Samstag, September 28

Die künstliche Intelligenz verändert das Googeln grundsätzlich. Das sind schlechte Nachrichten für Medienhäuser, Verlage und jeden, der mit Internet-Traffic Geld verdient. Sie alle müssen überdenken, wie sie Kunden auf ihre Websites locken, wenn KI-generierte Antworten jeden Klick überflüssig machen.

Ein Erdbeben erschütterte diese Woche das Internet. Google hat die weitreichendste Änderung seiner Suchmaschine seit Jahren eingeführt: Nutzer bekommen auf ihre Anfragen keine Sammlungen von Links mehr geliefert, sondern die künstliche Intelligenz serviert ihnen nun fertige Antworten in Form eines eigens generierten Texts. «Lass Google das Googeln für dich machen», so fasste es der CEO Sundar Pichai zusammen.

In den USA greifen die Änderungen schon, bis Ende des Jahres werden sie weltweit für Milliarden von Nutzern gelten. Was das bedeutet, ist kaum zu überschätzen. Medienhäuser, Blogger, Handwerker – sie alle leben davon, dass ihre Artikel, Inhalte und Dienste dank Google von Lesern, Nutzern und Kunden in den Weiten des Internets gefunden werden. Ein ganzer Berufsstand existiert heute rund um die Kunst der Suchmaschinenoptimierung, kurz SEO – also rund um die Frage, wie man seine Inhalte für Google und Co. optimiert aufbereitet.

Wäre das Internet ein Ozean und wären Websites kleine Inseln, dann ist das so, als kappe man plötzlich die Fährverbindungen auf diese Inseln. Sie existieren natürlich weiter, aber es wird viel schwieriger, sie aufzuspüren und zu besuchen.

Damit dürfte wahr werden, was viele befürchtet haben, seitdem generative künstliche Intelligenz die Welt im Sturm erobert hat: Google passt sein Kernprodukt dem KI-Zeitalter an, mit katastrophalen Folgen für alle, die Geld mit Suchmaschinen-Traffic verdienen.

90 Prozent aller Suchanfragen laufen heute über Google

Man muss sich Googles Marktmacht vor Augen halten, um zu verstehen, wieso die Änderung eines einzigen Akteurs so weitreichend sein wird. Kein Konzern dominiert das Internet wie Google. In 25 Jahren hat der Konzern ein Suchimperium aufgebaut, das vom Browser über den Kartendienst Google Maps bis zur Videoplattform Youtube reicht. Selbst auf dem Smartphone führt kein Weg an Google vorbei. Stolze 20 Milliarden Dollar zahlt der Konzern dem Rivalen Apple jedes Jahr dafür, dass seine Suchmaschine der Standard auf dem iPhone und im Safari-Browser ist.

Inzwischen wickelt Google bemerkenswerte 90 Prozent aller Suchanfragen weltweit ab. Wer im Internet sucht, der googelt. Die Nummer zwei, Bing, hat einen Marktanteil von rund 4 Prozent; Rivalen wie Yahoo und Duckduckgo gleichen vom Aussterben bedrohten Exoten. Niemand käme auf die Idee, zu sagen, er «binge» etwas im Internet.

Je besser die KI, desto weniger muss man noch auf Links klicken

Google selbst versucht nun zu beschwichtigen: Nicht jede Suchanfrage werde eine Antwort der KI auslösen. Wer nach «Walmart» suche, der wolle in der Regel einfach auf www.walmart.com weitergeleitet werden. Doch selbst wenn nur ein Bruchteil aller Google-Anfragen von der KI beantwortet wird, werden Medienhäuser, Verlage und Firmen das in ihrem Traffic enorm zu spüren bekommen.

Auch dass Google die bisherigen Listen mit Links nach wie vor unten in seinen Ergebnissen präsentieren will, überzeugt nicht. Wer scrollt bei einer Google-Suche schon bis zum Ende oder klickt gar auf die zweite Seite? Die Websites dort könnten genauso gut nicht existieren. Deswegen zahlen Firmen Google ja viel Geld dafür, dass sie möglichst prominent in einem Suchergebnis auftauchen.

Je besser Googles KI ihre Arbeit macht, desto weniger muss man künftig auf Links klicken. Das zeigt sich schon jetzt. Wer googelt «Wie viele Google-Anfragen gibt es pro Tag weltweit?», dem erklärt in den USA nun die KI, dass es «gemäss der Website seo.ai pro Sekunde 99 000 Suchanfragen sind, was umgerechnet 8,5 Milliarden Suchen pro Tag entspricht». Wer würde da noch auf die besagte Website klicken? Die KI hat die Antwort doch perfekt zusammengefasst.

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