Donnerstag, März 13

Die Aktien des Nahrungsmittelkonzerns sind seit Jahresbeginn gefragt. Doch mit Blick auf die Abnehmmittel droht neues Ungemach. Ausserdem: U-Blox wird unterschätzt, Tecan ist mit viel Unsicherheit in den USA konfrontiert, und Kuros behauptet sich.

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

Themarket.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Wie war das noch gleich mit den globalen Abnehmbemühungen? In der neuen Weltordnung, wo Investitionen in Waffen und Atomstrom kaum mehr Bedenken auslösen, scheint auch zucker- und fettreiche Nahrung kein Thema mehr zu sein. Die Aktien von Nestlé laufen seit Jahresbeginn jedenfalls wie geschmiert.

Tatsächlich profitiert der weltgrösste Nahrungsmittelkonzern nicht per se von veränderten Kundenbedürfnissen, auch die Gewinnerwartungen für 2025 und 2026 sind konstant geblieben. Es sind wohl eher die Vorlieben der US-Investoren, die sich zuletzt gewandelt haben. Nach einem sehr schwierigen 2024 für defensive Werte liess sich zwischen Mitte Januar und Anfang März an den US-Börsen eine Rotation in weniger konjunktursensitive Sektoren wie Basiskonsum beobachten, wie es mein Kollege Mark Dittli im The Big Picture vom vergangenen Freitag ausführlich beschrieben hat. Davon dürften auch die Titel des Schweizer Konzerns profitieren. Aktien aus den Bereichen zyklischer Konsum, Transport und Häuserbau sind dagegen ins Hintertreffen geraten.

Der Abnehmmittel-, sprich bisher GLP-1-Boom scheint in den vergangenen Wochen dagegen an der Börse in den Hintergrund gerückt zu sein. Novo Nordisk hat sich von der Enttäuschung im Dezember nicht mehr richtig erholt, dabei verpasste der dänische Hersteller von Abnehmmedikamenten die Erwartungen mit seinem Kandidaten Cagrisema nur knapp. Die Aktien notieren auf dem niedrigsten Stand seit zwei Jahren.

Andere Unternehmen aus der Lieferkette leiden ebenfalls, auch in der Schweiz. Bachem, ein auf die für GLP-1-Mittel wichtigen Polypeptide spezialisierte Pharmazulieferer, markiert ein Mehrjahrestief. Letztmals im Sommer 2020 lag der Aktienkurs auf dem gegenwärtigen Niveau. Der Hersteller von Injektionssystemen Ypsomed profitierte nur kurzfristig von der Kaufempfehlung von Bank of America vergangene Woche. Anstatt auf das Kursziel von 485 Fr., das die Analysten der Grossbank veranschlagen, bewegt sich die Notierung eher auf 300 Fr. und damit auf das Niveau von 2023 zu.

Ist das nun ein gutes Zeichen für Hersteller von ungesunden Snacks und Fertiggerichten wie Nestlé? Der Schweizer Konzern profitierte zuletzt stark von der unbändigen Nachfrage nach dem Schokoladenriegel Kitkat.

Wenn es nach Barclays geht, sollten sich die Lebensmittelhersteller nicht zu früh freuen. Die Analysten der britischen Grossbank erwarten, dass sich die Konsummuster als Reaktion auf die weitere Verbreitung der Abnehmmittel erst noch richtig verändern werden. Das könnte auch bedeuten, dass sich die Nachfrage nach Nestlés Süssigkeiten und Fertigpizzas abschwächt. Barclays streicht zwar die Bemühungen des Schweizer Nahrungsmittelgiganten als positiv hervor. Im Juni 2024 hat Nestlé eine Onlineplattform lanciert, um Abnehmwillige bei ihrem Unterfangen zu unterstützen. In der Umsetzung müsse sich dieser aber im laufenden Jahr erst noch beweisen.

Ich war von Beginn weg skeptisch, ob das Angebot bei GLP-1-Nutzern wirklich auf Interesse stösst. Die Produkte und Hilfsmittel zielen zwar auf Nebeneffekte der bisherigen Abnehmprodukte wie Muskelschwund, Darmprobleme und eine verminderte Zufuhr von Mikronährstoffen sowie auf die Gewichtskontrolle. Bereits davor hatte Nestlé angekündigt, in den USA eine neue Nahrungsmittellinie unter dem Namen Vital Pursuit anzubieten – als Begleiter für Anwender von GLP-1-Medikamenten. Bei genauerem Hinsehen macht Nestlé aber medial gerade das Beste aus dem, was sie ohnehin schon im Angebot hat.

Für die Analysten ist die Konkurrentin Danone gegenwärtig ohnehin besser positioniert. Das Portfolio des französischen Herstellers passe bereits heute besser zu einer gesundheitsbewussten Ernährung. Rund 90% des Umsatzes enthielten gemäss Lebensmittelexperten weder viel Fett noch viel Zucker (HFSS, High fat & sugar).

Zudem glauben sie nicht, dass die Spitze des Abnehmtrends bereits erreicht ist. Mit der Lancierung neuer und besserer Mittel gegen überflüssige Pfunde würde die Zugänglichkeit für ein breiteres Publikum erhöht, schreibt Barclays. Lieferengpässe für Ozempic, Wegovy und Co. gehören wohl bald der Vergangenheit an. Dank dem zunehmenden Wettbewerb dürften die Preise ins Rutschen geraten, was wiederum neue Kundensegmente anspricht.

Tatsächlich könnte der Pessimismus gegenüber Platzhirschen wie Novo Nordisk denn auch dem Umstand geschuldet sein, dass immer mehr Unternehmen mitmischen (wollen), und das mit neuen Ansätzen. Roche hat gestern bekanntgegeben, ihr Obesity-Portfolio durch eine Kooperation mit Zealand Pharma stärken zu wollen. Der Clou: Die Dänen sind führend in einer Technologie, die Experten zufolge den GLP-1-Medikamenten überlegen sein könnte. Das dabei verwendete Hormon Amylin zügelt nicht den Appetit wie bei den bisherigen Mitteln üblich, sondern sorgt dafür, dass die Sättigung früher eintritt.

Nestlé tut jedenfalls gut daran, diese Entwicklungen im Auge zu behalten. Zucker und Fett haben wohl auch in der neuen Weltordnung einen schweren Stand.

U-Blox? Nein danke. Das ist die Reaktion, die wahrscheinlich viele Investoren äussern, wenn sie auf den Thalwiler Designer von Positionierungs- und Mobilfunkchips angesprochen werden. Das Unternehmen fristet an der SIX Swiss Exchange ein Randdasein, eine Reihe von Enttäuschungen in den vergangenen Jahren hat die Marktkapitalisierung auf derzeit noch 566 Mio. Fr. schrumpfen lassen.

Doch ich halte es für einen Fehler, U-Blox zu missachten. Unter dem neuen Management von CEO Stephan Zizala und Finanzchefin Camila Japur geht das Unternehmen durch einen radikalen Turnaround und verabschiedet sich aus dem jahrelang defizitären Geschäft mit Mobilfunkchips. Statt die Einheit zum Nulltarif an einen Käufer zu übergeben, haben sich Zizala und Japur für eine geordnete Schliessung entschieden – mit dem Vorteil, dass sie dabei die Lagerbestände noch abverkaufen können.

Dieser Prozess ist zäh und teuer – ich habe hier darüber geschrieben. Erschwert wird die Übung dadurch, dass die Kunden von U-Blox in allen Geschäftsfeldern in den Jahren 2022 und 2023 hohe Lagerbestände aufgebaut hatten. Das führte dazu, dass das Unternehmen seit 2024 mit einer heftigen Nachfrageflaute zu kämpfen hatte.

Aber: Die Fokussierung auf das Geschäft mit Positionierungschips ist meiner Meinung nach absolut richtig. Dort besitzt U-Blox eine starke Marktstellung, und das Geschäft ist sehr profitabel. Durch die Schliessung der Sparte Mobilfunk entledigt sich U-Blox eines Mühlsteins, der in der Vergangenheit einen jährlichen Cash-drain von rund 20 Mio. Fr. verursacht hat. Weil U-Blox die Chips nur entwickelt, aber nicht selbst produziert, werden in den kommenden Jahren keine grossen Kapitalinvestitionen notwendig sein.

Unter der Führung von Finanzchefin Japur wird das Cashflow-Profil von U-Blox nun komplett umgestellt. Wie Jürgen Wagner, Analyst des Brokerhauses Stifel, berechnet, dürfte U-Blox im Geschäftsjahr 2026 einen freien Cashflow von fast 50 Mio. Fr. erreichen – und dabei ist die Annahme einer stürmischen Erholung der Endnachfrage noch nicht berücksichtigt.

Auf dieser Basis sind die Aktien von U-Blox mit einer Free-Cashflow-Rendite von sehr attraktiven 9% bewertet. Wagner empfiehlt die Titel deshalb mit einem Kursziel von 100 Fr. zum Kauf. Ich schliesse mich der Meinung an. U-Blox ist derzeit einer der spannendsten Turnaround-Fälle am Schweizer Börsentableau.

Die Aktien des Laborausrüsters Tecan kamen am Mittwoch vorbörslich vor der Präsentation des Jahresberichts zuerst stark unter Druck. Dem Management gelang es jedoch an der Telefonkonferenz, die Anleger etwas zu beruhigen.

Das Geschäft nahm in der zweiten Jahreshälfte wieder an Schwung auf. Auch Marge und Gewinn lagen leicht über den Erwartungen der Analysten, was auf ein gutes Kostenmanagement zurückzuführen ist. «Nach dem Absturz der Aktie in den letzten zwölf Monaten ist dieses kleine Übertreffen der Erwartungen definitiv ein Hoffnungsschimmer», kommentieren die Analysten der Zürcher Kantonalbank.

Eine sehr treffende Bemerkung.

Das Kostenmanagement wird auch im laufenden Geschäftsjahr entscheidend sein, denn das Umfeld bleibt schwierig. Tecan leidet vor allem unter einem schleppenden Geschäftsgang in China und in den USA. Dort halten ausgerechnet Regierungsinstitutionen und Forschungseinrichtungen wegen der politischen Unsicherheit die Ausgaben zurück. In einer normalen Welt waren es Institutionen wie das National Institute of Health (NIH), die für Stabilität bei den Bestellungen sorgten.

Doch unter US-Präsident Donald Trump sieht sich auch das NIH zu Sparmassnahmen bei neuen Förderanträgen in Höhe von 1,5 Mrd. $ gezwungen. Dies trifft wiederum viele grosse Universitäten, deren Forschungsprojekte in wichtigen Bereichen wie Herzkrankheiten, Krebs und Alzheimer verzögert oder sogar gestrichen werden. Mit einem Jahresbudget von fast 48 Mrd. $ ist das NIH der weltweit grösste öffentliche Geldgeber für biomedizinische Forschung.

Mit Blick auf das laufende Geschäftsjahr erwartet Tecan erneut eine schwierige erste Jahreshälfte. Erst im zweiten Halbjahr sollte es dank der Akzeptanz neuer Produkte besser werden. Damit die Anleger bis dahin nicht ganz im Blindflug bleiben, hat sich das Unternehmen entschlossen, erstmals im Mai (erstes Quartal) und Oktober (drittes Quartal) qualitative Updates zum Geschäft zu geben.

Nach der schlechten Kommunikation sowie den Gewinnwarnungen 2024 und angesichts der unsicheren Zeiten, ist das auf jeden Fall ein gutes Zeichen.

Kuros bleibt eine Investition in ein einziges Produkt, mit dem entsprechenden Risiko: Alles hängt an MagnetOs.

Doch die Zahlen für 2024 und der Ausblick des Managements machen Mut, dass die Chancen derzeit überwiegen. Insgesamt knapp 76 Mio. Fr. Umsatz generierte das Medtechunternehmen im vergangenen Jahr, mehr als eine Verdoppelung gegenüber 2023. Davon entfielen 74,8 Mio. Fr. auf das Knochenersatzprodukt MagnetOs. Früher als erwartet erreichte Kuros die operative Gewinnschwelle, 2,2 Mio. Fr. betrug der Überschuss auf Stufe Ebit. Das hat auch dazu geführt, dass die liquiden Mittel im vergangenen Jahr gestiegen sind.

Das starke Umsatzwachstum soll weitergehen. Erstmals publizierte Kuros einen Ausblick; nicht nur für das laufende Jahr – erwartetes Umsatzwachstum von 60% –, sondern auch für die mittlere Frist. Bis 2027 will das Unternehmen einen Umsatz von 220 bis 250 Mio. Fr. erzielen. Das ist vor dem Hintergrund der Zusammenarbeit mit Medtronic, die ab dem zweiten Halbjahr 2025 so richtig greifen dürfte, und dem Vorstoss in neue Anwendungsgebiete, etwa im Bereich des Fusses und Fussgelenks, eine realistische Annahme. Zurzeit wird MagnetOs vor allem bei einer Versteifung der Wirbelsäule eingesetzt.

Aus meiner Sicht ist das Unternehmen in einer guten Ausgangslage, und damit nicht mehr länger eine spekulative Wette. CEO Chris Fair dämpfte anlässlich der Präsentation der Jahreszahlen bewusst den Überschwang, so lese ich auch die eher zurückhaltende Prognose einer Ebitda-Margenexpansion von 1 bis 2 Prozentpunkten im laufenden Jahr. Für den Reifungsprozess spricht ausserdem – neben der guten Kommunikation – auch die Börsenreaktion: Der Aktienkurs startete am Dienstagmorgen im Minus, drehte dann aber schnell in den positiven Bereich und beendete damit den negativen Trend der vergangenen Wochen. Das ist ein positives Marktsignal.

Freundlich grüsst im Namen von Mrs Market

Gabriella Hunter

Exit mobile version