Mittwoch, April 30

Nach der Schliessung der grössten Entwicklungsagentur der Welt müssen Schweizer NGO die Entwicklungshilfe neu ausrichten.

Der rasche und massive Abbau der amerikanischen Entwicklungsbehörde USAID durch die Regierung von Präsident Donald Trump betrifft viele Menschen weltweit und auch die Arbeit der Schweizer Hilfswerke. Der rasche Entscheid einer vollständigen Schliessung sei ein grosser Schock gewesen, sagte Andreas Missbach, der Geschäftsleiter von Alliance Sud, am Dienstag vor den Medien in Genf.

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Ende März hatte die Trump-Regierung informiert, sie beabsichtige, das USAID-Budget von jährlich 40 Milliarden Dollar um 86 Prozent zu kürzen. Da der Anteil der USA an der gesamten öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) der OECD-Länder ein Drittel betrage, seien die Auswirkungen bereits jetzt dramatisch, so Missbach.

USA sind nicht allein auf Sparkurs

Barbara Hintermann, die Direktorin von Terre des Hommes, geht davon aus, dass ihre Organisation in den kommenden Jahren ihr Budget von 100 Millionen Franken jährlich auf 80 Millionen reduzieren muss. Sie wies darauf hin, dass dank der Entwicklungshilfe die Zahl der Menschen, die mit 2 Dollar pro Tag in extremer Armut leben, in den vergangenen Jahrzehnten weltweit von 35 auf 9 Prozent gesenkt werden konnte.

Neben den USA kürzen auch andere Länder, darunter die Schweiz, die öffentlichen Entwicklungsgelder um insgesamt 20 Milliarden US-Dollar oder fast 10 Prozent gegenüber 2023. In der Schweiz strich das Parlament 110 Millionen Franken für die internationale Zusammenarbeit im Budget 2025. Für die Periode 2025/2026 setzt die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) Kernbeiträge an Schweizer NGO von 235 Millionen Franken ein, 10,5 Prozent weniger als für die Jahre 2023 und 2024.

Eine Umfrage von Alliance Sud bei 24 Schweizer Hilfswerken hat nach vorläufigen Zahlen ergeben, dass USAID sieben Organisationen noch fast 15 Millionen Dollar für bereits durchgeführte Projekte schuldet. Weitere fünf Organisationen können bereits geplante Projekte mit einem Finanzvolumen von 25 Millionen Dollar nicht mehr durchführen. Fast tausend Mitarbeitende mussten bisher von Schweizer NGO als Folge der USAID-Kürzungen entlassen werden, mehrheitlich lokale Angestellte in den Projektländern.

Die Schweizer Hilfswerke schätzen zudem, dass sie durch Kürzungen bei verschiedenen Uno-Organisationen rund 50 Millionen Franken verlieren. Die Schweizer NGO sind deshalb durch die Beschränkungen besonders betroffen, weil sie international einen guten Ruf haben und daher auch viele Projekte aus anderen Ländern durchführen.

Aufgrund der Kürzungen bei USAID musste das Heks im Februar humanitäre Projekte in Äthiopien, in Kongo-Kinshasa und der Ukraine einstellen, die unter anderem den Zugang zu Trinkwasser betrafen. Rund 900 000 Menschen sind davon betroffen. Inzwischen konnten einige Ziele dank privaten Spenden dennoch erreicht werden, wie die Heks-Direktorin Karolina Frischkopf in Genf berichtete. In der Ukraine und in Kongo wurden eingefrorene Gelder für 2024 inzwischen freigegeben. Unklar ist laut Heks, wie es mit den USAID-Zahlungen für 2025 weitergeht.

Genf ist stark betroffen

Alliance Sud bemängelt, dass der Bundesrat es nicht gewagt habe, den Entscheid der USA zu kritisieren, obwohl das internationale Genf ebenfalls direkt stark betroffen sei. Die Organisation fordert die Schweizer Politik zudem auf, die letztjährigen Kürzungen der Entwicklungshilfe von 110 Millionen Franken zu überdenken und das multilaterale System sowie die bilaterale Zusammenarbeit über einen Nachtragskredit zum Budget 2025 zu stärken.

Die Schweiz könnte auch die international vereinbarten 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für die Entwicklungszusammenarbeit zahlen, ist Alliance Sud überzeugt. Doch laut OECD hat die Schweiz 2024 nur 0,51 Prozent des BNE dafür aufgewendet, 14,9 Prozent weniger als im Vorjahr.

Einige Ideen für die Zukunft sind vorhanden. Die Hilfsorganisationen könnten mehr Allianzen knüpfen, um effizienter zu sein. Barbara Hintermann von Terre des Hommes nannte als Beispiel die Genossenschaft Hulo – humanitäre Logistik in Frankreich. Mehrere Organisationen kaufen dabei gemeinsam Material ein für ihre Hilfsprojekte in verschiedenen Ländern. Weiter setzen die Hilfswerke auf breit diversifizierte Finanzierungsstrategien. Nicht zuletzt sollen neue Strategien an der vierten Uno-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung Ende Juni in Sevilla beraten werden.

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