Mittwoch, Januar 22

Eishockeyklubs liebäugelten mit Absprachen zur Bremsung der Lohnspirale. Doch die Wirtschaftskommission des Nationalrats macht ihnen nun einen Strich durch die Rechnung.

Die Sache erschien kurios. Das Schweizer Kartellgesetz soll den Wettbewerb schützen – doch der Ständerat hatte im Juni 2024 scheinbar das Gegenteil getan. Er hatte eine Passage ins Gesetz gehoben, die für «Ligen mit professionellem Spielbetrieb» eine Rechtsgrundlage für finanzielle Absprachen zwischen Konkurrenten schafft. Diese Passage würde ein Lohnkartell ermöglichen – zum Beispiel durch eine Begrenzung der gesamten Bruttolohnkosten der beteiligten Klubs in absoluten Zahlen oder in Prozent der Gesamteinnahmen.

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Im Prinzip geht es um eine «Lex Eishockey»: Laut den Befürwortern hatten sich zwölf von vierzehn Klubs der obersten Eishockeyliga für eine solche Rechtsgrundlage ausgesprochen; dagegen waren nur der SC Bern und der Zürcher SC. Eine solche Absprache soll die Lohnspirale bremsen. In Märkten, in denen der wirtschaftliche Erfolg stark von einzelnen Arbeitnehmern abhängt, entsteht typischerweise ein intensiver Bieterwettbewerb um die «Stars». Der (erhoffte) Mehrwert der Stars landet deshalb oft grossenteils in den Taschen der Umworbenen, während beim Arbeitgeber wenig bis nichts verbleibt.

Zu den Opfern solcher Bieterwettbewerbe um mutmassliche Stars gehörten auch die Schweizer Grossbanken. Sie zahlten vor allem im Investment Banking in den USA hohe Löhne und Boni, doch für die Grossbanken selbst hat sich das nicht gelohnt. Im Sport kommt erschwerend hinzu, dass bei den Eigentümern meist nicht das Gewinnziel im Vordergrund steht, sondern der sportliche Erfolg und das damit verbundene Prestige. Mäzene sind ein zusätzlicher starker Treiber von Lohnspiralen für die Stars. Klubs mit schlechter Finanzstruktur und ohne Mäzene haben deshalb ein besonders starkes Interesse an Kartellabsprachen über die Löhne.

Nicht in diesem Gesetz

Dennoch gibt es nun starken Widerstand gegen eine «Lex Eishockey» im Kartellgesetz. Die Wirtschaftskommission des Nationalrats hat am Dienstag die vom Ständerat vorgeschlagene Passage mit 14 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Laut gegnerischen Kreisen wäre eine solche Rechtsgrundlage im Kartellgesetz peinlich. Wenn man unbedingt eine Sonderregelung für den Spitzensport wolle, dann solle man dies in ein separates Sportförderungsgesetz schreiben.

Kritiker stellten zum Teil die diskutierte Idee eines Lohnkartells auch grundsätzlich infrage. So sei die oberste Schweizer Liga im Eishockey sportlich sehr ausgeglichen, und die Klubs stünden wirtschaftlich nicht schlecht da. Im Fussball sei derweil auch von den Klubs her kein Drang zu einem Lohnkartell ersichtlich. Generell solle die Politik nicht im privatrechtlichen Sport ein Gesetz erlassen, das die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Klubs einschränke.

Kompromiss in Weko-Debatte

Der Auslöser der laufenden Revision des Kartellgesetzes war nicht der Spitzensport, sondern die Kontroverse um die Praxis der Wettbewerbskommission (Weko) und der Gerichte. Laut einem Urteil des Bundesgerichts von 2016 in Sachen Elmex-Zahnpasta ist bei harten Kartellabreden bereits aufgrund ihrer Natur von einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs auszugehen. Die Weko muss daher nicht in jedem Einzelfall den konkreten Schaden nachweisen; für eine Busse genügt der Nachweis, dass es eine Abrede gab, die sich nicht mit wirtschaftlichen Effizienzgründen rechtfertigen lässt.

Als harte Kartellabreden zählen Absprachen zwischen Konkurrenten über Preise, Mengen und Gebiete sowie Absprachen zwischen verschiedenen Marktstufen (etwa Produzenten und Händlern) über Preise und Gebietsschutz. Wirtschaftskreise wollen die Hürden für Weko-Bussen erhöhen: Die Behörde soll auch bei harten Abreden in jedem Einzelfall die Schädlichkeit für den wirksamen Wettbewerb mit qualitativen und quantitativen Kriterien darlegen. Laut den Reformern verhindert die geltende Rechtspraxis auch unschädliche Kooperationen von Firmen. Die Weko und das Wirtschaftsdepartement warnten dagegen vor einem Rückschritt in der Kartellbekämpfung.

Zulässige Kooperationen

Im Ständerat war 2024 ein Antrag für engere Fesseln für die Weko knapp gescheitert. Auch im Nationalrat könnte es knapp werden. In dessen Wirtschaftskommission bahnt sich nun ein Kompromiss an. Die Kommission akzeptierte mit 15 zu 8 Stimmen einen Antrag des Zürcher FDP-Nationalrats Beat Walti.

Laut diesem Antrag ist die Erheblichkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung «einzelfallweise in einer Gesamtbeurteilung anhand von Erfahrungswerten und den konkreten Umständen auf dem relevanten Markt» zu prüfen. Bei bezweckten harten Wettbewerbsabreden werde die Erheblichkeit vermutet. Eine ähnliche Formulierung ist auch bei unzulässigen Verhaltensweisen von marktbeherrschenden und relativ marktmächtigen Unternehmen vorgesehen.

Walti sagte auf Anfrage, dass er den Schutz des Wettbewerbs nicht schwächen wolle, aber für wünschbare Kooperationen von Unternehmen mehr Rechtssicherheit anstrebe. Ihm gehe es vor allem um Kooperationen von kleinen Anbietern, die ihre Position gegenüber grossen Konkurrenten verbessern wollten. Die Weko betonte auf Anfrage, dass zum Beispiel Einkaufsgemeinschaften oder Forschungskooperationen von kleinen Anbietern grundsätzlich zulässig seien. Dies gelte auch für die immer wieder zitierten Arbeitsgemeinschaften im Bausektor.

Die rechtlichen Wirkungen von Waltis Antrag sind nicht auf den ersten Blick klar. Die Bundesverwaltung muss der Nationalratskommission noch eine Einschätzung dazu liefern. Die Kommission will erst danach den Gesetzesvorschlag definitiv zuhanden des Nationalrats verabschieden.

Zu den Streitpunkten gehört auch die Frage, ob die Weko-Hürden für Nachweise und Bussen bei Absprachen von Konkurrenten über Bruttopreise zu erhöhen sind. Der Ständerat sprach sich 2024 dafür aus, die Wirtschaftskommission des Nationalrats war am Dienstag hauchdünn dagegen. Auch hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

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