Der argentinische Präsident kommt in Davos dieses Jahr gleich zwei Mal zu Wort. Er freut sich über den Sieg von Trump und plant, die Zusammenarbeit mit China zu verstärken.
Das Bloomberg-Haus an der Promenade in Davos ist am Mittwochabend bis in die hintersten Ecken gefüllt. Am Nachmittag fanden Panel-Diskussionen mit renommierten Gästen wie dem Blackrock-CEO Larry Fink und dem Salesforce-Chef Marc Benioff statt – doch erst der letzte Gast schafft es, dass die Zuschauer sich von ihren Stühlen erheben und applaudieren: der argentinische Präsident Javier Milei.
Vor seiner mit Spannung erwarteten Rede am Donnerstag besucht Milei Bloomberg, um sich mit dem Chefredaktor John Micklethwait über seine Wirtschaftspolitik auszutauschen. Milei sei der bisher einzige Besucher des diesjährigen Weltwirtschaftsforums, der sowohl die Amtseinführung von Präsident Trump als auch das Treffen in Davos besucht habe, merkt Micklethwait an.
Milei ist zufrieden mit seiner Arbeit
Dass Javier Milei einmal zu den Highlights des WEF gehören würde, war noch vor allzu langer Zeit nicht abzusehen. Als er vergangenes Jahr zum ersten Mal ans Forum kam, war er ein Neuling, fast schon ein Aussenseiter. Damals war er seit fünf Wochen Präsident Argentiniens, und die halbe Welt runzelte die Stirn über den Sonderling mit den Koteletten und der Kettensäge, der angetreten war, um den maroden Staatshaushalt zu retten.
Nun sitzt er selbstzufrieden im Bloomberg-Haus und sagt: «Ich habe den Argentiniern ihre Freiheit zurückgegeben.» Seine Regierung sei die einzige, die es geschafft habe, die Inflation zu senken und dem Land wieder Wachstum zu bringen – und das innerhalb eines Jahres.
Tatsächlich hat Milei in seinem ersten Jahr bereits viele seiner Ziele umgesetzt: Er hat die Geldentwertung von 211 Prozent auf jetzt 118 Prozent gesenkt und die Staatsausgaben so stark gekürzt, dass der Haushalt vom ersten Monat an kein Defizit, sondern einen Überschuss (ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen) aufweist.
Mit einer Steueramnestie konnte er die Argentinier dazu bewegen, 20 Milliarden Dollar in den offiziellen Wirtschaftskreislauf zurückzuführen. Die Banken vergeben dank den gesunkenen Zinsen erstmals wieder Kredite für Immobilien. Das Kreditvolumen ist so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr.
Mit Trump und Musk ist er sich einig
Mit seinem leidenschaftlichen Einsatz für Deregulierung und Staatsabbau ist er seit dieser Woche nicht mehr allein auf der internationalen Bühne. «Die Welt sollte die Rückkehr von Präsident Trump feiern», findet Milei. «Er verspricht eine goldene Ära für die USA – und auch für den Rest der Welt.» Trump und Musk hätten wie er erkannt, dass der Staat nur Geld verschlinge und den Bürgern damit schade.
Ob ihm die anderen Regierungen, die nichts gegen Überregulierung unternähmen, nicht wie Weicheier vorkämen, fragt Micklethwait. «Neben mir ist jeder ein Weichei», antwortet Milei verschmitzt. An Selbstbewusstsein mangelte es ihm noch nie.
Mehr Zusammenarbeit und Handelsabkommen
Doch er nutzt das Gespräch nicht nur, um sich selbst zu loben, sondern gibt auch einen Ausblick auf seine Pläne für das laufende Jahr: Er wolle mehr Freihandelsabkommen abschliessen, unter anderem mit den USA, und Argentinien wieder enger mit dem Rest der Welt verknüpfen. Falls nötig, sei er auch bereit, dazu aus dem Bund der Mercosur-Staaten auszusteigen, so Milei.
Auch mit Xi Jinping sucht er die Zusammenarbeit. Früher war er als China-Kritiker bekannt, aber: «Ich habe dazugelernt.» Die Wirtschaften der beiden Länder seien komplementär, es gebe viele Bereiche, in denen man zusammenarbeiten könne.
Doch noch läuft nicht alles rosig für Milei. Das strenge Wechselkursregime seiner Vorgänger hat er bisher nicht angetastet. Unternehmen und Banken werden aber nur in Argentinien investieren, wenn sie sicher sein können, dass sie ihr Kapital, Dividenden oder Zinsen jederzeit wieder ins Ausland transferieren können. Milei hat angekündigt, das Thema in diesem Jahr anzugehen, wollte aber am Mittwochabend keine genaueren Angaben dazu machen. Die Finanzierung des Landes müsse gesichert sein und es gebe einige Details zu regeln: «Ich bin ein libertärer Liberaler, nicht einfach ein dummer Liberaler», so der argentinische Präsident.
Zwischenwahlen könnten Milei stärken
In diesem Jahr stehen in Argentinien Zwischenwahlen an. Mileis Zustimmungswerte sind höher als noch bei seinem Amtsantritt. Doch einige Argentinier würden unter Mileis Massnahmen leiden, merkt John Micklethwait an. Er sei nicht derjenige, der die Armut verursacht habe, entgegnet Milei. Die Argentinier litten seit hundert Jahren.
Doch er erkennt an, dass es nicht immer einfach sei, die nötigen Einsparungen an das Volk zu kommunizieren. «Unsere Administration läuft sehr gut, aber es braucht einen Kulturwandel», sagt Milei. «Ökonomische Errungenschaften zählen nicht, wenn die Leute nicht verstehen, dass es Freiheit braucht, um zu Wohlstand zu gelangen.»
Zum jetzigen Zeitpunkt würde Milei die Zwischenwahlen gewinnen – und sogar gestärkt daraus hervorgehen. Seine Präsidentschaft, erklärt er, sehe er als einen Job an. Erst wenn alle seine Aufgaben – weniger Inflation, mehr Wohlstand, mehr Wachstum – erledigt seien, sei auch der Job erledigt. Dann sei die Wirtschaft Argentiniens bald so gross wie die der USA.