.» Erst im Januar habe Tzikas ihm die Situation ungeschönt dargelegt.

Tzikas bestätigt die Darstellung im Wesentlichen. Er hinterlässt im Gespräch den Eindruck, von der Situation überfordert gewesen zu sein. Tzikas berichtet von einem «regen Austausch» mit Vertretern von Spar. Diese hätten ihm immer wieder Fragen zum Projekt gestellt, weshalb er vorübergehend fest geglaubt habe, dass das Sponsoring zustande komme. Irgendwann im Herbst 2024 sei von ihnen jedoch plötzlich nichts mehr gekommen. Möglicherweise sei er «naiv oder blauäugig» gewesen. So sehr er das bedaure, Vorwürfe könne er Spar nicht machen.

Dass er die Probleme bis Januar gegenüber allen Beteiligten verschwieg, begründet Tzikas so: «Ich bin es nicht gewohnt, aufzugeben.» Und: «Ich wollte bei den Fahrern keine Unruhe stiften.» Er versuchte, andere Sponsoren zu gewinnen, und warb auch bei privaten Kontaktpersonen um Gelder. Wochenlang habe er kaum noch geschlafen, sagt Tzikas. Dass das Engagement nicht zum Erfolg geführt habe, belaste ihn: «Es geht mir sehr nahe.»

Bei Swiss Cycling herrscht Ernüchterung. «Es ist auch für uns ein Schock», sagt der Nationalcoach Müller. Einige der betroffenen Fahrer habe der Verband jahrelang aufgebaut, was mit enormen Investitionen verbunden gewesen sei. Thomas Litscher habe das Potenzial, ein «heisses Eisen» an den Heim-WM im Herbst 2025 im Wallis zu werden. Mit Athleten wie Fabio Püntener und Maxime L’Homme plane man die längerfristige Zukunft. Auch die frühere Weltmeisterin Ramona Forchini sei «immer für eine Überraschung gut».

Swiss Cycling setze nun alle Hebel in Bewegung, die Mountainbiker logistisch und bei der Beschaffung finanzieller Mittel zu unterstützen, sagt Müller, «allerdings sind die Möglichkeiten begrenzt.» Denkbar seien beispielsweise Härtefall-Anträge bei der Sporthilfe sowie eine gewisse Unterstützung im Rennbetrieb.

Profis vor ungewisser Zukunft

Zumindest im Falle Litschers hat die Sporthilfe einen entsprechenden Antrag bereits abgewiesen, die Richtlinien seien nicht erfüllt. Der 35-Jährige fürchtet, seine Karriere beenden zu müssen. «Ich suche nach Positionen als Sportler, Sportspezialist, Sportlicher Leiter, Sporttrainer und Sportdirektor», schreibt er auf Linkedin. Im Gespräch sagt Litscher: «Ich hätte einen solchen Vorfall im Schweizer Radsport nicht erwartet. Dass so etwas in der kleinen Mountainbike-Szene passieren konnte, hat mich schockiert.» Mit seinem Rechtsvertreter Adrian Kaegi erwägt er rechtliche Schritte.

Auch die anderen Fahrer sind konsterniert. Püntener schreibt auf Instagram: «Eine denkbar suboptimale Situation, wenn man Ende Januar plötzlich mit nichts dasteht.» Und Forchini, auf demselben Kanal: «Diese Mitteilung kurz vor dem Saisonstart war ein harter Schlag, den ich nicht kommen sah.» Niemand von ihnen nennt in den Beiträgen die Verantwortlichen.

L’Homme freute sich im Oktober über seinen ersten Profivertrag. Jetzt bittet er auf Linkedin um Unterstützung: «Jede Geste, sei es eine Partnerschaft, finanzielle Unterstützung oder einfach das Teilen dieses Beitrags, kann mir helfen, meine Karriere fortzusetzen und diejenigen stolz zu vertreten, die an mich glauben.»

Im fast rührend wirkenden Bemühen, den Fahrern zu helfen, sprach Tzikas diese Woche unter anderem mit einem Brillenhersteller. Dieser könnte die Athleten, so seine Hoffnung, zumindest mit Sonnenbrillen ausstatten.

Auch Lang drückt sein Bedauern aus: «Es liegt mir schwer im Magen. Das ist das Gegenteil von allem, was ich wollte.» Er bekräftigt ebenfalls, dass er den Fahrern weiterhin bestmöglich helfen werde. Er wolle unbedingt, dass sie ihre Karrieren fortsetzen könnten. Auch er sei auf regelmässige Einnahmen eingestellt gewesen, so der Familienvater, seine berufliche Zukunft sei nun wieder offen. Nur eines sei wohl gewiss: «Unter das Kapitel Mountainbike-Team werde ich vorerst einen Schlussstrich ziehen.»

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