Montag, November 25

Eine strengere Kontrolle soll Anlagen in Stablecoins sicherer machen und Geldwäscherei verhindern. Krypto-Startups sehen sich bedroht, müssen sich aber der neuen Realität stellen.

Die Finanzmarktaufsicht (Finma) will härter durchgreifen. Das hat der Finma-Chef Stefan Walter bei seinen ersten öffentlichen Auftritten klargemacht: Ein aufsichtsrechtliches Versagen wie beim Fall der Credit Suisse darf es nicht mehr geben.

Alle Instrumente, um dem Anspruch einer «Best in Class»-Behörde gerecht zu werden, hat Walter noch nicht. Dennoch versucht die Finma, dezidierter aufzutreten. So hat sie im Juni den Digital-Broker Flowbank in den Konkurs geschickt – ein seltener Vorgang, der in seiner Schärfe überraschte.

Seit kurzem ist die Krypto-Branche im Visier der Behörde. Ende Juli verschickte sie eine «Mitteilung» über den Umgang mit Stablecoins. Das sind Krypto-Assets, deren Wert an eine Währung wie den Dollar, den Euro oder den Franken gebunden ist und kaum schwankt. Sie sollen Stabilität in den Krypto-Markt bringen und schlagen eine Brücke in das traditionelle Finanzsystem.

Die Finma verlangt nun, dass alle an Stablecoin-Transaktionen Beteiligten identifiziert werden, und hat die konkreten Anforderungen an Stablecoin-Herausgeber und für die Banken formuliert, die Ausfallgarantien stellen.

Anti-Krypto-Haltung wie in den USA?

Die Mitteilung hat die Krypto-Branche klar als Verschärfung der Regeln verstanden. «Das Vorgehen erinnert an die restriktive US-Haltung», sagt Mathias Ruch, Leiter des Expertenausschusses beim Branchenverband Swiss Blockchain Federation. In den USA sind die Börsenaufsicht SEC und die Krypto-Branche seit Jahren auf Konfrontationskurs. Ruch kann nicht nachvollziehen, weshalb die Praxis gerade jetzt verschärft werde. Man hätte das in einem geordneten Prozess im Hinblick auf das finale Finanzmarktrecht 2025 tun können, sagt er.

Die Finma sieht es anders. Sie sieht aufgrund ihrer Aufsichtsmitteilung keine grösseren Veränderungen: Die Anforderungen seien nicht neu. Die Behörde habe lediglich an die Pflicht zur Geldwäschereibekämpfung erinnert und die Bedingungen für die Ausfallgarantien durch Banken präzisiert, heisst es auf Anfrage.

Doch aus Sicht der Krypto-Branche ist die Mitteilung alles andere als harmlos. Wenn diese von der Finma komme, habe sie Regulierungscharakter, sagt Ruch, «man schafft Fakten». Er kritisiert insbesondere die Erwartung der Aufseher, dass Krypto-Anbieter alle Inhaber von Stablecoins als Kunden erfassen und ihre Transaktionen überwachen. Diese Forderung gehe viel weiter als in der EU, Singapur, Hongkong, Japan oder den USA.

Auch die Stablecoin-Anbieter selbst haben kein Verständnis. «Die hohen Compliance-Kosten bei der Identifizierung von neuen Kunden sind für Startups nicht mehr tragbar», sagt Ralf Zellweger, Mitgründer des Schweizer Stablecoin-Startup Centi. Die Kosten würden das Potenzial von Stablecoins zerstören.

Vorteil von Stablecoins geht verloren

Der Vorteil von Stablecoins ist gemäss Zellweger, dass der Nutzer sie als digitales Bargeld nutzen könne und dank der dezentralen Blockchain keine Intermediäre wie Banken für die Transaktionen brauche. Durch die von der Finma geforderte Identifikation der «Zwischenhändler» gehe das verloren. Wenn es eine (staatliche) Institution brauche, die alle Transaktionen kontrolliere, sei das der Tod des digitalen Bargelds.

Unbestritten ist, dass Stablecoins aus Compliance-Sicht problematisch sind. Sie sind prädestiniert, um anonym Gelder zu verschieben oder Spuren zu verwischen, auch im Darknet, sagt Detlev Basse, leitender Rechtsberater beim Wirtschaftsprüfer BDO. Doch man dürfe die von Stablecoins ausgehenden Gefahren auch nicht überzeichnen. «Das meiste Geld wird immer noch im klassischen Finanzsystem gewaschen, dort gibt es genug Möglichkeiten», sagt der Compliance-Experte.

Dass auch Stablecoin-Anbieter mehr gegen Geldwäscherei tun sollten, lässt Zellweger von Centi nicht gelten. Die Vorschriften diesbezüglich würden schon heute eingehalten. «Wenn jemand Stablecoins für über 1000 Franken in Fiat-Währung wandeln will, muss er sich identifizieren», sagt er. Die Errungenschaft der Schweiz sich, mit einer fortschrittlichen Krypto-Regulierung als innovativer Finanzplatz zu etablieren, würde mit den Auflagen geschliffen, glaubt er.

«Technologie muss sich an Regulierung anpassen»

Neben Centi gibt es nur wenige Stablecoin-Projekte auf Schweizerfranken, etwa den Swiss Stable Coin oder den Buchgeld-Token der Schweizerischen Bankiervereinigung. Ruch glaubt, dass sich jetzt kaum jemand mit einem neuen Projekt vorwagen werde. Die Verunsicherung in der Schweizer Krypto-Szene sei gross. Dem Vernehmen nach sollen drei Projekte, die vor der Lancierung standen, die Schweiz in Richtung EU verlassen haben, obwohl die Regulierung dort strenger ist.

Die Finma setzt ihren Kurs derweil unbeirrt fort. Sie beruft sich dabei auf den Grundsatz der Technologieneutralität. Demgemäss folgen die Aufseher dem Prinzip «Gleiches Geschäft, gleiches Risiko, gleiche Regulierung». Deshalb müssten auch bei Stablecoins die entsprechenden Geldwäschereibestimmungen gelten.

Die Krypto-Branche zeigt sich überrascht, doch die Verschärfung kam mit Ansage. Anfang Juli nahm der Finma-Chef Walter am Anlass «Point Zero Forum» die Stablecoin-Regulierung vorweg. Walter forderte, dass Stablecoin-Anbieter, die eine Bankgarantie haben, direkt von der Finma beaufsichtigt werden. Es gebe Schlupflöcher, die man füllen müsse.

Walter betonte auch, wie wichtig die sogenannte Travel Rule sei. Gemäss dieser müssen Finanzintermediäre Informationen über Herkunft und Empfänger einer Zahlung austauschen. Die Travel Rule sei entscheidend für den Kampf gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung und müsse auch für den Blockchain-Bereich gelten. «Technologie sollte sich an die Regulierung anpassen, nicht umgekehrt», sagte der Finma-Chef.

Kaum Dialog seit Amstad

Die Finma zeigte schon vor Walters Amtsantritt im April der Krypto-Branche die kalte Schulter. Gemäss Mathias Ruch hatte der Blockchain-Verband seit dem Ende der Pandemie keinen direkten Austausch mit der Finma mehr. «Wir haben uns um einen Dialog bemüht, aber es bestand seitens Behörde offenbar kein Bedarf.» Man habe das Thema Stablecoin für ein Treffen vorgeschlagen, doch dazu sei es nicht gekommen.

Das kontrastiere mit der Zeit vor dem Amtsantritt der Finma-Präsidentin Marlene Amstad im Jahr 2021. Unter dem früheren Behördenchef Mark Branson habe es einen regen Austausch gegeben. Heute beschränke man sich bei der Finma mit der Durchführung eines Round Table einmal im Jahr, wo alle Anliegen der Fintech-Branche abgeholt würden. Die Finma sagt hingegen, dass sie im regelmässigen Gespräch mit Projekt-Initiatoren, Verbänden und Selbstregulierungsorganisationen stehe.

Unter Amstad sei die Finma gegenüber Krypto abweisender geworden, sagt ein Branchenkenner. So habe die Finma 2023 versucht, das sogenannte Staking – eine Art Krypto-Dividende – nur durch Banken zuzulassen. Diese Auflage wurde später gelockert. Ein Krypto-Unternehmer sagt, dass das Vorgehen der Finma angesichts der geringen Grösse des Schweizer Stablecoin-Markts unverhältnismässig sei. Der Verdacht stehe im Raum, dass Amstad den «Musterknaben» spielen wolle, man versuche nach dem CS-Debakel zu überkompensieren.

Nicht das Ende der Franken-Stablecoins

Derzeit sind viele Stablecoin-Projekte auf dem Euro in den Startlöchern. Auch in der Schweiz gebe es einige Startups und Banken, die etwas machen wollten, sagt Gregor von Bergen, Krypto-Experte bei Capco. Die Finma-Auflagen wie die Ausfallgarantie durch eine Bank sieht er aber nicht als Todesstoss für Stablecoin-Projekte. Grössere Hürden seien die Identifizierung der Zwischenhändler, aber auch Auflagen wie die hohe Kapitalunterlegung von Krypto-Assets gemäss den Basel-III-Regeln.

Auch der Compliance-Spezialist Basse sieht in den Finma-Auflagen keinen Show-Stopper. Lancierung, Betrieb wie auch Transaktionen von Stablecoins seien unter dem neuen Regime weiterhin möglich. Auch zukunftsträchtige Krypto-Produkte wie Stablecoins müssten bei der Compliance in die Pflicht genommen werden. Es drücke zwar auf die Gewinnmargen, und man könne die Zusatzkosten nicht einfach auf die Kunden abwälzen. Doch die Innovation werde damit nicht abgewürgt.

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