Montag, November 25

Mitarbeiter des Hilfswerks stehen im Verdacht, an der Attacke der Hamas gegen Israel beteiligt gewesen zu sein. Bern will mehr Informationen über die schweren Vorwürfe.

Erst vor einem Monat diskutierte das Schweizer Parlament über das Uno-Hilfswerk für die Palästina-Flüchtlinge (UNRWA). Im Rahmen der Budgetdebatte wollte der Nationalrat der UNRWA 20 Millionen Franken streichen. Der Vorsteher des Aussendepartements (EDA), Ignazio Cassis, wehrte sich dagegen. Er mahnte, die Kürzung könne für die Schweiz ein Reputationsrisiko darstellen. Am Ende einigte sich das Parlament auf einen Kompromiss. Es reduzierte die Kürzungen auf 10 Millionen Franken und überliess es dem Bundesrat, bei welchen humanitären Projekten er sparen will – es muss nicht bei der UNRWA sein.

Nun dürften die Zahlungen ans Uno-Hilfswerk erneut für heftige politische Debatten sorgen. Am Freitag gab die UNRWA bekannt, sie prüfe eine mögliche Beteiligung mehrerer Mitarbeiter am Massaker, das die Hamas im Oktober in Israel verübt hat. Er habe entschieden, die Verträge dieser Mitarbeiter sofort zu kündigen und eine Untersuchung einzuleiten, liess sich der UNRWA-Chef Philippe Lazzarini in einer Mitteilung zitieren. Er sprach von «schockierenden Anschuldigungen». Israel habe dem Hilfswerk Informationen über die mutmassliche Beteiligung mehrerer Mitarbeiter übermittelt.

Schweiz «äusserst besorgt»

Die USA reagierten am Freitag auf die Vorwürfe. Das Aussenministerium zeigte sich in einer Mitteilung «äusserst beunruhigt». Washington hat die Bereitstellung zusätzlicher Mittel an das Uno-Hilfswerk suspendiert, wie auch Italien, Grossbritannien, Deutschland und Finnland.

Auf Anfrage zeigte sich das Schweizer Aussendepartement ebenfalls «äusserst besorgt» über die Anschuldigungen. Es sei am Freitag informiert worden und stehe mit der UNRWA in Kontakt, schrieb das EDA in einer Stellungnahme. Die Schweiz verfolge eine Nulltoleranz gegenüber jeglicher Unterstützung von Terrorismus und dem Aufruf zu Hass oder Gewalt. Sie erwarte dies auch von ihren Partnern.

Das Aussendepartement hat die Massnahmen, die die UNRWA ergriffen hat, zur Kenntnis genommen. «Die Schweiz erwartet, dass die Untersuchung die schwerwiegenden Vorwürfe vollständig aufklärt», hielt es fest. Von einer formellen Suspendierung von Zahlungen sieht die Schweiz zwar vorderhand ab. Die für das laufende Jahr vorgesehenen Beiträge an die UNRWA seien bis anhin aber nicht ausbezahlt worden, machte das EDA klar.

Über die Auszahlung werde erst entschieden, wenn mehr Informationen über die schweren Vorwürfe gegen Mitarbeitende des Hilfswerks vorlägen. Das Parlament hat in der Wintersession beschlossen, dass humanitäre Gelder für den Nahen Osten im Jahr 2024 erst fliessen sollen, nachdem der Bund die beiden Aussenpolitischen Kommissionen konsultiert hat. Zudem sollen die Mittel in Tranchen ausbezahlt werden. Die Konsultationen sind noch nicht erfolgt.

Hilfe für Millionen von Palästinensern

Das Uno-Hilfswerk für die Palästina-Flüchtlinge steht nicht zum ersten Mal in der Kritik. Die jüngsten Vorwürfe von Israel sind jedoch besonders gravierend. Die Schweiz gehört zu den zehn grössten Geldgebern der UNRWA. Deutschland steuert nach den Vereinigten Staaten am zweitmeisten Mittel bei. Philippe Lazzarini, ein schweizerisch-italienischer Doppelbürger, ist seit dem Jahr 2020 der Chef des Hilfswerks.

Die UNRWA ist eines der grössten Hilfswerke der Vereinten Nationen. Ihr Ziel ist es, palästinensischen Flüchtlingen Hilfe und Schutz zu gewähren, bis im Nahostkonflikt eine dauerhafte Lösung gefunden worden ist. Das Hilfswerk kümmert sich etwa um die Bildung und Gesundheitsversorgung. 5,9 Millionen Palästinenser sind im Westjordanland, im Gazastreifen sowie in Jordanien, Libanon und Syrien offiziell bei der UNRWA registriert.

Bundesrat Ignazio Cassis hatte das Hilfswerk nach einer Nahostreise im Jahr 2018 kritisiert. Dieses sei zu einem Teil des Problems geworden und schöpfe unrealistische Hoffnungen, sagte er. «Indem wir die UNRWA unterstützen, halten wir den Konflikt am Leben.» Cassis sagte aber auch, wenn alle Staaten dem Hilfswerk ihr Geld verweigerten, würde eine Maschinerie zerfallen, welche für eine gewisse Stabilität sorge.

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