Nepals gestürzter Herrscher Gyanendra wirbt seit Monaten für die Wiederherstellung der Monarchie. Mit einer Versammlung in Kathmandu wollte er nun seine Popularität demonstrieren, doch die Kundgebung lief rasch aus dem Ruder.

Als Gyanendra noch König war, war er nicht sehr beliebt in Nepal. Er gelangte 2001 auf den Thron, nachdem sein Bruder Birendra bei einem Massaker im Königspalast ermordet worden war. Neben dem König wurden bei der Schiesserei grosse Teile der königlichen Familie ausgelöscht. Eine Untersuchung kam zum Schluss, dass der Kronprinz Dipendra der Täter sei, doch wurden viele Fragen nie geklärt. Es blieb der Verdacht, dass in Wahrheit Gyanendra hinter dem Mord an seinem Bruder stecke, um selbst König zu werden.

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Einmal auf dem Thron, schaltete Gyanendra das Parlament aus und riss die gesamte Macht an sich. Er versprach, den seit den neunziger Jahren tobenden Bürgerkrieg mit den Maoisten zu beenden. Doch nach landesweiten Massenprotesten wurde er 2006 zur Aufgabe der Macht gezwungen. Nach einem Friedensabkommen mit den Maoisten wurde 2008 die Monarchie abgeschafft und der König abgesetzt. Seit der Verfassung von 2015 ist Nepal auch offiziell eine Republik.

Heute mehren sich allerdings die Rufe nach der Wiederherstellung der Monarchie in Nepal. Schon vor einem Jahr machten die Monarchisten in Kathmandu mobil für die Rückkehr des entmachteten Königs. Der 77-Jährige selbst hat die Hoffnung nie ganz aufgegeben, die Krone zurückzuerhalten. Im Februar verkündete er dann in einer Rede: «Die Zeit ist gekommen, die Verantwortung zu übernehmen, um das Land zu schützen und die Einheit der Nation zu schaffen.»

Gyanendras Anhänger feiern ihn als Retter der Nation

Als der Ex-König Anfang März nach einer Rundreise durchs Land in die Hauptstadt Kathmandu zurückkehrte, wurde er von einer grossen Menschenmenge am Flughafen empfangen. «Komm, König, rette die Nation», skandierte die Menge. Organisiert hatte die Kundgebung die monarchistische Rastriya Prajatantra Party (RPP). Sie will die säkulare Republik durch eine konstitutionelle Monarchie ersetzen und fordert, Nepal offiziell zu einer Hindu-Nation zu erklären.

Ermutigt durch ihren Erfolg Anfang März, rief die Partei für vergangenen Donnerstag zu einer Grosskundgebung in Kathmandu auf. Ihr Ziel war es offensichtlich, mit einer Massenversammlung die Popularität des früheren Königs zu demonstrieren und ihrer Forderung nach der Wiederherstellung der Monarchie Nachdruck zu verleihen. Mehrere linke republikanische Parteien riefen daraufhin für den gleichen Tag zu einer Gegendemonstration in der Hauptstadt auf.

Als sich die Anhänger des gestürzten Königs am Donnerstag im Osten von Kathmandu versammelten, lief die Kundgebung rasch aus dem Ruder. Wie nepalesische Medien berichteten, steckten die Monarchisten in der Nähe des Flughafens mehrere Gebäude und Fahrzeuge in Brand und lieferten sich Strassenschlachten mit der Polizei. Diese feuerte Warnschüsse ab und setzte Tränengas ein, um die Proteste aufzulösen. Mindestens ein Demonstrant wurde getötet. Am Nachmittag verhängte die Regierung eine Ausgangssperre für Teile der Stadt.

Hat Indien bei den Protesten seine Hand im Spiel?

Es ist umstritten, wie viel Rückhalt die Monarchisten in Nepal haben. Unbestreitbar ist aber, dass viele Nepalesen enttäuscht sind von der Demokratie. In den 17 Jahren seit der Entmachtung des Königs hat Nepal 13 Regierungen erlebt. Es sind die immer gleichen Politiker und Parteien, die sich in wechselnden, instabilen Koalitionen an der Macht ablösen. Die grundlegenden Probleme wie Armut, Arbeitslosigkeit und Massenemigration haben sie alle nicht lösen können. Stattdessen mehren sich die Korruptionsskandale.

Dies heisst aber nicht, dass es eine Mehrheit für die Monarchie gibt. Bei der letzten Parlamentswahl 2022 erhielt die RPP gerade einmal 5,5 Prozent. Die Monarchisten sind zersplittert und zerstritten. Dass sie nun eine solche Grosskundgebung auf die Beine stellen, nährt in Nepal den Verdacht, dass sie Unterstützung aus dem Ausland erhalten. Es ist bekannt, dass die regierenden Hindu-Nationalisten in Indien eine Rückkehr Gyanendras auf den Thron begrüssen würden.

Insbesondere Yogi Adityanath, der Chefminister des nordindischen Gliedstaats Uttar Pradesh, ist seit langem ein Anhänger des nepalesischen Königshauses und hat sich offen für die Wiederherstellung der Monarchie ausgesprochen. Erst im Februar war Gyanendra in Uttar Pradesh, um Adityanath zu treffen. Für Aufsehen sorgte zudem, dass bei Gyanendras Rückkehr nach Kathmandu Anfang März auch ein Adityanath-Poster in der Menge zu sehen war.

Es geht um die geopolitische Orientierung Nepals

Die Gegner von Gyanendra werteten dies als Beweis dafür, dass die Kampagne für seine Rückkehr von Indien gesteuert sei. Belegt ist dies nicht, doch macht der indische Premierminister Narendra Modi kein Geheimnis daraus, dass er nichts dagegen hätte, sollte das einzige Hindu-Königreich der Welt wiederaufleben. Es wäre zweifellos in Modis Interesse, würde der proindische Ex-König an die Macht zurückkehren. Denn damit würde das Nachbarland wieder fest im Orbit Indiens verankert.

Die linken Parteien, die seit 2008 die Politik in Nepal dominieren, haben sich in den letzten Jahren verstärkt Indiens Rivalen China zugewandt. Ihr Verhältnis zur Modi-Regierung ist belastet, nachdem diese 2015 über Monate eine inoffizielle Blockade gegen Nepal verhängt hat. Viele Nepalesen werfen dem grossen Nachbarn im Süden vor, ihr Land als Vasallenstaat zu betrachten. Bei den Protesten der Monarchisten geht es heute nicht nur um die Zukunft der Republik in Nepal, sondern auch um die geopolitische Ausrichtung des Himalaja-Staates.

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