Sonntag, September 29

Der israelische Ministerpräsident weist bei seiner Rede vor der Uno-Generaldebatte die Kritik weit von sich, sein Land begehe einen Genozid an den Palästinensern. Im Gegenteil werde Israel von mehreren Seiten attackiert und habe das Recht, sich zu verteidigen. Bei den Vereinten Nationen sieht er Doppelmoral am Werk.

Am Freitag hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu eine mit Spannung erwartete Rede in der Uno-Generaldebatte gehalten. Während sich die Lage im Nahen Osten zuspitzt und die Gefahr eines offenen Krieges steigt, gab es Hoffnungen, Netanyahu werde dem Plan der USA und anderer Staaten für eine dreiwöchige Waffenruhe in Libanon zustimmen. Nach seiner Ankunft in New York erklärte er jedoch, die Gerüchte, dass seine Regierung den Plan billige, seien das Gegenteil der Wahrheit. Er habe seine Armee angewiesen, die Kämpfe gegen die von Iran unterstützte Hizbullah-Miliz mit voller Kraft fortzusetzen.

Viele Teilnehmer verliessen demonstrativ den Saal

Bis zuletzt war unklar gewesen, ob Netanyahu angesichts der Spannungen in der Region überhaupt in die USA reisen würde. Zudem droht ihm ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs.

An der 79. Uno-Generaldebatte war der eskalierende Nahostkonflikt – nebst der russischen Invasion in der Ukraine – das Hauptthema. Unter anderem hatte Mahmud Abbas, der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, bei einer Rede ein Waffenembargo gegenüber Israel gefordert. Auf solche Wortmeldungen nahm Netanyahu gleich zu Beginn seines Auftritts Bezug, während vor dem Uno-Gebäude Demonstranten Parolen gegen Israel skandierten. Er habe zuerst nicht vorgehabt, nach New York zu reisen, sagte er. «Aber nachdem ich die Lügen und Verleumdungen gehört habe, die viele Redner auf diesem Podium gegen mein Land vorgebracht haben, habe ich mich entschlossen, hierherzukommen und die Dinge richtigzustellen», fuhr er fort. Als Netanyahu die Bühne betrat, verliessen zahlreiche Delegierte aus Protest den Saal.

«Wenn ihr zuschlagt, schlagen wir zurück»

Es ist fast ein Jahr her, seit die Hamas am 7. Oktober 2023 bei einem Musikfestival in Israel ein Massaker anrichtete und etwa 250 Geiseln nahm. Seither versucht Israel mit einer Offensive in Gaza – mit Tausenden von zivilen Todesopfern – die Organisation auszuschalten. Nach Angriffen des Hizbullah, die kurz nach dem Massaker begannen, geht Israel nun auch systematisch gegen diese Miliz vor. In jüngster Zeit sind nun auch noch Attacken der jemenitischen Huthi-Miliz gegen Israel hinzugekommen. Alle drei Gruppierungen werden von Iran unterstützt. Netanyahu ging denn zu Beginn seiner Rede auch ausführlich auf diese Vorgeschichte ein, um den Eindruck einer israelischen «Aggression» zurechtzurücken.

In Anspielung auf den israelischen Angriff auf die iranische Botschaft in Damaskus, bei dem ein Hamas-Führer getötet wurde, sagte Netanyahu: «Ich habe eine Nachricht für die Tyrannen aus Teheran. Wenn ihr zuschlagt, schlagen wir zurück. Es gibt keinen Ort in Iran, wo euch der lange Arm Israels nicht erreichen kann, und das gilt für den ganzen Nahen Osten.» Nach solchen markigen Statements gab es jeweils Applaus, aber auch Buhrufe im Saal. Auffällig viele Sitze waren leer, zum Beispiel jene der palästinensischen, der iranischen und der saudiarabischen Delegation.

Antisemitismusvorwurf an die Uno

Wie oft bei seinen Reden brachte Netanyahu auch dieses Mal Landkarten mit. Die eine war überschrieben mit «Segen» und zeigte Israel mit seinen Verbündeten, als Brücke zwischen Europa und Asien. Die andere war überschrieben mit «Fluch» und zeigte die schwarz eingefärbten Länder Iran, Irak, Syrien und Libanon. An die Libanesen gewandt, sagte der israelische Ministerpräsident: «Wir befinden uns nicht im Krieg mit euch. Wir befinden uns im Krieg mit dem Hizbullah, der euer Land gekapert hat und droht, unseres zu zerstören.»

Den Plan für eine Waffenruhe erwähnte Netanyahu in seiner Rede nicht. Aber er nahm Bezug auf die generelle Beziehung zwischen der Uno und Israel, die sich auf einem Tiefpunkt befindet, nachdem die Vereinten Nationen insbesondere die Bombardierungen von Uno-Einrichtungen in Gaza kritisiert und Israel des Völkermords bezichtigt haben. «Nichts Neues unter der Sonne», meinte er. Kein anderer Staat sei so oft von der Uno gebrandmarkt worden wie Israel. Es werde hier offensichtlich mit verschiedenen Ellen gemessen. Die Organisation sei ein Sumpf aus antisemitischer Galle, und ihre Sorge um Gaza sei nicht humanitär motiviert, sondern durch Judenhass.

Netanyahu sagte, Israel verteidige mit seinem Vorgehen auch die Demokratie und Freiheit anderer Staaten gegen den Terror. Iran sei nicht nur eine Gefahr für Israel, sondern für den gesamten Nahen Osten, ja die ganze Welt. Der Krieg könne noch heute beendet werden, sagte der israelische Ministerpräsident, und zwar indem die Hamas aufgebe und alle Geiseln freilasse. «Wenn sie das nicht tun, werden wir kämpfen, bis wir den Sieg erringen, den totalen Sieg. Dafür gibt es keinen Ersatz.»

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